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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0046
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Schwäbisch Hall

ordnung von 1527 (Nr. 2) hatte Brenz einen Abschnitt zum Unterricht der Kinder in den Schulen eingefügt,
aber erst in der Gottesdienstordnung (Nr. 3) ist ein besonderer Katechismusunterricht erwähnt, der inner-
halb des Frühgottesdienstes stattfinden sollte.69 Diese Institutionalisierung der evangelisehen Kinderun-
terweisung durch die von Brenz eingeführten Katechismusgottesdienste am Sonntag machte eine einpräg-
same Zusammenfassung der neuen Lehre erforderlich, der Brenz mit seinem ersten Katechismus für die
Jugend von Schwäbisch Hall Rechnung trug.70 Der Haller Katechismus von 1528 gehört neben den
Katechismen des Ansbacher Pfarrers Andreas Althamer,71 des Heilbronner Schulmeisters Kaspar Gret-
ter72 und des Ulmer Reformators Konrad Sam73 zu den ältesten gedruckten evangelischen Katechismen.74
Der Erstdruck des Haller Katechismus ist lediglich in dem einzig bekannten Exemplar in der Württem-
bergischen Landesbibliothek in Stuttgart greifbar.75 Der 24 Oktavblatt umfassende Text ist nicht datiert;
der Verfasser ist ebensowenig genannt wie Drucker und Druckort. Die Verfasserschaft kann Brenz mit
Sicherheit zugeschrieben werden, der den Text in der zweiten Hälfte des Jahres 1528 entwarf.76 Es konnte
ebenfalls nachgewiesen werden, dass die Ausgabe in der Augsburger Offizin des Philipp Ulhart d. Ä.
gedruckt wurde77.
Der Katechismus umfasst zwei Teile, den Catechismus minor für die Jugend und den Catechismus maior
für die Erwachsenen. Der Kinderkatechismus ist mit 9 Seiten deutlich kürzer als der Erwachsenenka-
techismus mit 34 Seiten. Gegenüber diesem enthält der Kinderkatechismus zusätzlich zu den Fragen zu
Glaubensbekenntnis, Vaterunser und den Zehn Geboten auch Fragen zu Taufe und Abendmahl.78
1529 wurde der Katechismus durch den Leiter der Ansbacher Lateinschule, Vinzenz Obsopoeus (Heid-
necker),79 ins Lateinische übersetzt und erschien als Anhang zur lateinischen Ausgabe von Luthers Großem
Katechismus am 1. Juli 152980 in der Offizin Johann Setzers in der elsässischen Reichsstadt Hagenau.81
Der Wirkungskreis des Katechismus von 1528 blieb bescheiden und im wesentlichen auf Schwäbisch
Hall und sein Landgebiet beschränkt.82 Durch die von Obsopoeus stammende lateinische Fassung erlebte
der Katechismus ein gewisses Nachleben, da die lateinische Fassung ins Deutsche rückübersetzt wurde.83
Vereinzelte Spuren für den Gebrauch des Katechismus von 1528 finden sich in Hessen84 und lassen sich
sogar bis nach Frankreich und Spanien verfolgen.85 Der Catechismus minor war in einer separaten lateini-
schen Übersetzung im niederdeutschen Sprachraum verbreitet.86 Darüber hinaus beeinflusste der Haller
Katechismus von 1528 andere Autoren. Er diente als Quelle für Kaspar Gretters Herrenberger Katechis-

69 Ebd., S. 67f.
70 Ebd., S. 73; Köhler, Bibliographia, S. 12 Nr. 30.
71 Abdruck bei Cohrs, Katechismusversuche III, S. 3-39.
72 Abdruck unten, S. 238 Nr. 3.
73 Abdruck bei Cohrs, Katechismusversuche III, S. 75-
128.
74 Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 64; Ehmer, Brenz als
Reformator, S. 252f.; Weismann, Brenz und seine
Katechismen, S. 124-126.
75 Siehe unten, S. 81 Anm. a.
76 Weismann, Katechismen, S. 75-80; Kantzenbach,
Theologie, S. 32 unter Verweis auf Wills, Catechisms,
S. 271-280 und Wotschke, Katechet, S. 26. Zur Dis-
kussion um Brenz’ Verfasserschaft siehe Weismann,
Katechismen, S. 157-163; Brecht, Theologie, S. 248-
255.
77 Weismann, Katechismen, S. 75 und 661; ders., Biblia,
S. 49. Zu Philipp Ulhart d. Ä. siehe Benzing, Buch-
drucker, S. 17.
78 Ausführlich zum Inhalt siehe Weismann, Katechismen,
S. 81-133. Vgl. Kantzenbach, Theologie, S. 32f.;
Hartmann, Brenz, S. 36-42; Cohrs, Katechismusver-

suche III, S. 130 Anm. 1. Zu den Vorlagen der kateche-
tischen und biblischen Texte siehe Weismann,
Katechismen, S. 134-156.
79 Vincentius Obsopoeus stammte aus Franken, war 1526
Lehrer in Nürnberg und seit August 1528 Rektor der
Schule in Ansbach; Cohrs, Katechismusversuche III,
S. 132 Anm. 2; Jegel, Heidecker, S. 27-84.
80 Cohrs, Katechismusversuche III, S. 132-134; Köh-
ler, Bibliographia, S. 13 Nr. 35.
81 Hagenau war altgläubig, aber der Rat gestand den
Druckern aus wirtschaftlichem Interesse größere Frei-
heiten zu, als sie die Drucker in anderen Städten genos-
sen, Köhler, Bibliographia, S. 13 Nr. 35; Weismann,
Katechismen, S. 75, 156f., 172-174. Zu Johann Setzer
siehe Benzing, Buchdrucker, S. 172; Cohrs, Katechis-
musversuche III, S. 134.
82 Weismann, Katechismen, S. 165.
83 Ebd., S. 176-180.
84 Sehling, EKO VIII, S. 76f.; vgl. Weismann, Kate-
chismen, S. 221-223.
85 Weismann, Katechismen, S. 229-232.
86 Ebd., S. 223f.

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