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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Arens, Fritz [Bearb.]; Bauer, Konrad Friedrich [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0113
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32 Domkreuzgang Grabstein des Dichters Frauenlob

f 29. XI. 1318

Im Ostflügel des Kreuzgangs im zweiten Joch von Süden in die Wand eingemauert
(Joch 17). — Roter Sandstein. 194 x 101 cm. Schrift 6 cm. Gekrönter Kopf mit um-
laufender Inschrift, die an der Längsseite heraldisch rechts unten beginnt:

t anno öomint tncccpmi (müßte heißen: in ulgtlia beatt anbree apoftoii obntz doch
unentzifferbar, da wohl absichtlich undeutlich).
Linke Längsseite: Ijentfcus frotvcn unten: lob bem gott genabt

Die barocke Art der Minuskel zeigt allein schon, daß der Stein erneuert ist. (Es
scheint mir fraglich, ob der untergegangene Originalgrabstein wirklich Minuskelbuch-
staben gehabt hat, da in dieser Zeit mit Ausnahme der erzbischöflichen Grabmäler
(Nr. 33 und 37) unziale Majuskeln verwandt werden.) Tatsächlich erfahren wir dies aus
der Renovationsinschrift: Juxta antiquam formam restitutum anno MDCCLXXXIII,
die aber, wohl durch eine Überarbeitung im 19. Jahrhundert, verlorengegangen ist
(Braun Seite 30) L Diese wurde dadurch nötig, daß für die senkrecht stehende Platte
ein Stein mit ebenfalls senkrechter Schichtung genommen wurde, vielleicht eine um-
gearbeitete ältere Grabplatte, weswegen der Grabstein auch heute noch abblättert.
Von Schunk2 erfahren wir auch, daß die unwissenden Handwerksleute 1774 beim
Brechen eines neuen Eingangs zur Domschule den alten Stein zerschlugen. 1783 Heß
der kunstsinnige Domdechant, spätere Bischof von Würzburg, Georg Karl von Fechen-
bach, einen neuen Stein nach einer Zeichnung des Geschichtsprofessors Nikolaus Vogt
(Hutter S. 254) 3 in gleicher Größe anfertigen und etwa 22 Schritte von der alten
Stelle entfernt am heutigen Orte einmauern. Die Zeichnung war nicht sehr genau,
denn sie war (nach Braun S. 26) „nach dem Gedächtnis und den Bruchstücken mit
vielen Änderungen“ angefertigt. Die Trümmer des alten Steines wurden vielleicht

neben der Schultür eingemauert (Braun S. 31).
Rekonstruktion des ursprüngl. Frauenlobsteines
1. Die Inschrift lautete: Anno Dni MCCC XVIII 0
/ Henricus Frowenlop / in vigilia beati Andree /
apostoli, wie Bourdon (S. 197) und andere berich-
ten3. Schunk stellt das Tagesdatum hinter die
Jahreszahl, was wohl richtiger ist. Demnach ist die
Schlußformel: „dem gott genadt“ eine Zufügung
von 1783, die auch nicht zum lateinischen Text paßt.
2. Die Darstellung auf dem Stein bildete das Wap-
pen Frauenlobs, von dem wahrscheinlich nur die
Helmzier erhalten und 1783 kopiert wurde (vgl.
Grabstein 1322 Nr. 35). Neeb hat erstmalig
diese Rekonstruktion gegeben, das Wappen ist
in der Manessehandschrift dargestellt und zeigt
im Schild und als Helmzier einen gekrönten Frauen-
kopf. — Als Büste kann der Dichter auf dem Grab-
stein nicht abgebildet sein, das ist damals ganz
undenkbar. Den Kranz oder die Blumen um Kopf
und Hals, die Bourdon und Gudenus erwähnen,
sind auf dem neuen Stein nicht mehr gebracht wor-
den. Die beiden kleinen Vierecke zu Seiten des
Kopfes auf dem neuen Stein können nicht als ihre
Überreste betrachtet werden.
3. Lage: Der ursprüngliche Stein lag natürlich im
romanischen Kreuzgang im Fußboden über dem
Grab Frauenlobs. Dies beweist schon die Form der
neuen Grabplatte. (Übrigens gibt es im Dom an der
Wand aufgestellte Denkmäler erst seit dem des
Erzbischofs Konrad von Weinsberg, f 1396).



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