Nachtrag zu Band XVI
fürgegeben16, Doch anfenglichs mit underrichtung
in dem Alphabet nit überladen, Darzu jedesmals,
Dieweil dann ettlich Kinder das Alphabet nit allein für
sich, sonder auch hinder sich auß der gewonheit lernen
erzelen, kennen doch die Buchstaben nit, soll man ihnen
die Ordnung des Alphabets brechen und jetzund hinden,
dann da vornen, dann da mitten des Alphabets fürgeben
und an allen orten befragen, wie die Buchstaben heissen.
Das ist dann ein gewisse prob ires lernens.
Darnach soll er inen das Pater noster [Mt 6,9-13] für-
geben, nit dergestalt, das ein Kind alsbald die Syllaben
zusamen schlahen soll, sonder das es nur des wörtlins
Buchstaben einzelig lerne nennen unnd erkennen und
dieselbigen auch nacheinander im Alphabet wiß zusu-
chen und darauff köndt deuten. Exemplum: Sag an, was
ist der erst Buchstab im Pater? Antwort: Es ist ein P.
Frag weitter: Zeig mir deßgleichen im Abc. Frag weitter:
Was ist das nach dem P? Antwort: ein a. Frag: Zeig mirs
auch im Abc, und also für auß. Zur andern Lection soll
ihm das Noster unnd andere nachgende Wörtlin, auch
also auffzusagen, alsdann soll ime ein gantze Linien der
gestalt fürgegeben werden biß zu end des Pater nosters.
So das beschehen, mag man ime alsdann umb das Abc
vertrawen. So nun gemelter Buchstabler ferttig ist, ein-
zelige Wörtlin zu lernen, sollen ime nachmals zwey oder
drey aufferlegt werden, in aller gestalt, wie zuvor mit
dem angezeigten Wörtlin gesagt ist, biß der Paedagogus
erkennen mag, das sollichs anhaltens mit den Buchsta-
ben zunennen und des Paedagogi repetiern nicht mehr
bedarff, Und dise Buchstabler mögen in ein eigen De-
curiam gesetzt werden.
Nach disem soll dem Kind zwu oder drey Linien auffer-
legt werden, die erstlichs ime von dem Paedagogo wer-
den fleissig übersprochen und damit hingewisen, solche
Lection von sich selbs und mit hilff der Gesellen in seiner
Decuria wol zulernen, dann er soll noch zu allen Lectio-
nen gefragt werden, wölcher seiner Gesellen ine gelert
hab unnd hierinnen gehalten werden wie oben mit den
Buchstablern. Es sollen auch die Schulmeister mit allem
fleiß dahin sehen unnd achtung haben, das die Knaben
nit irer Mutter sprach, sonder der Lateinischen sprach
art nach die Vocales und Consonantes underschidlich
und deuttlich außsprechen und kein breitte, teutsche
diphthongos machen, sonder einem jeden seinen volkom-
menen lateinischen namen unnd stimm geben, damit die
lateinisch Red ir rechte art und pronunciation behalte.
Nachdem aber ettlich Kinder von natur nit alle Buch-
staben können außsprechen, soll man mit denselben ge-
dult tragen unnd sovil müglich mit senfften unnd glimpf-
figen Worten underweisen und solchen defectum abzu-
ziehen understehn. So nun die Kinder nach angezeigter
weiß mit den Buchstaben fertig worden seind, soll man
inen weitter aufferlegen, das sie ire Lection, so jetzund
wann in dem Alphabet fortgefarn, die vordersten
Buchstaben widerholt, unnd das der Knab dieselben
gebuchstabet ist, den nechsten darauff fein, sittlich und
Syllabatim lesen, Doch soll inen das Buchstaben noch
nit nachgeben werden, sonder wann das Buchstaben in
der Tafel außgangen ist, soll inen gleicher gestalt der
Donatus [Donat, Ars minor] fürgelegt werden zu buch-
staben und aber die Tafel [siehe unten, Anm. 15] zu le-
sen, beides auff ein Lection, das würdt nit beschwärlich
sein, dann die Tafel ist bald ein mal oder zwey überlesen.
Und dise Legisten mögen auch ein eigen Decuriam ge-
ben.
So dann das lesen in der Tafel jetzund richtig gnug ist
und das buchstaben im Donat auch ferttig, wie es dann
nit fehlen kan, soll man dannocht die Tafel nit fallen
lassen, sonder sie sollen dieselbig allgemach außwendig
lernen unnd neben ir gewonlichen Lection je ein stuck
außwendig recitieren. Und dieweil das Buchstaben im
Donat auch ferttig, soll man disen Knaben die quaestio-
nes Grammaticae, so für die Knaben in secunda Classe
auß dem Philippo gezogen [Melanchthon, Grammatica
Latina], zu buchstaben fürlegen und den Donat lassen
lesen, erstlich sittlich und syllabatim, wie in der Tafeln
gemeldet ist, besonder acht darauff haben, das die Kna-
ben die letste Syllabam deutlich pronuncieren und nit
verschlagen. Nachdem er solches ein zeitlang getriben
und des lesens im Donato ferttig und volkommen wor-
den ist, erlaß man in desselbigen und laß beide übung,
des buchstabens und lesenn, in gemelten quaestionibus
Grammaticae kommen, also das er einerley Lection zu-
erst buchstab und gleich darauff lese. Doch soll das lesen
in dem Donato und quaestionibus Grammaticae auch
sittlichen und Syllabatim geschehen, dann die Knaben,
so da wöllen eilen und praecipitanter dahin lesen, darmit
sie bald zum end kommen oder Ehr einzulegen, die hin-
dern sich sehr fast [=stark] unnd gewonen, halbe Wort zu
lesen, das würdt zuletst viciosa pronunciatio, das ist:
Haesitatio odiosa et intollerabilis, Wölche mängel und
feel, wie grosse ungestalt sie mitbringen weißt jederman,
seind aber zu diser zeit, so das lesen angangen ist, leicht-
lich zuverhüten.
So nun der Knab die zwey Stuck samptlich, das buch-
staben unnd lesen, in quaestionibus Grammaticae secun-
dae Classis ein zeitlang getriben, also das ime das lesen
zimlich will von statt gehn, Soll alsdann dem buchstaben
aller erst feirabent geben werden, zuvor aber keins wegs.
Und dise mögen auch ein eigen Decuriam in prima Clas-
se machen. Nach vilmals gemelten quaestionibus Gram-
maticae soll inen auff vor angezeigte weiß auch der Ca-
ton [Disticha Catonis, siehe unten, Anm. 21] zulesen für-
gegeben werden. Es sollen auch die Praeceptores die
Knaben gewenen, das sie zweierley Büchlin haben, in
deren einem man inen fürschreib, dann genuog ist,
532
fürgegeben16, Doch anfenglichs mit underrichtung
in dem Alphabet nit überladen, Darzu jedesmals,
Dieweil dann ettlich Kinder das Alphabet nit allein für
sich, sonder auch hinder sich auß der gewonheit lernen
erzelen, kennen doch die Buchstaben nit, soll man ihnen
die Ordnung des Alphabets brechen und jetzund hinden,
dann da vornen, dann da mitten des Alphabets fürgeben
und an allen orten befragen, wie die Buchstaben heissen.
Das ist dann ein gewisse prob ires lernens.
Darnach soll er inen das Pater noster [Mt 6,9-13] für-
geben, nit dergestalt, das ein Kind alsbald die Syllaben
zusamen schlahen soll, sonder das es nur des wörtlins
Buchstaben einzelig lerne nennen unnd erkennen und
dieselbigen auch nacheinander im Alphabet wiß zusu-
chen und darauff köndt deuten. Exemplum: Sag an, was
ist der erst Buchstab im Pater? Antwort: Es ist ein P.
Frag weitter: Zeig mir deßgleichen im Abc. Frag weitter:
Was ist das nach dem P? Antwort: ein a. Frag: Zeig mirs
auch im Abc, und also für auß. Zur andern Lection soll
ihm das Noster unnd andere nachgende Wörtlin, auch
also auffzusagen, alsdann soll ime ein gantze Linien der
gestalt fürgegeben werden biß zu end des Pater nosters.
So das beschehen, mag man ime alsdann umb das Abc
vertrawen. So nun gemelter Buchstabler ferttig ist, ein-
zelige Wörtlin zu lernen, sollen ime nachmals zwey oder
drey aufferlegt werden, in aller gestalt, wie zuvor mit
dem angezeigten Wörtlin gesagt ist, biß der Paedagogus
erkennen mag, das sollichs anhaltens mit den Buchsta-
ben zunennen und des Paedagogi repetiern nicht mehr
bedarff, Und dise Buchstabler mögen in ein eigen De-
curiam gesetzt werden.
Nach disem soll dem Kind zwu oder drey Linien auffer-
legt werden, die erstlichs ime von dem Paedagogo wer-
den fleissig übersprochen und damit hingewisen, solche
Lection von sich selbs und mit hilff der Gesellen in seiner
Decuria wol zulernen, dann er soll noch zu allen Lectio-
nen gefragt werden, wölcher seiner Gesellen ine gelert
hab unnd hierinnen gehalten werden wie oben mit den
Buchstablern. Es sollen auch die Schulmeister mit allem
fleiß dahin sehen unnd achtung haben, das die Knaben
nit irer Mutter sprach, sonder der Lateinischen sprach
art nach die Vocales und Consonantes underschidlich
und deuttlich außsprechen und kein breitte, teutsche
diphthongos machen, sonder einem jeden seinen volkom-
menen lateinischen namen unnd stimm geben, damit die
lateinisch Red ir rechte art und pronunciation behalte.
Nachdem aber ettlich Kinder von natur nit alle Buch-
staben können außsprechen, soll man mit denselben ge-
dult tragen unnd sovil müglich mit senfften unnd glimpf-
figen Worten underweisen und solchen defectum abzu-
ziehen understehn. So nun die Kinder nach angezeigter
weiß mit den Buchstaben fertig worden seind, soll man
inen weitter aufferlegen, das sie ire Lection, so jetzund
wann in dem Alphabet fortgefarn, die vordersten
Buchstaben widerholt, unnd das der Knab dieselben
gebuchstabet ist, den nechsten darauff fein, sittlich und
Syllabatim lesen, Doch soll inen das Buchstaben noch
nit nachgeben werden, sonder wann das Buchstaben in
der Tafel außgangen ist, soll inen gleicher gestalt der
Donatus [Donat, Ars minor] fürgelegt werden zu buch-
staben und aber die Tafel [siehe unten, Anm. 15] zu le-
sen, beides auff ein Lection, das würdt nit beschwärlich
sein, dann die Tafel ist bald ein mal oder zwey überlesen.
Und dise Legisten mögen auch ein eigen Decuriam ge-
ben.
So dann das lesen in der Tafel jetzund richtig gnug ist
und das buchstaben im Donat auch ferttig, wie es dann
nit fehlen kan, soll man dannocht die Tafel nit fallen
lassen, sonder sie sollen dieselbig allgemach außwendig
lernen unnd neben ir gewonlichen Lection je ein stuck
außwendig recitieren. Und dieweil das Buchstaben im
Donat auch ferttig, soll man disen Knaben die quaestio-
nes Grammaticae, so für die Knaben in secunda Classe
auß dem Philippo gezogen [Melanchthon, Grammatica
Latina], zu buchstaben fürlegen und den Donat lassen
lesen, erstlich sittlich und syllabatim, wie in der Tafeln
gemeldet ist, besonder acht darauff haben, das die Kna-
ben die letste Syllabam deutlich pronuncieren und nit
verschlagen. Nachdem er solches ein zeitlang getriben
und des lesens im Donato ferttig und volkommen wor-
den ist, erlaß man in desselbigen und laß beide übung,
des buchstabens und lesenn, in gemelten quaestionibus
Grammaticae kommen, also das er einerley Lection zu-
erst buchstab und gleich darauff lese. Doch soll das lesen
in dem Donato und quaestionibus Grammaticae auch
sittlichen und Syllabatim geschehen, dann die Knaben,
so da wöllen eilen und praecipitanter dahin lesen, darmit
sie bald zum end kommen oder Ehr einzulegen, die hin-
dern sich sehr fast [=stark] unnd gewonen, halbe Wort zu
lesen, das würdt zuletst viciosa pronunciatio, das ist:
Haesitatio odiosa et intollerabilis, Wölche mängel und
feel, wie grosse ungestalt sie mitbringen weißt jederman,
seind aber zu diser zeit, so das lesen angangen ist, leicht-
lich zuverhüten.
So nun der Knab die zwey Stuck samptlich, das buch-
staben unnd lesen, in quaestionibus Grammaticae secun-
dae Classis ein zeitlang getriben, also das ime das lesen
zimlich will von statt gehn, Soll alsdann dem buchstaben
aller erst feirabent geben werden, zuvor aber keins wegs.
Und dise mögen auch ein eigen Decuriam in prima Clas-
se machen. Nach vilmals gemelten quaestionibus Gram-
maticae soll inen auff vor angezeigte weiß auch der Ca-
ton [Disticha Catonis, siehe unten, Anm. 21] zulesen für-
gegeben werden. Es sollen auch die Praeceptores die
Knaben gewenen, das sie zweierley Büchlin haben, in
deren einem man inen fürschreib, dann genuog ist,
532