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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0093
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4a. Ordnung gegen Gotteslästerung, Trunksucht und Kuppelei [1527]

hafft wesen zerstoret wurdt, so gebeut ein Erbar
Rath widermals auff das ernstligst, das hinfuro kain
jungs, so noch unter dem gewalt seiner eltern oder
vormunder ist, sich zu dem andern eelich verhaira-
ten solle on wissen, willen und zulassen irer eltern
oder vormundern. So aber solchs geschehen were,
sollen sie nit selbs von ainander getrennet werden,
sonder vor einem erbarn Rath erscheinen, von dem-
selbigen eines beschaids auch nach der ainen oder
baider partheien mißhandlung geburlicher straff
wertig sein, zu dem, so lest auch ein Erbar Rath
aller und jeder iren unterthanen bey hoher eines
Raths straffe nach eines jeden verschulden verbiet-
ten, das nyemand, es sey weib oder man, alhie in der
Stat oder irem gebiet, die jungen on wissen und wil-
len irer eltern, vormundt oder freundtschafft zusa-
men eelich oder uneelich bethaiding4 , verkuppel,
einziehe oder ainicherley weiß bered, sonder such
vor in Eesachen den willen und gunst der eltern,
vormunder oder freundtschafft, es were dan sach,
das ein Erbare person eines gesellen oder junckfra-
wen willen erforschet und alß dan mit den eltern,
vormundern oder freundtschafft sich zuhandeln un-
terbeund5, mocht es wol gestatt werden.
So und dieweil aber nit ein schlechte, geringe
sach ist, in einer Stat oder unter einer Commun vil
gutter ordnung und satzungen und gebreuch zeha-
ben und auffzerichten, wo nit fursehung, das solchs
volnzogen und gehandthabt werden beschicht, da-
rumb und damit solche ubel sachen also abgestelt
werden, hat ein erbar Rath verordnet, das ein jeder
haubtman des Raths alle monat in seiner haubt-
manschafft zwen man darzu verordnen, die darauff
ir auffmercken haben, unnd welche sie also straffel-
lich finden, dem haubtman des Raths anzeigen, der
sol es furter einem erbarn Rath furbringen und von
denselben uberfarern die straff, wie obstet, genom-

men und kainem nachgelassen werden. |173v | Und
die, so also von haubtleutten verordnet, sollen bei
iren aiden, so sie einem rath geschworn haben, ge-
horsam sein und nyemands darinnen verschonen
noch ubertragen. Es sol auch nyemandt wider die
verordneten, so also ir auffmercken haben, noch an-
dere hiewider einicherley bose wort noch werck trei-
ben, dan solchs das lobe und die eer gottes, auch der
seelen seligkait berurt. Welche aber hiewider mur-
melten, redten oder thetten, die will ein rath da-
rumb hefftigklich nach jedes verschulden straffen.
Doch sol kainer, dero also darzu verordnet
wurdt, schuldig sein, eigen weib, kinder oder Eehal-
ten anzuzaigen, sonnder dieselben, so sie also
schwueren oder fluchten, vorhin vetterlich und treu-
lich warnen und straffen. Was aber ein jeder, der
darzu verordnet wurdt, sunst gotzlesterung oder
fluch hort oder sehe, vor der predig oder den gotli-
chen embtern Spilen, essen, pranten6 oder sunst
wein trincken, lange abentzechen treiben, kuppeln
oder zusamen stossen, alles in massen, obbegriffen
stet, die alle solle er so vil ime muglich mercken,
behalten und seinem ambtman alsbald anzeigen.
Die selbigen haubtleut sollen dan solchs bei iren ai-
den fürter einem rath anbringen. Es mocht auch je-
mandt mit lesterung gottes, seiner werden mutter
Marie und der lieben hailigen oder sunst in ander
wege wider ainen oder mer obgeschriben artickel
und ordnung so strefflich und verachtlich handeln,
ein erbar rath wurdt den- oder dieselben darumb
noch hoher an leib, leben, eren oder gut straffen
nach seiner ordenlichen erkantnus, darnach sich me-
nigklich zurichten und vor schaden und nachtayl zu
verhuetten wisse.
Doch in allem behelt im ein Erbar Rath in alle
wege sein Obrigkait, dise gepot zu meren, myndern
oder endern, nach gelegenhait der Zeit bevor.

4 Überredet, vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1701. 6 Gebrannten.
5 Unterbinde, verhindere.

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