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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0204
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Schwäbisch Hall

also daß man erkennen und bezeugen könne, Er sey beydes,
der Lehr und Lebens halben, zum Predigtampt tüchtig und
durch Gottes Genad würdig. Die Jenigen, welche frembd
seind, sollen ihrer Ehelichen Geburt und Verhaltens an an-
dern Orthen Zeugnussen mit sich bringen und dieselben auff-
zulegen schuldig sein [marginal: 1. Tim. 3, V. 7]. In der er-
sten angehendten Kirchen nach der Apostel Zeit ist der Ge-
brauch gewest, daß man keinen hat in das H. Predigtampt
auff- unnd angenommen, es sey dann sein Name drey gant-
zer Tag zuvor offentlich an der Kirchthür angeschlagen wor-
den, damit es jedermeniglich lesen und hiezwischen beede,
seiner Lehr und Lebens halben, guote und fleißige Nachfor-
schung haben köndte [In Entwurf 1614 statt „In der er-
sten ... köndte“: In primitiva Ecclesia ist der gebrauch ge-
west, ut nullus concionator ad munus concionandi recipere-
tur, nisi nomen ipsius toto triduo templi foribus affixum lec-
tum esset, ut de doctrina et vita ipsius inquiri posset]. Hie-
hero gehört auch die Probpredigt, die ein Newer, angehend-
ter Kirchendiener thuon soll, darauß seine Gaben zuerkennen,
was er für Gaben hab, das jenig, was er gelernet, andern
fürzutragen und mitzutheylen.
Zum dritten soll keiner zum Predigtampt zugelassen wer-
den, Er sey dann zuvor nach Altem Apostolischem gebrauch
[marginal: 1. Tim. 5, V. 22] mit aufflegung der Händ und an-
rüffung Gottes vor der gantzen Gemeyn ordiniert und einge-
weyhet worden. Angesehen, daß solche publica ordinatio, die
Kirchen Gottes jederzeit versichert, daß sie ein solche Per-
son, so in diß Ampt ordentlich kommen, erlangt haben. Wie
aber die ordination der Newen, angehendten Kirchendiener
gehalten werden soll, wirdt hernacher angezeiget werden.
Zum vierdten sollen die ordinierten Personen ernstlich er-
mahnet werden, daß sie sich beydes, in der Lehr unnd im
Leben, unverweißlich verhalten wöllen etc. Dessen zu mehrer
caution sollen sie dem Concordi Buoch [Konkordienbuch
1580, BSLK S. 735-1100] und diser Kirchen Ordnung sub-
scribieren und underschreiben [,,und underschreiben“ fehlt
Entwurf 1614].
Formula ordinandi Ministros Ecclesiae
1. Erstlich wirdt nach vollendeter Predigt und gemeynem
Gebett auff der Cantzel gesungen: Veni sancte spiritus,
Teutsch [Luther, Komm, Heiliger Geist, Herre Gott,
AWA 4, Nr. 15]. 2. Darnach gehet der Ordinans mit dem Or-
dinando für den Altar und stellet daselbst denselben der Ge-
meyn offentlich für, zeiget auch derselben an in einer kurtzen
Vorrede, daß der Ordinandus ordentlich beruoffen, wol ex-
aminiert, tüchtig erfunden worden und demnach nun mehr
ins H. Predigtampt eingesetzet werden soll, Deßwegen sie
mit Ihm Gott also sollen anruoffen.
Collecta pro Ordinando
O Barmhertziger Gott, Himmlischer Vatter, du hast durch
den Mund deines lieben Sohns, unsers HERRN Jesu Christi,
zu Uns gesagt: Die Erndt ist groß, aber wenig seind der Ar-
beyter. Darumb bittet den Herrn der Erndt, daß er Arbeyter
in seine Erndte sende [marginal: Matth. 9, V. 37]. Auff sol-
chen deinen Göttlichen Befelch bitten wir dich von Hertzen,
du wöllest disem deinem Diener N. (oder, so mehr als Einer
ist: Disen deinen Dienern N. und N.) deinen H. Geist mit
allerley nothwendigen Gaben zu volziehung seines (Ihres)
Ampts reichlich und gnädiglich geben und mittheylen, auff

daß Er (Sie) in der Lehr und im Leben unsträfflich sey (sey-
en), dir zu Lob, Preyß und Ehren, Ihm selbs (Ihnen selbst)
zum besten und allen Seinen (Ihren) Zuhörern zur besserung
umb deines lieben Sohns, unsers Herren Jesu Christi willen,
der mit dir und dem H. Geist lebet unnd regieret von Ewig-
keit zu Ewigkeit, Amen.
3. Auff dise Collectam liset, fürs Dritte, der Ordinans deren
Sprüch einen für, so hernacher gesetzet seind, von der Kir-
chendiener Ampt und schuldiger Pflicht [siehe unten, S. 187
„Volgen die Sprüch ...“] und thuot darauß ein Christliche Ver-
mahnung an den Ordinandum, darinn er Ihn seines Ampts
erinnert, wie er sich in seinem Ampt unsträfflich verhalten
soll.
4. Auff dise Vermahnung fragt, fürs Vierdte, der Ordinans
den Ordinandum, ob er solchem allem trewlich nachkommen
woelle.
5. Wann nun hierauff der Ordinandus mit lauter Ja antwor-
tet, so legt nach diser Bejahung, fürs Fünffte, der Ordinans
dem Ordinando die rechte Hand auff sein Haupt und spricht
also:
N., Auff solche ewere Zusag nemme Ich euch auff in den
Orden deß H. Predigtampts unsers Herren Jesu Christi und
bestättige Euch in ewerem ordentlichem Beruff zu N. mit
ernstlichem Befelch, daß Ihr ewer Gemeyn daselbst Ehrlich
und ohn alle ärgernuß mit höchstem Fleiß und Trewen vor-
stehen wöllet, wie Ihr dann vor dem Gerichtstul unsers Her-
ren Jesu Christi an jenem Tag Red unnd Antwort geben
müsset dem rechten Richter der Lebendigen und der Todten:
Im Namen Gottes, deß Vatters, deß Sohns und H. Geistes,
Amen.
6. Hierauff volget, fürs Sechst, ein Collect sammt dem Vat-
ter unser.
Collecta pro Ordinato
O Barmhertziger Gott, Himmlischer Vatter, wir dancken dir
von Hertzen, daß du dich deiner armen Kirchen so trewlich
annimbst, in dem du Ihr so gnädiglich gibst trewe Arbeyter
in deine Erndte, das ist, rechtschaffene Lehrer und Diener
deines Worts, Und bitten dich hertzlich, du wöllest disem
deinem Diener N. (disen deinen Dienern N. und N.) in Sei-
nem (Ihrem) Ampt Hülff und Beystand erzeigen und Ihm
(Ihnen) deinen H. Geist reichlich geben, daß Er (Sie) das
H. Evangelium ohne forcht und schew Predigen und Seinen
(Ihren) Mund mit Frewdigkeit auffthun möge (mögen),
kundt zumachen das Geheimnuß der Warheit, daß Er (Sie)
auch die Hochwürdige Sacramenta nach deinem Göttlichen
Befelch und Willen außtheylen, sich zu aller und jeder Zeit in
der Gottseligkeit üben und wider den Sathan, Welt und
Fleisch in Seinem (Ihrem) Beruff trew und vest sein unnd
bleiben möge (mögen), damit dein Nam geheyliget, dein
Reich befördert und dein Will vollbracht werde, Durch dei-
nen lieben Sohn, unsern HERRN Jesum Christum, Amen.
7. Auff dise Collectam spricht der Ordinans zur endtlichen
abfertigung deß Ordinierten also:
So gehet nun hin ünd waydet die Heerde Christi, so Euch
befohlen ist [marginal: 1. Pet. 5, V. 2], und sehet wol zu, nit
gezwungen, sondern williglich, nit umb schändtliches Gewins
willen, sondern von Hertzen grund, nit als die uber das Volck
herrschen, sondern werdet ein Fürbildt der Heerd, So werdet
Ihr, wann der Ertzhirt erscheinen wirdt, die unverwelckliche
Kron der Ehren empfahen. Der HERR segne Euch, daß Ihr
viel Frucht bringet, Amen.

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