Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0386
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Konstanz

2d. Ordnung der Taufena
[um 1529]1
Ordnung, die man halt in töufung der Kinder

Die gevättrige und andere, die das kind bringent,
gond stracks züm touf. Die fragt der pfarrer, wie das
kind haißen söll. Das würt im dann angezeugt. So
hermanet er das volck mit diser oder derglich wor-
ten:
Ir aller liebsten, gedenckent von hertzen, das wir
mitt disem kind arm, ellend sunder sind und durch
unser crafft nichtz vermögent. Besunder2 ist all un-
ser vermögen uß der gnad gots in der verhaißung
Christi, der uns versprochen hat, so wir gloubent,
was dann wir bittind, das werd uns widerfaren3.
Darumb laßend uns mit ernst und von hertzen bit-
ten, das er unser sund und hartsäligkait durch
Christum Jesum, unsern herren, hinnemmen und sin
gnad und hailigen gaist uns und disem kind geben
welle:
O allmächtiger, ewiger gott, der du uns gehaißen
hast, mit vestem vertruwen in din verhaißung ze-
bitten, damit wir alles, das wir bittend, geweret wer-
dint und vorab, was antrift din glori, ouch unser
selen hail und pruderliche trew und liebe. Darumb
und diewil ain kind nun ains tags nit ist on anhang
angeporner sunden, so ist unser demütigs bitt unnd
|33a | hertzlichs beger zu dir, o aller liebster und
barmhertzigister gott und vatter, du wellist ansehen
nit unsern verdienst4, sunder din grundlose güte und
barmhertzigkait und nach diner verhaißung dinen
gnadenrichen gaist disem kind verlyhen, damit es

a Textvorlage A (Handschrift, Reinschrift): StadtA Ulm
A [8983], p. 33-34; Textvorlage B (Handschrift, Kon-
zept): StadtA Konstanz Missivenbuch 1529, B II,
Bd. 32, fol. 193r-194v. Abdruck: Vögeli, Schrif-
ten II/I, S. 799f.

1 Zur Datierung vgl. auch das im Anhang der Zuchtord-
nung von 1531 erwähnte Mandat, siehe unten, S. 400.

nit under den kinden deß Zorns, sunder deß liechts
und gnaden by dir gehalten5, ouch ain glid der un-
befleckten Kirchen und gmaind Christi im glouben
und liebe werde6, durch Christum, unsern herren,
Amen.
Nun volgt hernach ain spruch uß dem Evange-
lio, das Marcus beschriben hat7, darinn Christus den
kinden trostlichen zuspricht, das das rich der himlen
iren syg, allso lutende: Sy brachtend kindli zue Jesu,
das er sy anrürte, und die Junger straftend jhene,
die sy brachtend. Do das Jesus sach, verdros es ine
und sagt zu inen: Laßt die kindli zu mir kummen
und werends inen nitt, dann söllicher ist das rich der
himlen. Warlich, ich sagen uch, welher das rich gots
nitt wie ain kindli annimpt, der würt mit nichten
darin gon werden. Und als er sy an arm nam, legt er
die hand uff sy und gesegnet inen, etc.
Gloubent nun disem Evangelio und bittend gott,
das dises kindli ouch deren ains syg, deren das rich
der himlen ist. |34|
Mitt dem nimpt der pfarrer das kind und
spricht: Diewil wir von gott gelert sind worden, je
aines für das ander ze bitten, so laßend uns von
gantzem hertzen gott, den allmechtigen, bitten, das
er diß kind mit den gnaden sins hailigen gaists er-
luchten well, damit es zu dem rechten verstand sins
göttlichen worts unnd warhait kumme. Und wie wir
im gebent das zaichen deß gloubens mit disem us-
serlichen touf deß wassers, allso welle gott ime in-

2 Sondern.
3 Vgl. Mt 21,22.
4 Vgl. Röm 3,24; 9,12; 11,6.
5 Vgl. Eph 2,3; 5,8; 1Thess 5,5.
6 Vgl. 1Kor 12,27.
7 Mk 10,13-16.

366
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften