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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0608
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Nachtrag zu Band XVI

42q. Ordnung für Leib- und Wundärztea
1559

Von Leibartzeten
Als bwir auchfe in unserm Fürstenthumb hin und wi-
der Personen befunden, die sich der Artzney Practic
annemen, darinnen sie nit gestudiert noch sonsten
einichen rechten, natürlichen verstand oder experi-
entz haben, also das durch solliche Artzet vil Men-
schen, sonderlich arme Leut, so die rechte Artzet
ferre halb1 nit erreichen mögen, verderbt. Damit
nun sollichem begegnet, auch bey den Spittalen, Sie-
chen- und Platterheusern die bresthafften2 Kran-
cken vermög unser Castenordnung3 ir rechte, orden-
liche und nottwendige curam haben mögen, So ist
demnach unser ernstlicher bevelch, das in unserm
Fürstenthumb alsbald sollichen unerfarnen, one ex-
aminierten und approbierten Kelberartzeten4, irer
Practic offentlich und heimlich bey unser Straffen
zuvermeiden und gäntzlichen zuenthalten, verbot-
ten und abgestrickt, und das hinfürt sollichs nie-
mants mehr, er seie dann zuvor von unsern verord-
neten examiniert und approbiert, gestattet noch zu-
gelassen werde.
Darmit aber unsere Prelaten, Landtschafft unnd
Schirmsverwandten dargegen mit guten, erfarnen

a Textvorlage (Druck): unveränderter reprographischer
Nachdruck der Erstausgabe Tübingen 1559 nach einem
Exemplar aus dem Bestand des Landeskirchlichen Ar-
chivs Stuttgart, Stuttgart 1983, fol. ccxviib-ccxixb. Ein-
gearbeitete Version: KO Württemberg 1582: UBibl
Tübingen L XIII 1b.2, p. 359-362.
b-b Fehlt KO Württemberg 1582.
c-c Fehlt KO Württemberg 1582.
d-d KO Württemberg 1582: auch gehalten.
e-e KO Württemberg 1582: solle jedem Doctor das bestimpt
Wartgelt gereicht werden.
f KO Württemberg 1582: ihnen neben.
g-g KO Württemberg 1582: zu handthieren und fail zu ha-
ben zugelassen sein.
1 Der großen Entfernung wegen.
2 Bresthaft = krank, gebrechlich.

Artzeten unnd richtigen und geschickten Appo-
deckern notturfftiglich versehen und dieselbigen de-
ster neher bey der hand haben und erlangen mögen,
Verordnen unnd befelhen wir, das allwegen durch
unsere Landthoffmeister und Kirchenräthe in un-
serm Fürstenthumb vier geschickte, gelerte und mit
der Practic wol erfarne Doctores Medicinae, näm-
lich der ein gehn Stuttgarten, als die Hauptstatt,
der ander gehn Göppingen, der dritt gehn | ccxviiia |
Calw und der viert cins Zabergewc gen Biettickheim,
und neben jedem Doctor ein geschickter Appodek-
ker, verordnet werde, alles inn massen, wie es hievor
bey unsers Herrn Vattern seligen leb- und Regie-
rungzeiten dvor seinem tödtlichen abgang bedacht
unnd zuexequiern befolhend worden5. Dargegen so
ewöllen wir gewilligt haben, jedem Doctor ein zimb-
lich Wartgelt6 der gelegenheit nach raichene unnd
darneben die Appodecker, so also an jedes ort ver-
ordnet, der gemeinen fron und wachens7 und aller
Pflegämpter frey sitzen und darnebenf iren Materia-
lien und Simplicien mit den Spetzereien ghand-
thiern und fail haben zulasseng .

3 Württembergische Kastenordnung 1552, Sehling,
EKO XVI, S. 200-222.
4 Quacksalbern, Scharlatanen, vgl. Grimm, DWb 11,
Sp. 54.
5 Die Städte Stuttgart, Göppingen, Calw und Bietigheim
waren zentrale Orte im Herzogtum Württemberg. Durch
diese Verteilung sollten die Anfahrtszeiten und -kosten
zu den Kranken gesenkt werden, vgl. Gerber, Medi-
zin, S. 2f.
6 Wartgeld = Entlohnung des Arztes für die Wart(ung)
bzw. Pflege des Kranken, vgl. Grimm, DWb 27,
Sp. 2124.
7 Mit Fron und Wachen sind die Frondienste und der
städtische Wachdienst gemeint, die grundsätzlich jeder
Bürger leisten musste und von denen nur wenige Perso-
nen ausgenommen waren, vgl. LMA IV, Sp. 986-989;
DRW 3, Sp. 966ff.; HDRG I, Sp. 1306ff.

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