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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0041
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Einleitung

allgemeine Steuerpflicht auf, verpflichtete sie, wenn sie Besitz erwarben, das Bürgerrecht anzunehmen, und
gebot ihnen, ihre Konkubinen wegzuschicken. Mit diesen Maßnahmen stellte der Rat die Geistlichen den
Bürgern der Stadt gleich.18 Auch das Fronleichnamsfest, das wie allerorts als ein Volksfest gefeiert wurde,
ließ der Rat 1524 schlichter gestalten. Es wurde zwar noch mit einem Gottesdienst, aber ohne die übliche
prunkvolle Prozession begangen.19 In diesem Jahr übergaben die Franziskaner - nicht zuletzt als Reaktion
auf Brenz’ scharfe Predigt gegen die Heiligen20 - ihr Jakobskloster dem Rat, der es 1527 in eine Lateinschule
umwandelte.21
Johann Herolt, evangelischer Pfarrer im wenige Kilometer nordöstlich von Hall gelegenen Dorf Reins-
berg und einer der Chronisten der Haller Stadtgeschichte, resümiert für den Beginn der Reformation in der
Stadt: hat man im 1524. jar die papistischen ceremonien von tag zu tag fallen lassen; er schlussfolgert: die
kirchen zu Hall reformirt anno domini 1524.22. Umfassende Neuordnungen für sämtliche Bereiche des städ-
tischen Kirchenwesens wurden aber zunächst nicht in Angriff genommen.23 Der Haller Rat verhielt sich
noch zurückhaltend, erkundigte sich aber in Konstanz bezüglich der dortigen Maßnahmen zur Einführung
der Reformation. Der Konstanzer Rat übersandte ihm daraufhin den „Konstanzer Reformationsrat-
schlag“24 von 1524.

1. Frühmessordnung, Ostern 1526 (Text S. 37)
Die Frage nach Messe und Abendmahl wurde für Brenz in den folgenden Jahren immer dringlicher. Er las
zwar noch Messen, gestaltete diese jedoch nach seiner evangelischen Überzeugung neu.25 Die Ordnung der
Frühmesse, die Brenz 1526 verfasste, stellt das älteste bekannte Regelwerk für das evangelische Haller
Kirchenwesen dar. Die Ordnung basiert auf Luthers Formula Missae von 1523, die Brenz für Schwäbisch
Hall umformte.26
Die Frühmessordnung umschreibt den genauen Ablauf des Frühgottesdienstes. In seinem Zentrum
stand das Große allgemeine Kirchengebet, an das bei Bedarf eine Abendmahlsfeier angeschlossen werden
sollte.27 Die Texte des Fürbittgebets sind keine Neuschöpfungen; Brenz entwickelte sie aus spätmittelal-
terlichen Messkollekten.28 Die Kollektengebete weisen inhaltliche und sprachliche Übereinstimmungen mit
denjenigen auf, die Andreas Althamer in Ansbach seinem Katechismus29 von 1528 anhängte und die schließ-
lich in die brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung30 von 1533 Eingang fanden.

18 Ebd„ S. 48.
19 Ebd.
20 „Ein sermon von den heyligen“, abgedruckt bei Brenz,
Frühschriften 1, S. 5-15. Brenz hielt diese Predigt am
25. Juli 1523, dem Namenstag des Patrons der Haller
Jakobskirche und zugleich dem Termin des Haller Jako-
bimarktes; vgl. Brenz, Frühschriften 1, S. 4; Kan-
tzenbach , Theologie, S. 11 Anm. 36.
21 Herolt, Chronik, S. 43: Dis erzelt closter haben gordian
und convent anno domini 1521 einem erbarn raht libere
resignirt ... Nachvolgendt hat ein erbar rath die wochen
zwaymal darinnen predigen lassen unnd ein schul darin-
nen angericht, darinnen man die jungen griechisch, latei-
nisch und teutsch gelert, und hat den schulmaister mit sein
coadjutor ein erbar rath von des closters einkommen besol-
det, alsdan haben die knaben nichts fur die lehr geben. Vgl.
ebd., S. 199; Krüger, Klosterkirche, S. 236; Brecht/
Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 66; Kolb, Franzis-
kaner, S. 21f. Zur Einrichtung der Lateinschule siehe
Kantzenbach, Theologie, S. 19; Maisch, Prediger,

S. 59 Anm. 47; Weismann, Katechismen, S. 52 und
Anm. 47; Gutöhrlein, Aufhebung, S. 72.
22 Herolt, Chronik, S. 189 und S. 110.
23 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 66.
24 Der Abdruck erfolgt im Editionsteil zu Konstanz, siehe
unten, S. 347.
25 Kantzenbach, Theologie, S. 18-20.
26 Sehling, EKO I, S. 3-9; vgl. Brecht/Ehmer, Refor-
mationsgeschichte, S. 156.
27 Weismann, Katechismen, S. 65f.; ders., Gottesdienst-
ordnung, S. 8f.; Brecht, Anfänge, S. 326-329.
28 Brecht, Anfänge, S. 327; Weismann, Katechismen,
S. 65f.
29 Abdruck bei Cohrs, Katechismusversuche III, S. 3-39.
Vgl. Brecht, Anfänge, S. 327; Waldenmaier, Got-
tesdienstordnungen, S. 119ff.
30 Abdruck der Kollektengebete aus der brandenburg-nürn-
bergischen Kirchenordnung bei Osiander, Gesamtaus-
gabe 5, S. 148-155; Sehling, EKO XI, S. 188-195; vgl.
Waldenmaier, Gottesdienstordnungen, S. 119ff.

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