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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0594
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Nachtrag zu Band XVI

Item, es sollen die Porten des Stipendii zu Som-
mers zeiten am Morgen umb vier Uhr auffgeschlos-
sen unnd Nachts umb neun Uhr zugeschlossen unnd
Winters zeitten morgens umb fünff und nachts umb
fünff Uhr unnd allwegen under dem Tisch71 verspert
werden. | clxxxiiia |
Item, ob einer oder mehr Stipendiaten sein Tisch
zu bestimpter zeit versaumen oder sonst ausserhalb
mit gunst des Magistri domus zu gast essen, so offt
und dick das geschehen wurdt, soll keinem sein ver-
ordneter Wein, wie bey des Pincernen officio ge-
setzt72, nachgeraicht werden.
Unnd so offt und dick einer oder mer Stipendia-
ten one erlaubnuß ausser dem Stipendio abgetret-
ten, so solle alßbald das unsern Kirchen Räthen von
den Superattendenten und Magistro domus ange-
bracht werden, darauff alßbald unsere Räth dem
Amptman, under dem er gesessen, zuschreiben sol-
len, nach sollichem abgetretnen zutrachten und in
hafftung zubringen und dasselb volgends sie, unsere
Räth, berichten, ein solchen wissen mögen nach sei-
nem verschulden und andern zum exempel zustraf-
fen und zubüssen.
Item, nach dem auch in der Behausung, die wir
zu disem Stipendio geordnet, zu den Krancken ein
sonder Stuben und Gemach verordnet, so sollen dar-
inn vier Böt mit irem Rust73 in des gemeinen Sti-
pendii kosten dahin erkaufft und erhalten werden.
So dann einer oder mehr Stipendiaten durch
schickung des Allmechtigen in ein Leibs Kranckheit
fallen und er gemeiner Kuchen74 und deren speisung
nit geleben möchte, solle sein oder derselben von des
Stipendii einkommen nach erheischung und gelegen-
heit der Kranckheit mit der speiß, wart unnd artz-
neien mit wissen der Superattendenten, Magistri
domus unnd Procuratoris gepflegt, in dem, wie jetzt
gemelt, sondern darzu Deputierten Gemach, doch
das hierinn ein maß gebraucht, damit dannocht diß
Stipendium nit überlegt werde. Wo aber die Kranck-

71 Während der Mahlzeiten.
72 Siehe oben, S. 570.
73 Ausrüstung, hier Bettzeug, Decken, Kissen, Laken etc.,
vgl. Grimm, DWb 14, Sp. 1543.
74 Küchen.
75 Verwandten.

heit so lang weren oder der morbus contagiosus, so
sollen die Superintendenten solchs iren Eltern, Vor-
mündern oder Freunden75 zuwissen machen und alß-
dann inen dieselben, in ir Cur76 zuverwarn, zustel-
len. Unnd wa es die notturfft | clxxxiiib | also erfor-
dert, haben wir unsern Kirchen Räthen bevelch ge-
thon, weß sie sich hierinn halten sollen.
Damit auch die ermbsten Studiosi, so in unser
Stipendium, als vorlaut, auffgenommen und sich
wesenlich und wol halten, dest füglicher Bücher,
Klaider und dergleichen (ausserhalb essenigs77, dann
sie im Stipendio zimbliche notturfft und kein man-
gel haben) erkauffen mögen, so soll den jhenigen,
wie wirs jederzeit verordnen werden lassen, neben
dem Tisch auch ein Quartal Gelt geraicht und mit-
getheilt werden.
Von der Election des Magistri Domus
Damit nun dise unsere Ordination und Stifftung mit
guter, reiner und fleissiger lehr, Disciplinen und an-
derm neben den vorgemelten zweien Theologen und
Superintendenten dest stattlicher und auffrichtiger
regiert, gehandelt und gehandthabt werde, Wöllen
unnd ordnen wir, das neben disen obverordneten
Superattendenten von unsern Räthen der Visitation
ein Magister, so Magister domus genannt, verord-
net unnd erhalten werde, der Magister artium und
in locis communibus Theologicis und unserer Chris-
tenlichen Confession78 verstendig und gelert und
von mehrer authoritet wegen eins gestanden alters
sey, auch an ime ein gravitet, nit weinig79, sonder
züchtigs, redlichs, erbarn wandels und wesens und
gute Gaben zulehren, zuhausen und zu regieren,
auch seine gradus, und vorab bey unser Universitet
zu Tübingen, erlangt habe unnd zu forderst auch
gern daselbst bey den studiis, fürnämlich unserm
Stipendio, zuverharren gedencke. | clxxxiiiia | Und so
offt von ermelten unsern Rhäten ein solcher Magis-

76 Cura, Pflege.
77 Essen, Lebensmittel.
78 Württembergisches Bekenntnis 1552, siehe Brecht/
Ehmer, Confessio Virtembergica.
79 Weinsüchtig, trunksüchtig.

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