Gengenbach
tregt) in dem, so sy inen solche böße stuck gstatten,
verhelffen und wollgefallen daran haben, So vil uns
aber als ainer christenlichen oberkayt (die wir als-
wol uber die jungent vatter sind) solchen grewel fur-
lassen zu gon zu schwer werden, das die Jungent
also ungezogen erwilde37, die on das von ir selb auß
angeboren natur art zu allen lastern genaygt, Des-
halben ist unser gut geduncken unnd ernstlicher be-
felch, das alle unsere burger (die anders unsers
burgksrechts unnd schirms geniessen wellen) ire
kind, so reden und verstand haben, alle Sonnentag,
als vil möglich, zu der kinder zucht furend und von
unnsern predicanten (den wir auch ernstlich fleyß
anzukeren inbinden und befelchen wellen) mit der
ainfaltigkayt Christi underweysen, empfahen und
auffs aller kurzest und den kindern verstenlichst:
Zum ersten auß den gepotten gottes38, dann sy
befragt und auffs aller kurzest gelert sollen werden,
was der will gottes sey und wie sich gott in seinem
gsatz verbildet39, Item was der zerstörlich, prest-
hafft40 mensch sey nach seinen krefften, vermögen,
thun und lassen, item was die sind41, gerechtigkayt
seye, |6r |
Zum anndern, was christenlich gepett, das nit nach
pharischaischer art in vil unnottigen geschwetz, son-
der im geyst unnd warhayt beschehen, nach recht-
geschaffner form und weyß, die Christus uns gelert
hatt42,
Zum dryten die artickel des glaubens43, darin sye
bericht, wie gott aller geschöpff unnd creaturen
werckmayster ist und Herr, und wie der ungehor-
sam, verdampt mensch durch den sun gottes gne-
diglich dem himlichen vatter versunet ist, darumb
auff in all unser vertrawen gelegt werden soll.
Item, darzu wurt auch hierin der ganz handel
und lauff Christi und der heyligen puntzeichen und
37 Verwilderte, verlotterte, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1064.
38 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
39 Darstellt, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 114.
40 Unzulängliche, gebrechliche.
41 Sünde.
42 Vgl. Mt 6,9-13.
43 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
44 Rudimentäre, ansatzweise.
Sacramenta, der ghaimnuß und versprochen gnad
gottes brauch und nutz erlernt. Dises soll der kinder
bibel sein und rudimentische44 schuller ler, bis sy in
grösser und hocher erkantnuß gottes und evangeli-
ums [kommen],
Damit aber solchs den kinden dester anmuttiger
und zu lernen möglicher sey, wöllen wir unsere pre-
dicanten anhalten, das sy des kinderberichts und
obgemelter punct ain kurz, deutlich, verstendig
handbuchlin mit ainicherley worten und gleych
fragstucken auß dem grund der geschrifft gottes set-
zen45, welches büchlin den unsern, so lesen kunden,
auch geben werden abzuschriben, das ausserhalb der
sonnenteglichen versamlung ain mensch vom ann-
dern gelert werden mög46.
Wir wellend auch, dem armen, unverstendigen
land- und thal volck zu lieb, durch unsere kirchen-
diener und auffseher befelchen nach yeder zeyt und
gelegenhayt, das sy von Sonntag zu Sonntag ye ain
tal nach dem anndern zur kinderzucht beschayden
mit verordneter verkundung auff der Cantzel. Da
sol ain yeder haußvatter seine kind und gesind, 15,
16, biß auff 20järig, bringen, und sollen unsere pre-
dicanten frundtlich sey ansprechen, nit erschrecken,
vergut47 an irer ainfaltigkait haben, das die Jungen
nit, weder von forcht noch scham wegen, ersu-
men48 und zu schanden werden. Auch sollen unsere
verordnete diaconen darby sein zu sehen, das nicht
im handel versumpt oder gefund werde. Wa aber
unsere predicanten anderst dann wir in hiemit |6v |
befelchen, handelten, sollen sy uns iren unfleyß un-
gestrafft nit hintragen. Wa aber yemand von Land-
volk solch arbayt ordnung, inen zugut angsehen,
auß undanckparkait verachttend, sol dise ungehor-
samkayt den zuchtrichtern anbracht unnd von inen
an ainen gantzen (wa nit besserung gespurt werden
möcht) Rhatt langen.
45 Der Gengenbacher Katechismus erschien erst 1545 im
Druck (siehe unten, S. 501, Nr. 5), war aber bereits frü-
her in handschriftlicher Form in Umlauf.
46 Von der Methode des Abschreibens, die viele Fehlerquel-
len barg, rückte man 1545 mit dem Druck des Katechis-
mus ab, siehe unten, S. 501.
47 Vergut = Für gut, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 499.
48 Versäumt, verwahrlost, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1044.
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tregt) in dem, so sy inen solche böße stuck gstatten,
verhelffen und wollgefallen daran haben, So vil uns
aber als ainer christenlichen oberkayt (die wir als-
wol uber die jungent vatter sind) solchen grewel fur-
lassen zu gon zu schwer werden, das die Jungent
also ungezogen erwilde37, die on das von ir selb auß
angeboren natur art zu allen lastern genaygt, Des-
halben ist unser gut geduncken unnd ernstlicher be-
felch, das alle unsere burger (die anders unsers
burgksrechts unnd schirms geniessen wellen) ire
kind, so reden und verstand haben, alle Sonnentag,
als vil möglich, zu der kinder zucht furend und von
unnsern predicanten (den wir auch ernstlich fleyß
anzukeren inbinden und befelchen wellen) mit der
ainfaltigkayt Christi underweysen, empfahen und
auffs aller kurzest und den kindern verstenlichst:
Zum ersten auß den gepotten gottes38, dann sy
befragt und auffs aller kurzest gelert sollen werden,
was der will gottes sey und wie sich gott in seinem
gsatz verbildet39, Item was der zerstörlich, prest-
hafft40 mensch sey nach seinen krefften, vermögen,
thun und lassen, item was die sind41, gerechtigkayt
seye, |6r |
Zum anndern, was christenlich gepett, das nit nach
pharischaischer art in vil unnottigen geschwetz, son-
der im geyst unnd warhayt beschehen, nach recht-
geschaffner form und weyß, die Christus uns gelert
hatt42,
Zum dryten die artickel des glaubens43, darin sye
bericht, wie gott aller geschöpff unnd creaturen
werckmayster ist und Herr, und wie der ungehor-
sam, verdampt mensch durch den sun gottes gne-
diglich dem himlichen vatter versunet ist, darumb
auff in all unser vertrawen gelegt werden soll.
Item, darzu wurt auch hierin der ganz handel
und lauff Christi und der heyligen puntzeichen und
37 Verwilderte, verlotterte, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 1064.
38 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
39 Darstellt, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 114.
40 Unzulängliche, gebrechliche.
41 Sünde.
42 Vgl. Mt 6,9-13.
43 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
44 Rudimentäre, ansatzweise.
Sacramenta, der ghaimnuß und versprochen gnad
gottes brauch und nutz erlernt. Dises soll der kinder
bibel sein und rudimentische44 schuller ler, bis sy in
grösser und hocher erkantnuß gottes und evangeli-
ums [kommen],
Damit aber solchs den kinden dester anmuttiger
und zu lernen möglicher sey, wöllen wir unsere pre-
dicanten anhalten, das sy des kinderberichts und
obgemelter punct ain kurz, deutlich, verstendig
handbuchlin mit ainicherley worten und gleych
fragstucken auß dem grund der geschrifft gottes set-
zen45, welches büchlin den unsern, so lesen kunden,
auch geben werden abzuschriben, das ausserhalb der
sonnenteglichen versamlung ain mensch vom ann-
dern gelert werden mög46.
Wir wellend auch, dem armen, unverstendigen
land- und thal volck zu lieb, durch unsere kirchen-
diener und auffseher befelchen nach yeder zeyt und
gelegenhayt, das sy von Sonntag zu Sonntag ye ain
tal nach dem anndern zur kinderzucht beschayden
mit verordneter verkundung auff der Cantzel. Da
sol ain yeder haußvatter seine kind und gesind, 15,
16, biß auff 20järig, bringen, und sollen unsere pre-
dicanten frundtlich sey ansprechen, nit erschrecken,
vergut47 an irer ainfaltigkait haben, das die Jungen
nit, weder von forcht noch scham wegen, ersu-
men48 und zu schanden werden. Auch sollen unsere
verordnete diaconen darby sein zu sehen, das nicht
im handel versumpt oder gefund werde. Wa aber
unsere predicanten anderst dann wir in hiemit |6v |
befelchen, handelten, sollen sy uns iren unfleyß un-
gestrafft nit hintragen. Wa aber yemand von Land-
volk solch arbayt ordnung, inen zugut angsehen,
auß undanckparkait verachttend, sol dise ungehor-
samkayt den zuchtrichtern anbracht unnd von inen
an ainen gantzen (wa nit besserung gespurt werden
möcht) Rhatt langen.
45 Der Gengenbacher Katechismus erschien erst 1545 im
Druck (siehe unten, S. 501, Nr. 5), war aber bereits frü-
her in handschriftlicher Form in Umlauf.
46 Von der Methode des Abschreibens, die viele Fehlerquel-
len barg, rückte man 1545 mit dem Druck des Katechis-
mus ab, siehe unten, S. 501.
47 Vergut = Für gut, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 499.
48 Versäumt, verwahrlost, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 1044.
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