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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0515
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3c. Kirchenordnung [1538]

Von den wochenpredigen im Closter |5r |
Die ordnung der wochenpredigen im Closter auff
zinstag, Dornstag, Sampstag vor der prim zeyt24,

und, so es festentag25 weren, nach der prim, wellen
wir also bleyben lassen und der arbayt halben nie-
mands darzu verbunden haben, sonder zu yedes ver-
stand und guten willen setzen.

Von der haimsuchung und verhorung der außbürger26 in Thelern

Es kompt unns gleuplich fur die erschrockenlich un-
wissenheyt der thallewten, also das ettlich biß in das
zwaintzigist Jar bayde, von Manns- und weybsbil-
den, alt, des Herren gepett27, bekanntnuß des glau-
bens28, die zehen gepott29 nit kunnend ertzelen, dar-
zu nit allain die Jungen, sonder auch die alten mit
diser vihischen, groben unwyssenhayt behafft, das
uns auffs allerhöchst erbarmt, deshalb wir, so vil
möglich, inen von solchem grewel zu helffen, ge-
naygt. Dieweyl dann nun wol moglich ist, das ett-
lich weder in Jar noch tag zur predig khomen, von
christenlichem leben kain wort wissen, seyen wir des
furnemens, durch unsere verordnete diaconen und
predicanten vetterlich haimzusuchen auff gelegen
orten und platzen, vom Rhat darzu angesehen, dar-

inen die biderben leut30 gelert, gefragt und frundt-
lich zu der erkhantnuß gottes gewissen31 werden sol-
len, nit das man yemand in diser verhör beger
schamrott zu machen, sonder zur besserung, wie wir
schuldig sind, vermanen.
Diser visitationen sollen jarlich zwo geschehen,
die erst auff die Osterfeyrtagen, die soll zu allen
kirchgnossen ob der Statt32 gebraucht werden, Die
ander Sonntag nach pfingsten, soll mit den, die un-
der der statt33 sind, gehandelt werden. Hierinen sol-
len die haußvatter gefragt werden, wie sy ire weyb,
kind und gesind leeren, ziehen, ob sy an gottes wort
zweyffel haben etc. und zum hayligen Nachtmal
wyssen. |5v |

Von der Kinder bericht und zucht

Unnser lieber Herr Jhesus Christus wil die jungen
kinder ganz ungeergert und unveracht haben, nimpt
sy zu im, umbfacht sy und macht sy im also haim-
lich34, das er sinen Jungern auch darumb zuspricht,
das sy den kinden den zugang zu Christo haben wel-
chen wellen und trewt inen, sprechende: Der kinder
engel sehen allweg gottes angesicht. Item gibt in das
himelreich und mißt alle gleubigen bey inen ab,
Math. 18 [10]35.

24 Die Prim war eine der kleinen Horen des Stundengebets,
die bei Tagesanbruch begangen wurde.
25 Fest- oder Feiertage.
26 Als Ausbürger oder Pfahlbürger wurden Personen be-
zeichnet, welche die Rechte der Städter genießen, jedoch
außerhalb der Stadtmauern wohnten, vgl. LMA I,
Sp. 1246f.; VI, Sp. 1993.
27 Mt 6,9-13.
28 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
29 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
30 Unbescholtenen, rechtschaffenen Menschen, vgl. Früh-
neuhochdeutsches Wörterbuch 4, Sp. 319-322.

Nun, so dem Herren so vil an den kinden gelegen
ist, kunden wir gar nit underlassen, wir müssen den
kinden dienen und sy nit ergern, anderst wurden wir
der straff gottes nit entrinnen, die uns in vorgemel-
ten ort getrewt36 wurt.
Dieweyl aber es layder nun zu vil grob am tag
ligt, das die eltern iren kinden nicht auffsehen, zu
allen lastern, bybereyen, ungehorsamkeyten, uner-
berkeyten, mutwillen (wie dann dise letst zeyt leut

31 Gewiesen.
32 Die beiden Dörfer Ohlsbach und Reichenbach nördlich
von Gengenbach.
33 Die beiden Dörfer Schwaibach und Bermersbach südlich
von Gengenbach; siehe Glatz, Reichsstadt, S. 107, vgl.
ebd., S. 108 die Karte der räumlichen Ausdehnung der
Reichsstadt.
34 Vertraut, vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 874.
35 Vgl. Mk 10,13-16; Lk 18,15-17.
36 Angedroht.

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