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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0512
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Gengenbach

Dise unser kirchen unräth und unordnung und
die straff gottes uber uns zu verhuten, auch die lieb
und anmutigkaiten, so wir zu ewer leyber und seelen
wolffart tragen, verursachen uns, so vil an uns ist,
ernstlicher dann bißher insehen haben, damit unsere
christenliche policey verbessert und alle ding inhalt
des wort gottes (das wir dann angenomen haben) in
der Kirchen ordenlich, wie der heylig Paulus lee-
ret7, angericht werden, unnd wir sampt euch dester
fleyssiger zu dem warenn, rechten gotsdienst (der
nit in worten steet, aber in der krafft) unnd besser-
lichem leben geraytzt werden.
Protestatio |2r |
Hierauff bezeugen wir uns vor gott unnd dem Her-
ren Jhesu Christo, der richten wurt die lebendigen
unnd todten8, das wir in disem unnserm furnemen
nichts anders dann die ainig eer gottes und unsers
erlößers Jhesu Christus suchen, auch alles, das fur-
derlich ist, auff den warhafftigen glauben und lieb,
dardurch man vor gott frum und selig werden muß,
mit hochem fleyß und eyffer furdern. Unnd nichts
anderst, weder von uns selb noch von den anndern,
annemen, setzen noch ordnen, dann das dem hayt-
tern, unverfelschten wort gottes enlich ist, auß dem
alten und newen testament genomen. Wellen auch

hierinnen vor allen unsern verwanten unverdacht
sein ainicher newerung, dem gemainen burger ayd
und friden zugegen, aber was wir hie furgenomen,
sol zu ainem zuchtigen, erbern leben, ob gott wil,
geratten und dienstlich by allen verstendigen ge-
achttet werden. Auch wellen wir uns gegen menig-
lichem entschlossen und erbotten haben, unsers fur-
nemens, thun und lassen in diser handlung ainem
yeden rechenschafft und ursach zugeben, wie Cris-
ten zugehört, berait sein. Unnd ob jemant uns ains
bessern (doch mit gottes wort) unnd der warhayt
gemessen berichten kund, den wellen wir mit
frundtlicher danckparkayt hören und das urtayl der
warhayt annemen unnd dem heyligen geyst sein
lauff nit speren. Begeben uns auch hiemit allzeyt
under die gehorsame der waren, rechten, christenli-
chen kirchen, die ain gemachtet9 Christi ist, auß
gotteswort geboren unnd entsprungen, die die stim
ires hirten Christi gehört10. Wa aber die kirch Chri-
sti in khunfftigem ain Concilium ansehe und, auß
dem heyligen geyst warhafftigclich versamlet, was
etwas anders (allweg mit dem wort gottes) berichte,
wellen wir mit allen unsern verwandten, wie ob-
stätt, allweg gehorsame kinder der waren kirchen,
gern annemen und folgen, darzu helff uns der all-
mechtig, ewig gott, Amen. |2v |

Von dem ampt unnd befelch der diaconen und superattendenten

Auffs erst, da solche unsere ordnung on alle hinde-
rung ain furgang habe und unserer stattgeschefft
halben, damit ain Rhat beladen, nicht an diser re-
formation unnd zu gericht versumpt werde, haben
wir siben man von Rhaten außgeschossen und den
predicanten zugethon mit vollkhomenem gwalt, an
des Rhats statt in der kirchen sachen zu handlen,
dise christenliche kirchenordnung nach notturfft,
Inhalt des wort gottes, furderen, und was zur bes-
serung dienet, verschaffen und walten.
Wa aber den verordneten diaconen etwas wich-
tigers furbrächt, dann inen außzurichten möglich,

7 1Kor 14,40; 4,20.
8 Vgl. Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.

sol es fur ain ganzen Rhat langen und des bschayds
daruber erwarten.
Es sollen auch, so offt sich begibt und notturfft
erhayßt, die kirchen pfleger ainen Stettmeyster un-
der denen diaconen erwelen, der die umbfrag unnd
zu der versamlung zu beruffen gwalt hab. Die tag
unnd stund der versamlung aber sollen gewonlich
auff zinstag (diewyl dem Rhat am aller gelegnesten
auff disen tag) nach der predig geschehen, auffs
Rhathuß oder andere gelegne ortt, Doch unvergrif-
fen, ob andre gschefft sich zutrugen, das mans moge
furstrecken bis zu gelegen zeyt.

9 Gemächt, Ehegemahl, vgl. Mt 25,1-13.
10 Vgl. Joh 10,16.

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