Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0469
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Ehegerichtsordnung 1566/1600

ohne redliche Ursache dergestalten verliesse, ihnen
auch in langer Zeith nichts entbietete oder seines
Wiederkommens getrostete noch handreichung be-
wiesen, denselbigen alsdan durch offentlich ange-
schlagene Mandata erfordern und beruffen laßen,
daß er sich in bestimter Zeit zu hauß mache oder
seines Abwesens | 20 | gründlich und rechtmässige ur-
sachen anzeige. Wo dan deren keines geschehe, wol-
len wir demselbigen die Stadt und Gericht verbie-
then und alsoj auf anruffen und klag der verlaßenen
fraun seinethalben gebührlichen Bescheid durch

j EheO 1600: alsdann.
k-k EheO 1600: unsere Eherichter.
l EheO 1600: diser.
m EheO 1600: oder.
n EheO 1600: Eherichter.
o-o EheO 1600: und darunter auff den fahl unsers Advocaten
oder anderer erfahrner Rechtsgelehrten rhatt gepflogen
werden solle.
Innsonderhait aber ist auch unser ernstlicher will, mai-
nung und bevelch, das unsere verordnete Eherichter dise
und alle andere fähl und Partheyen, welche für das Ehe-
gericht erwachsen und kommen und in ainigen weg
straffbar befunden, unß, dem Rhatt, unverzüglich mit
nothwendigem bericht und umbständen anzaigen lassen,
die gepüerende straff (die wir unß hiemit außtruckhen-
lich geaignet und vorbehalten haben wöllen) inn allweg
und umb aigentlicher und gewisser deßwegen haben für-
zuenemmen, damit es dann auch weiter volgender mas-
sen gehalten werden solle.
Von Nothzogen
Da ain Ehemann oder lödiger inn solche frechait und
muethwillen gerhaten solte, daß er ain Jungfraw oder
fraw, die seye inn der Ehe oder lödig, nothzogen, also das
er Gewaltt, seinen Muethwillen mit ihr zuetreiben, an sie
gelegt und das khundtlich würdt, der solle ohn alle gnadt
an seinem Leib oder Leben gestrafft werden.
Von Jungfrawen oder Mägdt verfällen
Welcher Ehemann ain Jungfraw ihres Magthumbs oder
Jungfrawschafft entsezt, der solle wegen seines began-
genen Ehebruchs umb fl 100 gebüesst und gestrafft wer-
den. Welcher aber dieselbigen nicht zubezahlen hete, der
solle 6 wochen inn Thurn gelegt und darinn die Zeith
über mit wasser, brott und habermueß gespeisst und ge-
tränckht und ihme darüber weiter nichts zuegelassen
werden.
Der Jungfrawen aber, die er zum fahl gebracht, solle er

kunsern Richterk ertheilen lassen. Gleicher gestalt
soll auch gegen den Weibern, so von ihren Man und
Kindern aus Muthwillen oder sonst ohne rechmäs-
sige ursachen lauffen und dieselbige verlaßen, ernst-
lich procedirt werden.
Wan dan andere fäll in Ehesachen, so in ihrerl
Ordnung nicht ausgedruckt undm begriffen, sich zu-
tragen und für unsere Richteren kommen würden,
dieselbigen wollen wir, daß sie nach ausweißung der
göttlichen und kaiserlichen Rechten ausgeführt und
erlediget owerden sollen.

nit weiter oder mehr dann ain bar schuech, für den Blu-
men [=Defloration, vgl. oben, S. 394 Anm. 61] zuegeben
und zuebezahlen, schuldig sein, es were dann, das sie von
ihme ain kindt empfangen und geboren hete, daß solle er
nemmen, ir aber von desselben wegen weiter nichts,
dann wie jezt gehört und ain bar guldin für die kindtbeth
zuegeben, verbunden sein. Ein gleiche mainung solle es
mit den lödigen haben, so nicht Jungfrawen seindt, also
wo sie bey Eheleuthen kinder gebären, das ihnen die
Ehemänner weiter, dann die kinder von ihnen zuenem-
men und ain bar guldin für die kindtbetth zuegeben, gar
nichtzit schuldig sein. Aber nichts destoweniger sollen sie
beede, nemblich der Eheman als ehebrüchig und sie nach
unser, deß rhatts, erkhanntnuß gestrafft werden.
Wo aber ain lödiger oder wittiber ain jungfraw schwächt,
der solle umb 20 lb d (doch nit alß ehebrüchig) gestrafft
werden. Welcher die selbige nicht zuebezahlen hette, der
solle 4 wochen im Thurn gelegt und darinn gleichsfahls
mit wasser, brott und habermueß gespeisst und ge-
tränckht, auch ihme sonsten weiter nichts zuegelassen
werden, Derselbige aber ihr, der Tochter, weiter den fl 2
für die kindtbett und ain baar schuech, für ihren Blumen
zue geben, nicht schuldig, sie hete dann ain kindt von
ihme geboren, das solle er von ihr zuenemmen auch ver-
bunden und darneben die straff auch gegen ihr nach ge-
legenhait der sachen vorbehalten sein.
Und da unter solchen klagt würdt, daß dises zwayer lö-
diger Persohnen beschehen beyschlaffen auff vorgehendt
Eheverloben fürgegangen seye, sollen beede nichts de-
stoweniger und zuvorderist durch unß solcher ihrer
Leichtfertigkhait halber gestrafft und die Haupt- oder
Ehesach, wann sie strittig, für unser Ehegericht gewisen
und darinnen gehandelt und erkhannt werden, wie hier-
oben darvon anzaigung beschehen. Und also solle es auch
in obvermelten fählen der straff halber mit der brüchigen
weibspersohn, sie seye verehelicht oder lödig, gehalten
werden.
Nachdeme aber jeztgemelte Straffen zue abwendung und

449
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften