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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0585
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42n. Ordnung des Tübinger Stipendiums 1559

len auch nichts essenigs vom Tisch hinweg tragen,
sonder was überigs am Tisch pleibt, das ligen und
der Ordination nach auffheben lassen, bey privie-
rung seines Weins dreier tag.
Deßgleichen nichts zerschnittens33, verbrembts
oder verwülschts34, es seie mit Seiden oder anderm
an ober oder under Kleider haben, der Mentelin und
kurtzen, gemutzten35 Kleidung gentzlich enthalten,
und die Röck, so sich in der leng zum wenigsten zu
halben Waden erstrecken, auch dieselben angethon
und gar nit auff die Achsel hencken, edarzu keine
zerhackte oder zerschnitne Bareter oder Schlap-
pen36 aufftragene
Item, wölcher einen oder mehr der Superatten-
denten, Magistrum domus oder Procuratorn oder
ire Kinder oder Haußgesind mit worten oder wer-
cken beleidigen, | clxxiib | antasten, schmähen oder
frevenliche Hand anlegen wurde, es wer durch sich
selber oder jemandt anderen, heimlich oder offent-
lich, so soll derselbig alßbald in hafftung eingelegt
und nach seinem verschulden hertiglich gestraft
werden. Im fahl, auch einer oder mehr unser Stipen-
diaten sich wider unserer Superattendenten einen,
Magistrum domus, Procuratorem oder Officialn set-
zen, dieselben belaidigen oder sonsten dermassen
Exceß thun wurde, das gegen ime ernstlichs einse-
hens von nöten, sollen die beiwesenden andere Sti-
pendiaten, auch Officiales, den Superintendenten,
Magistro domus oder Procuratori zuspringen, die-
selben helffen handthaben, schirmen unnd, wann sie
durch sie erfordert, die Thäter handthaben, zu haff-
tung und straff antworten und lifern bey unser
ernstlichen ungnad, auch straff und nach gelegen-
heit der Exclusion ausser dem Stipendio und merern
buß nach gestalt der überfarung.
Item, es soll keiner dem Stipendio oder den Per-
sonen, unserm Stipendio zugethun, ichtzit abtragen,
zerbrechen oder verwüsten, waran das were. Ge-
schehe das von einem oder mehr, so soll derselb oder

e-e Fehlt KO Württemberg 1582.
33 Hier ist die Sitte der Landsknechte gemeint, die ihre
Kleider an verschiedenen Stellen aufschlitzten. Diese
Mode der „zerhauenen“ Kleidung wurde von anderen
Bevölkerungsschichten übernommen.

dieselben das nach verwirckung der sach auff ver-
ordnung der Superattendenten und Magistri domus
mit Gefäncknuß büssen und nichts destweniger den
abtrag oder das zerbrochen unnd verwüst ding dem
Stipendio in duplo und der Person, so abtragen oder
schad beschehen, nach erachten der Superattenden-
ten und Magistri domus bezalen.
Sie sollen sich auch allerdings im Stipendio, so
tag und nacht in iren Gemachen, besonder in der
Communitet, rüwig unnd still halten, kein unge-
stimb wesen, weder mit springen, pfeiffen, werffen,
singen, schreihen, klopffen oder anderm brauchen,
damit jeder von dem andern an seinem | clxxiiia |
Studio unverhindert bleiben möge, bey privierung
des Weins zweier Tag. Doch inen die leidenliche
unnd erbare, unergerliche Seittenspil und Gesang
morgents und abendts allwegen ein Stund nach Es-
sens pro recreatione mit rechter bescheidenheit zu-
gebrauchen, unabgeschlagen sein.
So offt und dick Magister domus oder ein Ma-
gister repetitionis einen Stipendiaten umb sein ex-
ceß anspricht und strafft und einer sich rebellisch
oder hönisch mit worten oder geberden erzeigte,
oder das einer im visitiern erfordert, sein Gemach
und Truchen auffzuschliessen, unnd dasselbig ver-
sagen würdt, soll er das allwegen mit privierung sei-
nes Weins drey Tag büssen.
Und zuverhüttung aller hand gefahr und unrich-
tigkeit So wöllen wir, das die Communitet zu Som-
mers frist umb vier, zu Wintters zeitten aber um
fünff uhren geöffnet, auch abendts im Sommer unnd
Wintter umb neun uhr verschlossen und niemandts
gestattet werde, lenger darinnen zuverharren. Da
sich aber einer hierüber tringens befleissen thätte,
der soll jedesmals seinen Wein zween Tag verwirckt
haben.
Wölcher sein Gemach, Beth und Federgewandt,
auch Kleidung, nit sauber oder verwart halten oder
ausser seinem Gemach oder sonsten ein Unrath, wa-

34 Verfälschtes, verändertes vgl. Grimm, DWb 25,
Sp.2204.
35 Abgeschnittenen, vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 2841.
36 Kapuzen, weiche, herunterhängende Kopfbedeckungen,
vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 483.

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