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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0360
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Konstanz

Zu den frühen Reformationsmandaten der Stadt Konstanz zählt auch ein gedrucktes Ausschreiben
gegen Gotteslästern, Fluchen und Zutrinken. Mit diesem Mandat knüpfte der Rat an die lange Tradition
seiner Sittengesetzgebung im Mittelalter an. Der bewusste Wille zur Erneuerung von Kirche und Gesell-
schaft mit Hilfe der Sittenzucht war das Kennzeichen der Konstanzer Reformation.93 Der Druck des Textes
diente dem öffentlichen Aushang, es wurden sowohl die einzelnen sittenwidrigen Vergehen als auch die
jeweiligen Geldstrafen aufgezählt. Das Schriftstück ist nicht datiert. Da den Zünften die Ordnung am 27.
Mai 1526 eingeschärft wurde, wird das Ausschreiben kurz vorher entstanden sein.94
Der Text ist nicht nur in Konstanz,95 sondern auch in Ravensburg96 überliefert. Der dortige Rat inter-
essierte sich offenbar für die Konstanzer Sitten- und Kirchenzucht und ließ sich zudem einen Auszug aus
der Konstanzer Zuchtordnung von 1531 (Nr. 8) anfertigen.

Almosenordnungen
4. Almosenordnung 22. Juni 1527 (Text S. 372)
5. Almosenordnung 13. April 1532 (Text S. 378)
6. Almosenordnung 28./30. März 1545 (Text S. 381)
In den Kontext der Sittenzucht gehörten auch die Fürsorge für die Armen und insbesondere das Bemühen, sie
vom Müßiggang fern zu halten. Der Plan einer Almosen- und Bettelordnung lässt sich in Konstanz bis 1524
zurückverfolgen.97Im Reformationsratschlag (Nr. 1) war gefordert worden, Stiftungen, Klostergüter und
Messpfründen zur Fürsorge für die Armen und Kranken, zum Unterhalt der Geistlichen und Lehrer sowie der
Spitäler und anderer gemayner ämpter zu verwenden. Die Almosenordnung von 1527 kam dem Reformati-
onsratschlag von 1524 jedoch nicht in ganzer Breite nach, denn das Vermögen, aus dem der Rat die Geistli-
chen und Lehrer besoldete, blieb vom Vermögen der Raite, der Konstanzer Armenpflege, getrennt.98
Oberstes Anliegen der Almosenordnung war es, die Bettelei auf den Straßen zu unterbinden und die
Armen wieder in Lohn und Brot zu bringen. Mit der Almosenordnung wurde die Sozialfürsorge in Konstanz
unter die Aufsicht der weltlichen Obrigkeit gestellt und die private Unterstützung der Armen stark einge-
schränkt.99Bestimmendes Motiv der mit „Merung des almusens ordnung, darvon oben am 36. blatt
geschriben stat“ überschriebenen, vom 13. April 1532 datierenden Ergänzung (Nr. 5) zur 1527 erlassenen
Almosenordnung war die Unterstützung der Armen als Ausdruck christlicher Gesinnung. Jeglicher Müßig-
gang sollte verhindert, die Armen sollten verstärkt zur Arbeit herangezogen werden.100 Eine nochmalige
Erweiterung der Almosenordnung erfolgte im Frühjahr 1545 (Nr. 6). Die Novelle verschärfte die Regelun-
gen von 1527, indem die Armenunterstützung ausschließlich über die städtische Almosenverwaltung und
ihre vier Almosenpfleger abgewickelt werden sollte und jegliche private Initiative zur Versorgung der
Armen-etwa das Reichen von Mahlzeiten - strikt untersagt wurde.101

93 Dobras, Konstanz, S. 34f., 74; ders., Ratsregiment,
S. 15.
94 Moeller, Zwick, Nr. 15, S. 271; vgl. Dobras, Kon-
stanz, S. 74.
95 StadtA Konstanz K III 14.
96 Siehe unten, S. 370 Anm. a.
97 Rublack, Einführung, S. 119; Gröber, Reformation,
S. 251; Moeller, Zwick, S. 96; Köhler, Ehege-

richt II, S. 103; Buck/Fabian, Reformationsge-
schichte, S. 152.
98 Rublack, Einführung, S. 118.
99 Ebd., S. 118; Köhler, Ehegericht II, S. 103.
100 Vgl. Rublack, Einführung, S. 118f.
101 Ebd., S. 118; Dobras, Konstanz, S. 99f. Eine weitere
Almosenordnung für den Konstanzer Vorort Petershau-
sen wurde am 24. November 1543 erlassen, Abdruck bei
Feger, Statutensammlung, S. 238f.

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