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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0553
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421. Ordnung der Lateinschulen 1559

sampt den new fürgegebnen jedes mals wider auff-
sage, angehalten.
Damit auch die Jugent zu erkanntnuß der lite-
rarum gebracht, der ordo im Alphabet ihnen zuwei-
len verkert unnd sie jetzo vornen, jetzo mitten da-
rinn befragt werden, Unnd so der Praeceptor ver-
merckt, das der Knab im Alphabet underricht, vol-
gends zu dem Pater noster17 unnd also fürauß für-
schreitten unnd das Kind zu der zusamen schlahung
der Syllaben gewehnen, Unnd doch im anfang für-
nämlich dahin sehen, damit der Jung die Buchsta-
ben lerne kennen, auch hierunder fleissigs auff-
merckens habe, damit die Knaben nit ihrer Mutter
Sprach, sonder der lateinischen Sprach art nach die
Vocales unnd Consonantes underschidlich unnd
deutlich außsprechen. Die jhenigen aber, wölche
von natur nit alle literas pronunciiern künden, sovil
müglich mit senfften, glimpffigen Worten underwei-
sen und understehn, inen den defeckt abzuziehen.
Und mögen dise in ein ordinem, doch die förttigsten
allwegen zusamen als ein sondere Decuriam gesetzt
werden. | cxxiiiib |
Wo nun die Knaben die Tafelf buchstaben geler-
net, Soll inen gder Donatg18 zu sillabiern fürgegeben,
und zu einer Lection, auch die Tafel syllabatim zu-

wann in der Wochen ein mal fürgeschrieben würdt, Aber
in dem andern Büchlin sollen sie ire Schrifften, so sie
nach der Vorschrifft abgemalet haben, auff das der Prae-
ceptor mög sehen, wie sie sich im schreiben bessern. In
diser Classe soll allen Knaben fürgeschriben werden, ei-
ner jeden Decuriae auff sein weiß, und soll ein jeder sein
nachschrifft den Praeceptoribus des Tags zwey mal zei-
gen, darauff sollen inen die feel und mängel angezeigt
werden. Damit auch die Knaben dester mehr lateini-
scher Wort lerneten und gewonten, soll inen täglich, so
man sie zu abendt außlaßt, zwey lateinische Worter ex
Nomenclatura Rerum [Vermutlich das Wörterbuch „No-
menclatura rerum domesticarum“ von Sebald Heyden,
das 1530 erschien] fürgeben werden, die sollen sie in ein
sonder Büchlin schreiben und dieselbigen morgens zu al-
len lectionibus iren Praeceptoribus allwegen mit auffsa-
gen.
f KO Württemberg 1582: Tafel und Catechismum.
g-g KO Württemberg 1582: die paradigmata Declinationum
et Coniugationum, wie die sonders außgezogen unnd für
dise Classem unsers Fürstenthumbs Schulen getruckt.
h-h KO Württemberg 1582: Catechismo fertig, die vermel-
ten Paradigmatis.

lesen, samptlich auffgelegt werden, wölche dann für
den secundum ordinem zurechnen. Volgends sollen
die Knaben, so mit dem lesen in der Tafel und mit
dem Buchstaben in dem hDonat förtig, dieh Questio-
nes Grammaticae Philippi19, wölche zu der secunda
Classe geordnet, buchstaben lernen und darneben
iden Donati in jeder Stund mitlesen, Auch neben di-
sen iren lectionibus täglichs ein stuck ausser dem
teutschen Catechismo20 außwendig zulernen und zu-
recitiern angehalten werden. Nach dem und sie aber
mit dem lesen in jdem Donatj förtig, sollen sie des-
selben erlassen und mit dem buchstaben und lesen
in vorgedachten Quaestionibus Grammaticae geübt,
Auch für das Heufflin tertii ordinis primae Classis
gehalten werden, Und nach volendung gemelter
Quaestionum Grammaticae inen der Caton21 zulesen
aufferlegt.
Auch in diser prima Classe in allen ordinibus
nach gelegenheit derselben von den Praeceptoribus
alle wochen ein mal fürgeschriben und darinn die
Ordnung gehalten werden, das die Knaben zu dem
fürschreiben ein eigen Büchlin unnd dann iren
Nachschrifften auch ein eigen Büchlin haben. Und
die Knaben ire Schrifften, sovil inen aufferlegt, alle
tag dem Pedagogen zwey mal zeigen, der inen die

i-i KO Württemberg 1582: solche Paradigmata.
j-j KO Württemberg 1582: gedachten Paradigmatis.

16 Verschiedene Nachdrucke des Brenz-Katechismus ent-
hielten ein vorangestelltes ABC, siehe Weismann, Ka-
techismen, S. 331-334; vgl. den Abdruck des Katechis-
mus in der Ausgabe des Augsburger Drucks von 1555 bei
Kohls, Katechismen, S. 27-34.
17 Mt 6,9-13.
18 Aelius Donatus, (ca. 310-380), Ars grammatica in vier
Büchern. Die Ars Donati - „der Donat“ - wurde im
Mittelalter zum Lehrbuch der lateinischen Grammatik
schlechthin, vgl. LMA III, Sp. 1238-1240.
19 Philipp Melanchthon, Grammatik, CR 20, S. 193-336,
vgl. Jensen, Grammatik, S. 59-99.
20 Vgl. oben, Anm. 16.
21 „Der Cato“ bezeichnet seit dem Mittelalter gewöhnlich
die „Disticha Catonis“, auch „Dicta, Distigium Cato-
nis“, vier Bücher Lebensregeln und Spruchweisheit. Die
Disticha sind vermutlich im 3. Jahrhundert verfasst
worden und gehörten zur Anfangslektüre im Gramma-
tikunterricht, LMA II, Sp. 1576f.

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