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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0542
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Nachtrag zu Band XVI

42p. Ordnung der deutschen Schulen (Text S. 583)

Bereits vor Einführung der Reformation in Württemberg 1534 gab es in zahlreichen Städten des Landes
Lateinschulen (Trivial- oder Partikularschulen).58 Deutsche Schulen, in denen der Unterricht in deutscher
Sprache stattfand, waren hingegen selten.59 Mit Einführung der Reformation entfaltete sich der Gedanke
der Volksbildung, bei dem die lateinische Sprache von der Volkssprache abgelöst wurde. Auch die bis dahin
auf weltliches Wissen gerichteten Unterrichtsinhalte erhielten nun einen religiös-kirchlichen Schwer-
punkt.60 Mit Hilfe der deutschen Schulen sollten die Kinder in ihrer Muttersprache an den evangelischen
Glauben herangeführt werden.61 Der Unterricht war geprägt von Gebet, Katechismusunterricht und Kir-
chengesang.62 Bereits unter der Regentschaft Herzog Ulrichs (1534-1550) war die Zahl der deutschen Schu-
len vermehrt worden.63 Unter Herzog Christoph (1550-1568) erhielt das Schulwesen jedoch entscheidende
Impulse.64 Es sollten überall dort Schulen eingerichtet werden, wo bereits Mesnereien, also Küsterämter,
vorhanden waren.65 Da dies bei zahlreichen Kirchen der Fall war, konnte die Anzahl der Schulen durch
diese Maßnahme stark vermehrt werden.66 Um 1600 besaß fast jeder württembergische Pfarrort eine eigene
deutsche Schule.
Die Ordnung der deutschen Schule von 1559 stellt die drei herzoglichen Bildungsziele der Schulen -
„Gottesfurcht, rechte Lehre und gute Zucht“, d.h. religiöse, intellektuelle und sittliche Bildung - voran. Im
Anschluss daran werden die Einzelbestimmungen in sechs Abschnitten ausgeführt.67 Zunächst wird fest-
gehalten, dass neben den Jungen auch die Mädchen am Schulunterricht teilnehmen sollen.68 Im zweiten
Abschnitt „Von der Lehr“ wird der Fächerkanon vorgestellt, der aus Lesen, Schreiben, Memorieren und
Singen besteht. Die Lehrinhalte speisen sich aus dem Katechismus, dem Psalmbüchlein, dem Neuen Testa-
ment und weiteren geistlichen Werken. Der dritte Abschnitt, der mit „Zucht“ überschrieben ist, behandelt
sowohl die äußere Ordnung der Schule als auch das christliche Leben der Schüler und des Schulmeisters. Im
vierten Abschnitt wendet sich die Ordnung der Prüfung und Anstellung der Lehrer zu,69 im fünften werden
ihre Pflichten gegenüber der Schule und den Schülern aufgezählt und im sechsten Abschnitt wird die
Aufsicht über die deutschen Schulen in Form einer Kommission vorgestellt, die mindestens jede zweite
Woche unangemeldet in den Schulen erscheinen sollte.70

58 Reformation in Württemberg, S. 228.
59 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 251. Zu
den vorreformatorischen Schulen in Württemberg siehe
Diehl, Scholastik, S. 64-185; Schmid, Volksschulwe-
sen, S. 1-4.
60 Schmid, Volksschulwesen, S. 7.
61 Bauer, Unter Herzog Ulrich, S. 39.
62 Kreiker, Armut, S. 143.
63 Zu den bereits unter Herzog Ulrich bestehenden deut-
schen Schulen siehe auch die Visitationsinstruktion von
1536, die genau regelt, in welcher Weise die Schulmeister
visitiert werden sollen. Abdruck bei Sehling, EKO
XVI, S. 140-142.
64 Schmid, Volksschulwesen, S. 11-15; Bauer, Konzep-

tion, S. 46-48; ders., Bildungswesen, S. 49f.; Ehmer,
Bildungsideale, S. 19f.; ders., 450 Jahre, S. 133f.
65 Siehe unten, S. 533. Vgl. Schmid, Volksschulwesen,
S. 50-54; Ehmer, Ländliches Schulwesen, S. 82-87.
66 Ebd., S. 16f., 27-39.
67 Den Inhalt fasst Schmid, Volksschulwesen, S. 18-24
ausführlich zusammen; vgl. auch Ehmer, Ländliches
Schulwesen, S. 78-80.
68 Dies war jedoch 1559 vermutlich nur in den Städten der
Fall, Schmid, Volksschulwesen, S. 19.
69 Zur Ausbildung und Anstellung der Schulmeister vgl.
ebd., S. 46-50.
70 Zum Ablauf dieser Visitationen vgl. ebd., S. 79f.; Eh-
mer, Ländliches Schulwesen, S. 89f.

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