Schwäbisch Hall
15. Auszug aus der Eheordnung 16. Januar 1570 / 10. Mai 1599 (Text S. 205)
Einige Jahre nach Entstehung der Eheordnung von 1559 (Nr. 14) sah sich der Haller Rat veranlasst, eine
gekürzte Fassung derselben zu veröffentlichen. Dieser Auszug aus der Eheordnung, der 1570 erschien, lehnt
sich zwar inhaltlich wie sprachlich eng an die Ordnung von 1559 an, stellt aber dennoch einen eigenstän-
digen Text dar. Die Eheordnung von 1570 trifft Bestimmungen zu vier Bereichen des Eherechts: Zustim-
mung der Eltern bei der Eheschließung Unmündiger, Verbot von Winkelehen, Verbot der Eheschließung bis
zum dritten Verwandtschaftsgrad sowie Wiederverheiratung Geschiedener. Gemäß dem Vermerk am
Schluss wurde die Eheordnung am 1. Dezember 1583 in St. Michael und St. Katharina in beiden Morgen-
und Abendpredigten öffentlich verlesen. Ob sie mit dieser Verlesung, 13 Jahre nach ihrer Entstehung, erst in
Kraft trat, oder ob sie wiederholt verlesen wurde, muss offen bleiben.
Während es sich bei dem Text von 1570 um eine Handschrift handelt, stellt die Neuauflage vom 10. Mai
1599 einen bei Georg Gruppenbach172 in Tübingen erschienenen Druck dar, der nur wenige Abweichungen
gegenüber der älteren Vorlage aufweist. Der Text des Druckes von 1599 wurde vollständig in die 1615
wieder aufgelegte Kirchenordnung von 1543 (Nr. 10) aufgenommen.173
16. Anleitung zum Beichtunterricht 1574 (Text S. 209)
Die Anleitung zum Beichtunterricht wurde 1574 bei Georg Gruppenbach174 in Tübingen gedruckt. Der für
die Jugend zu Schwäbischen Hall bestimmte Text weist vier Abschnitte auf: Vorrede, Beichtgebet, Bericht
mit Erläuterungen zur Beichte sowie abschließendes Dankgebet. Die Vorrede definiert den Beichtunterricht
als Ergänzung des Katechismusunterrichts. Pfarrer, Schulmeister und Hausväter sollten die Anleitung mit
ihren Kindern durchgehen, damit die evangelische Lehre allerorts einheitlich praktiziert würde.
Der Verfasser der Beichtagende ist nicht namentlich genannt. Das Kürzel „I. R.“ am Ende des Textes
könnte jedoch auf Magister Johannes Rösler aus Rotha bei Meißen (1531-1607) deuten, der zwischen 1571
und 1588 Prediger in Schwäbisch Hall war und möglicherweise Verfasser der Anleitung gewesen ist.175 Der
Hinweis, dass sich nicht nur die Pfarrer, sondern auch die Schulmeister und Hausväter um die geistliche
Unterweisung der Jugend kümmern sollten, knüpft an Brenz’ Vorstellung vom Zusammenwirken von Kir-
che, Schule und Elternhaus bei der christlichen Erziehung der Jugend an176 und weist Brenz damit als
geistigen Vater der Beichtanleitung aus.
17. Ordnung gegen Trunksucht, Fluchen, Schwören, Ehebruch, Hurerei 17. Dezember 1599 (Text S. 213)
Die Sittenordnung von 1599 knüpft inhaltlich an die Haller Sitten- und Kirchenzuchtmandate aus der
ersten Hälfte des Jahres 1527 (Nr. 4) sowie an die Sendordnung von 1531 (Nr. 7) an. Der Rat ging mit
dieser Ordnung gegen die vermeintlichen Hauptlaster in der Bevölkerung vor. Übertretungen der Verbote
wurden mit empfindlichen Strafen an Leib und Gut geahndet. Am Schluss des Textes ist vermerkt, in
welcher Pfarrkirche und in welchen Gottesdiensten die Ordnung verkündet worden ist. Die Sittenordnung
von 1599 zeigt, dass in Schwäbisch Hall gewisse gesellschaftliche Probleme auch am Ende des 16. Jahrhun-
derts noch virulent waren.
172 Zu Georg Gruppenbach siehe Benzing, Buchdrucker,
S. 465.
173 Siehe unten, S. 186f.: „Wir, Stättmeister ... zuverbessern
und zu erläutern“.
174 Siehe vorige Anm.
175 Vgl. Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 16f. und II/2,
Nr. 2118; Haug, Pfarrerschaft, S. 364.
176 Siehe oben, S. 25 und 27.
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15. Auszug aus der Eheordnung 16. Januar 1570 / 10. Mai 1599 (Text S. 205)
Einige Jahre nach Entstehung der Eheordnung von 1559 (Nr. 14) sah sich der Haller Rat veranlasst, eine
gekürzte Fassung derselben zu veröffentlichen. Dieser Auszug aus der Eheordnung, der 1570 erschien, lehnt
sich zwar inhaltlich wie sprachlich eng an die Ordnung von 1559 an, stellt aber dennoch einen eigenstän-
digen Text dar. Die Eheordnung von 1570 trifft Bestimmungen zu vier Bereichen des Eherechts: Zustim-
mung der Eltern bei der Eheschließung Unmündiger, Verbot von Winkelehen, Verbot der Eheschließung bis
zum dritten Verwandtschaftsgrad sowie Wiederverheiratung Geschiedener. Gemäß dem Vermerk am
Schluss wurde die Eheordnung am 1. Dezember 1583 in St. Michael und St. Katharina in beiden Morgen-
und Abendpredigten öffentlich verlesen. Ob sie mit dieser Verlesung, 13 Jahre nach ihrer Entstehung, erst in
Kraft trat, oder ob sie wiederholt verlesen wurde, muss offen bleiben.
Während es sich bei dem Text von 1570 um eine Handschrift handelt, stellt die Neuauflage vom 10. Mai
1599 einen bei Georg Gruppenbach172 in Tübingen erschienenen Druck dar, der nur wenige Abweichungen
gegenüber der älteren Vorlage aufweist. Der Text des Druckes von 1599 wurde vollständig in die 1615
wieder aufgelegte Kirchenordnung von 1543 (Nr. 10) aufgenommen.173
16. Anleitung zum Beichtunterricht 1574 (Text S. 209)
Die Anleitung zum Beichtunterricht wurde 1574 bei Georg Gruppenbach174 in Tübingen gedruckt. Der für
die Jugend zu Schwäbischen Hall bestimmte Text weist vier Abschnitte auf: Vorrede, Beichtgebet, Bericht
mit Erläuterungen zur Beichte sowie abschließendes Dankgebet. Die Vorrede definiert den Beichtunterricht
als Ergänzung des Katechismusunterrichts. Pfarrer, Schulmeister und Hausväter sollten die Anleitung mit
ihren Kindern durchgehen, damit die evangelische Lehre allerorts einheitlich praktiziert würde.
Der Verfasser der Beichtagende ist nicht namentlich genannt. Das Kürzel „I. R.“ am Ende des Textes
könnte jedoch auf Magister Johannes Rösler aus Rotha bei Meißen (1531-1607) deuten, der zwischen 1571
und 1588 Prediger in Schwäbisch Hall war und möglicherweise Verfasser der Anleitung gewesen ist.175 Der
Hinweis, dass sich nicht nur die Pfarrer, sondern auch die Schulmeister und Hausväter um die geistliche
Unterweisung der Jugend kümmern sollten, knüpft an Brenz’ Vorstellung vom Zusammenwirken von Kir-
che, Schule und Elternhaus bei der christlichen Erziehung der Jugend an176 und weist Brenz damit als
geistigen Vater der Beichtanleitung aus.
17. Ordnung gegen Trunksucht, Fluchen, Schwören, Ehebruch, Hurerei 17. Dezember 1599 (Text S. 213)
Die Sittenordnung von 1599 knüpft inhaltlich an die Haller Sitten- und Kirchenzuchtmandate aus der
ersten Hälfte des Jahres 1527 (Nr. 4) sowie an die Sendordnung von 1531 (Nr. 7) an. Der Rat ging mit
dieser Ordnung gegen die vermeintlichen Hauptlaster in der Bevölkerung vor. Übertretungen der Verbote
wurden mit empfindlichen Strafen an Leib und Gut geahndet. Am Schluss des Textes ist vermerkt, in
welcher Pfarrkirche und in welchen Gottesdiensten die Ordnung verkündet worden ist. Die Sittenordnung
von 1599 zeigt, dass in Schwäbisch Hall gewisse gesellschaftliche Probleme auch am Ende des 16. Jahrhun-
derts noch virulent waren.
172 Zu Georg Gruppenbach siehe Benzing, Buchdrucker,
S. 465.
173 Siehe unten, S. 186f.: „Wir, Stättmeister ... zuverbessern
und zu erläutern“.
174 Siehe vorige Anm.
175 Vgl. Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 16f. und II/2,
Nr. 2118; Haug, Pfarrerschaft, S. 364.
176 Siehe oben, S. 25 und 27.
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