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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0055
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Einleitung

Die Statuten der Kapitelsversammlung wurden zunächst in deutscher Sprache verfasst und anschlie-
ßend - vielleicht von Johann Rösler aus Rotha bei Meißen (1531-1607), der zwischen 1571 und 1588 Pre-
diger in Schwäbisch Hall war, -ins Lateinische übersetzt.163 Die deutsche Originalfassung scheint verloren
zu sein,164 lediglich die lateinische Übersetzung ist erhalten; sie dient hier als Textvorlage. In der hand-
schriftlichen Vorlage zur Neuauflage der Kirchenordnung von 1614 wurden die Statuten in deutscher Spra-
che inseriert. Im abschließenden Druck von 1615 finden sie sich hingegen nicht.165

14. Eheordnung 10. April 1559 (Text S. 201)
Im Frühjahr 1558 richtete das Landkapitel eine Bittschrift an den Haller Rat, in der neben der Abschaf-
fung des Messgewands und der einheitlichen Gestaltung der Feiertagsgottesdienste auch Maßnahmen gegen
die heimlichen Eheschließungen gefordert wurden. Eherechtsfragen waren in Schwäbisch Hall bereits in
Brenz’ Kirchenordnung von 1527 (Nr. 2), in der Sendordnung von 1531 (Nr. 7) sowie in der Kirchenord-
nung von 1543 (Nr. 10) thematisiert worden. Da der Haller Rat das bischöfliche Ehegericht im Zuge der
Reformation nicht mehr anerkannte, herrschten auf diesem Gebiet Rechtsunsicherheit und neuer Rege-
lungsbedarf.166 Ein Ehegericht wurde in Hall vermutlich schon 1526/27 eingerichtet,167 auch eine Eheord-
nung erstellte man wahrscheinlich bereits in dieser Zeit, denn die Einleitung der Ordnung von 1559 nimmt
Bezug auf eine frühere ordnung inn Eesachen, die der Rat vor langer Zeyt unnd verschiner weil... Jurgenom-
men, verkhundt unnd außgehn lassen habe. In dieser habe er beschlossen, dass die unmündigen Kinder nur
unter Zustimmung der Eltern heiraten dürften. Diese vormalige Eheordnung wolle man nun bekräftigen
und wiederauflegen. Der Text der Eheordnung von 1559 behandelt jedoch nicht nur Fragen der Eheschlie-
ßung Unmündiger, sondern auch das Verbot von Winkelehen, Verwandtschaftsehen und Desertionen sowie
die Pflicht zum Aufgebot.
Johannes Brenz war seit 1525 immer wieder mit Fragen des Eherechts beschäftigt. Die starken inhalt-
lichen und formalen Übereinstimmungen der Haller Eheordnung von 1559 mit der württembergischen
Eheordnung von 1553168 legen den Schluss nahe, dass Brenz-der in Diensten Herzog Christophs bei der
Wiedereinführung der Reformation in Württemberg nach dem Interim tätig war - zumindest als der geis-
tige Vater, wenn nicht sogar als Verfasser der Haller Eheordnung angesehen werden kann.
Neben der Reinschrift, die hier als Textvorlage dient,169 ist noch eine mit Korrekturen versehene
Abschrift aus dem 18. Jahrhundert überliefert.170 Diese bearbeitete Fassung war für einen Abdruck
bestimmt, der am 8. Oktober 1714 unter dem Titel „Revidierte Eheordnung de anno 1559“ erschien,171
wobei die in der Vorlage angebrachten Korrekturen und Streichungen jedoch nicht in den Druck aufgenom-
men wurden. Die korrigierte Fassung nimmt immer wieder Bezug auf den „Auszug“ aus der Eheordnung
(Nr. 15) und benennt Textstellen, die dort gegenüber der Fassung von 1559 revidiert wurden oder fehlen.
Am Schluss verweist die Eheordnung darauf, dass dieser Auszug 1710 beim Haller Drucker Hans Mayer
erschienen sei.

163 Gmelin, Reformations-Jahrhundert, S. 56.
161 Freundlicher Hinweis von Dr. Andreas Maisch, Schwä-
bisch Hall.
160 Siehe unten, S. 190.
166 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 157;
Schaich-Klose, Rechtsordnung, S. 104-107.
167 Maisch, Ordnung, S. 72; Brecht/Ehmer, Reforma-
tionsgeschichte, S. 157.

168 Abdruck der württembergischen Eheordnung von 1553
bei Sehling, EKO XVI, S. 277-283. Vgl. auch
Schaich-Klose, Rechtsordnung, S. 104-107.
169 Siehe unten, S. 201 Anm. a.
170 StadtA Schwäbisch Hall 5/342.
171 Ebenfalls StadtA Schwäbisch Hall 5/342.

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