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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0223
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14. Eheordnung 1559

bekhanndt oder sonnst bewisen, unnd aber solche
anzogene Ehe auß einicher ursachen nit zugelassen
würde, so wöllen wir dieselbigen personen, Mann
unnd weib, mit gefencknus unableßlich straffen las-
senθ.
Ferrer, nachdem es sich auch ein zeitlang je len-
ger, je mher zugetragen, das ettlich unverschembte
personen, ungeacht das sie mit sipschafft oder
schwagerschafft einander dermassen verwanndtι,
das sie Göttlicher, auch natürlicher Zucht unnd Er-
barkeyt oder sonnst rechtmessiger satzungen halben
kein rechte, ordennliche unnd göttliche Ehe mitein-
ander besitzen mögen, sich ehelich |180| zusamen
zuverpflichten unnderstannden, welches dann vor
Gott grewlich unnd abschewlich, auch daraus viel
Ergernus unnd sonst allerhandt unrhat ervolgt, So
ist deßhalben unnser ernnstlicher will, Meynung
unnd bevelch, welchen personen das göttlich, natür-
lich gesatz, auch keyserliche geschribne Recht von
wegen der sipsehafft oder schwagerschafft die Ehe
verpieten, das dieselben keins wegs bey vermeidung
ernnstlicher straff sich zusamen zuverpflichten unn-
dersteen sollen.
Unnd benantlich, so wöllen wir inn unnser
Oberkheyt unnd den unnsern, auch allen den jeni-
gen, so unns unnd den unnsern zuversprechen steen,
inn kheynen weg gestatten, inn uff- unnd absteigen-
der Linien, wie gegeneinander für vatter unnd kynn-
der gehaltten, sich zusamen zuverheyrattenκ Es sol-
len |181| auch zusamen zuverheyratten verpotten
sein geschwistert, geschwistert kynnder, geschwis-
tert kindtskynnder, vatters unnd mutters bruder
unnd schwester, noch auch eines altvatters ge-
schwistert. Dergleichen auch inn der schwager-
schafft soll sich khein Stieffvatter oder Stieffmutter
zu iren Stieffkynndern noch dieselbigen hinwide-

θ Eheverlobung unnd schwengerung darauff.
ι Ordnung, wie es mit der verheiratung Sip- oder Schwa-
gerschafft halben gehalten werden soll.
κ Unnder welchen gradibus der blutfreundt- unnd nacher
Sipschafft die ehe alhie verpotten.
Gradus der Schwagerschafft unnd welcher massen die
eheverlobung darinnen verpotten.
μ Khein Vormundt ime selbst oder seinen kindern, seine

rumb zu den Stieffvättern unnd -müetern verhey-
ratenλ, dergleichen khein Dochterman oder Sonns-
fraw zu seynem Schweher4 oder Schwiger5 noch zu
eynniches Schwehers oder Schwigers Elttern oder
kynndern unnd also zu seines abgestorbnen weybs
oder Manns geschwistert oder derselbigen kynnder
unnd kyndtskinder unnd also innerhalb des dritten
grads der blutsfreundtschafft unnd schwagerschafft,
noch auch zue eynniches seines geweßnen Manns
oder Weibs abgestorbnen geschwistert wittweher
oder wittfrawen, das ist, zue seynes weibs bruder
oder schwester Mann oder frawen, sonnder, welche
unnder diesen personen sich also für sich selbs mit
der thatt zusamen verheyraten soltten, |182| so sol-
len unnsere eherichter die selbigen vermeinten Ehe
nit allein vernichtigen, sonnder wöllen wir auch die-
selbigen uberfharende personen am leben, leib oder
mit verweissung des Lanndts nach gelegenheyt der
Sipschafft unableßlich straffen unnd solches viel
desto hertter, wann der beyschlaff drauff auch
schon ervolgt where.
Es soll auch kheynem zugelassen sein, sein pfleg-
oder formündt kyndt ime selbt oder seinen kynn-
dern, so lang die verpflegung oder Formundtschafft
wärt, zuverheyratten ohne unnser oder unnser Ehe-
richter vorwissen, damit nach gelegenheit der umb-
stendt ermessen werden mög, ob solcher heyrat dem
mundt- oder pflegkyndt auch nützlich sey unnd
khein gefhar oder betrug darin begangen, sonnder
alles das jenig |183| hierinn gehaltten werdt, was die
keyserliche geschribene Recht inn solchem fall ver-
mögen unnd außweissenμ.
Ferrer, nachdem sich auch ettlich mal zugetragen,
das ein Ehegemecht vonn dem anndern ohne ursach
inn krieg oder annderswo hinlaufft unnd uber die
gepürendt Zeyt außbleibt, unnd dann das bleibendt

Pflegkinder, so lang die vormundtschafft wert, zuverhei-
raten.
4 Schwäher = Schwiegervater, vgl. Grimm, DWb 15,
Sp.2180.
5 Schwieger = Schwiegermutter, vgl. Grimm, DWb 15,
Sp.2612.

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