Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

421. Ordnung der Lateinschulen 1559

ges und Statuta in der Schulen, auff einer Tafel ge-
schriben, auff hencken, Damit sie nit allein die Kna-
ben selbs lesen künden, sonder auch der Schulmei-

ster dieselbige alle Fronfasten86 den Knaben ein mal
fürlesen und erklären möge.

Der dritt Teil | cxxxvb |
Von der Election, Examine und Officio eines jeden Schulmeisters und Collaboratoris

So nun die hohe Notturfft erfordert, sollich unser
Kinder Schulen mitq Gelerten, Gottsförchtigen und
zu solchem Ampt und arbeit guteiferigen und un-
verdroßnen Schulmeistern und Collaboratoribus zu-
besetzen, Demnach, so offt und dick ein Schulmei-
ster oder Collaborator von unsernr Amptleuten und
Gerichten jedes orts irem herkommen nach un-
serns Kirchenräthen nominiert und presentiert oder
auff ansuchen selbiger unserert Amptleutten unnd
Gerichten einer von unsernu Kirchenrhäthen beruf-
fen oder einer seine dienst selbst anbeut, soll ein je-
der vorhin, ehe dann er in das examen admittiert
unnd zugelassen, seines Herkommens, Lehr, Wesens
und Lebens glaubwürdige, rechtmessige Testimonia
und Kundtschafften, eintweder von seiner Oberkeit,
darunder er geborn und gewonet, oder von seinen
Praeceptoribus oder Oberkeit, darunder er sich zu-
vor mit Dienst, Lehr und Leben gehalten, un-
sernv Kirchenräthen fürbringen.
Wo dann sollichs also richtig geschehen, alsdann
er in unserw Schul zu Stutgarten87 vor unsernx ver-
ordneten Theologen zweien oder einem unnd dann

derselbigen Schul ybeiden Pedagogarcheny ein Lec-
tion oder zwu, die ime angezeigt werden, thun.
Wann dann er, und sonderlich in der Grammatic,
taugenlich erfunden, So soll er darauff von un-
sernz Kirchenräthen, irer avon Uns habendena Ord-
nung | cxxxvia | nach88, seiner pietet89 halben auff un-
sernb Catechismum, in cunsern Kirchenordnungenc
begriffen90, ordenlich und mit sonderm fleiß exami-
niert werden. So er nun also in der Pietet der Augs-
purgischen unnd Unserd Confessione91 nach rein,
Gottselig und zu sollcher Administration taugenlich
erkennt, So soll er fin unserm Namenj mit Bevelch
von unserng Kirchenräthen an den Pfarrherrn,
Amptman, Burgermeister, Gericht unnd geordneten
Superattendenten, dahin er nominiert und appro-
biert, geschickt, und allda ime vom Pfarrherr in ge-
genwürtigkeit der andern, erst angeregten Personen,
unserh Schulordnung vorgelesen, überantwurtet und
dann darauff volgende Articul fürgehalten werden,
Nämlich, das er sich ausseri solcher Ordnung
täglichs erinnern, die zu Hertzen fassen und be-
dencken wölle, das sein Dienst ein hoch, theur unnd

q Separatdruck 1559: mit erbern.
r Separatdruck 1559: den.
s Separatdruck 1559: den.
t Fehlt Separatdruck 1559.
u Separatdruck 1559: den.
v Separatdruck 1559: den.
w Separatdruck 1559: der.
x Separatdruck 1559: den
y-y KO Württemberg 1582: Paedagogarchen und seinem
Adjuncten.
z Separatdruck 1559: den.
a-a Separatdruck 1559: deshalb gegebner.
b Separatdruck 1559: den.
c-c Separatdruck 1559: der kirchenordnung. KO Württem-
berg 1582: unser Kirchenordnung.
d Separatdruck 1559: Würtembergischen.
e KO Württemberg 1582: Confession, auch Formulae
Concordiae [Konkordienformel 1577 und Konkordien-
buch 1580, BSLK S. 735-1100],

f-f Fehlt Separatdruck 1559.
g Separatdruck 1559: den.
h Separatdruck 1559: die.
i Separatdruck 1559: auß.

86 Fronfasten = Quatember, siehe oben, S. 539 Anm. 52.
87 Dem Stuttgarter Pädagogium hatte Herzog Christoph
nicht nur die Aufsicht über sämtliche Lateinschulen
übertragen, sondern auch die Aufsicht über die Anstel-
lung der Lehrkräfte, siehe oben, S. 519.
88 Ordnung des Kirchenrats 1559, siehe Sehling,
EKO XVI, S. 414f.
89 Seines Glaubens, seiner Frömmigkeit.
90 Württembergische Kirchenordnung 1553/1559, siehe
Sehling, EKO XVI, S. 243-246.
91 Confessio Augustana 1530, BSLK S. 44-137; württem-
bergisches Bekenntnis 1552, Brecht/Ehmer, Confes-
sio Virtembergica.

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