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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0447
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Einleitung

sowie zu Heiratsverboten aufgrund naher Verwandtschaft. Daneben sind weitere Kapitel zu Vergewalti-
gung, Defloration und Kuppelei ergänzt.59

4. Ordnung des Ehegerichts [1600] (Text S. 451)
Im Anschluss an den Text der Ehegerichtsordnung von 1600 ist eine weitere Ordnung überliefert, die den
Ablauf und sämtliche Umstände der Verhandlungen im Ehegericht regelt. Sie umschreibt die Aufgaben der
Eherichter sowie die Praxis der Ehegerichtsprozesse. Die Ordnung des Ehegerichts ist nicht datiert, sie
stammt jedoch als Ergänzung zur Neuauflage der Ehegerichtsordnung (Nr. 3) vermutlich ebenfalls aus der
Zeit um 1600.
In welchem Jahr das Isnyer Ehegericht eingerichtet wurde, kann nicht genau festgestellt werden. Brecht
und Ehmer plädieren für 1535, da sich Bucer in diesem Jahr in Isny aufhielt und sich um Belange des
Ehegerichts kümmerte.60 Fest steht, dass es bereits bestand, als die Ehegerichtsordnung 1566 (Nr. 3) ver-
öffentlicht wurde.61 Das Isnyer Ehegericht wurde offensichtlich nach dem Vorbild von Lindau eingerichtet.
Die Größe des Richterkollegiums, die 1566 noch nicht genau umrissen ist, wird in der Ordnung des Ehe-
gerichts von 1600 auf neun Personen festgesetzt.62 Das Gremium umfasste einen Theologen, drei Ratsmit-
glieder, drei vom Gericht und zwei aus der Gemeinde. Das Ehegericht präsentierte sich damit als eine
städtische Institution.

5. Agende [um 1600] (Text S. 455)
Für das evangelische Kirchenwesen in Isny lässt sich im 16. Jahrhundert ein Schwerpunkt auf der Kirchen-
und Sittenzucht erkennen, der sich in der Zuchtherrenordnung von 1533 (Nr. 1) und in der Stadtordnung
von 1544 (Nr. 2) widerspiegelt. Dieser Schwerpunkt fußt auf der zunächst zwinglianischen Ausrichtung der
Isnyer Reformation. Es steht zu vermuten, dass keine gesonderte Isnyer Agende existierte, da - ebenso wie
in Konstanz, wo man vor dem Hintergrund der Orientierung in Richtung zwinglischer Reformation das
evangelische Kirchenwesen nahezu ausschließlich mit einer Zuchtordnung steuerte63 - auch in Isny ein grö-
ßeres Augenmerk auf die Kirchen- und Sittenzucht als auf eine Ordnung der Gottesdienstzeremonien gelegt
wurde.64 Weder in den überlieferten Dokumenten noch in der Agende, die um 1600 aufgezeichnet wurde,
finden sich Hinweise auf ältere Gottesdienstordnungen. Die Überlieferung von Kirchenordnungen anderer
Territorien und Städte in der Isnyer Prädikantenbibliothek legt stattdessen nahe, dass die Isnyer Geistli-
chen sich an diesen Texten unterschiedlicher theologischer Ausrichtungen orientierten. So finden sich in der
Isnyer Bibliothek die brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung von 1533, die kurpfälzische von 1556
und 1587 sowie die Straßburger von 1598.65 Erst mit der Isnyer Agende aus der Zeit um 1600 (Nr. 5) wurde
die seit langem in der Reichsstadt geübte Praxis des evangelischen Gottesdienstes fixiert.
Das Manuskript umfasst 79 beschriebene und zahlreiche unbeschriebene Seiten. Die Haupthand legte
die Ordnung in ihrer Grundgestalt an, indem sie unter Verzicht auf eine Vorrede die Texte zu Taufe,
Nottaufe, Absolution, Abendmahl, Eheeinsegnung, gemeinem Gebet und Litanei sowie der sechs Haupt-
stücke des Katechismus einschrieb. Zwischen diesen grundlegenden Texten finden sich auf den zunächst leer
gelassenen Seiten zahlreiche Nachträge verschiedener Schreiberhände aus jüngerer Zeit, etwa Gebete für

59 Vgl. Köhler, Ehegericht II, S. 211-214.
60 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 168.
61 Köhler, Ehegericht II, S. 211.
62 Kammerer, Reformation, S. 35.
63 Siehe oben, S. 341.
64 Warmbrunn, Reformatoren, S. 179.

65 Brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung von 1533
Theol. 197c; Kurpfälzische Kirchenordnung von 1556
Theol. 833; Kurpfälzische Kirchenordnung von 1587
Theol. 421; Straßburger Kirchenordnung von 1598
Theol. 856.

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