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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0063
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1. Katechismus 1526

sein soll, sein glück und heyl in zeytlichem und ewi-
gem zu fördern. Aber hie ist mir weyters gebotten,
das ich das geytzigk und ungerecht hertz gantz nit
haben soll, auff das nirgents keyn füncklein oder
wurtzel des geytzs unnd ungerechtigkeit bey mir
funden werde, sonder das meyn hertz, wort unnd
werck unnd alles, das ich binn, so gantz reyn und
heylig sey von allem geytz und ungerechtigkeyt, das
ich auch nit begeren möge, meynen negsten zu be-
schedigen in allem, das er hatt und ist, ob mir
|CIIIIr| auch schon ursach unnd alle anreytzung
dartzu geben würde.
Für allenn dingen der zehen gebott halben, wer sie
anderst recht verstan wil und nit geergert werden
durch das, das in den dreyen ersten vil wort steen,
die allein uff die jüden stymmen, so muß mann all-
wegen woll mercken, das das gesatz heyligk und
geystlich ist, Rom. vii,24 und fürnemlich dienet zur
offenbarung und erkäntnuß der sünde, Rom. iii25
und vii.26
F.: Ist es auch von nöten, das ich die zehen gebott
mit so vil wortten, wie sie Got geredt hat, und wie
sie im alten Testament beschrieben stan, wisse unnd
erzellen kön, oder were es genung, das ich die kurt-
zen sommen darvon wüste, wie mann sie dann ge-
meynlich auff den Cantzeln am Sontage fürgelesen
hatt.
A.: Neyn, es ist nit genungk, dann seyttemal es
eym yeglichen vernünfftigen menschen, so da sehen,
hören unnd reden kan, möglich ist, das er die zehen
gebott lern |CIIIIv| möge mit den wortten, wie sie
beschrieben ston, als woll man sonst ander weltliche
merlin und bullidlin lern und behalten kan, so ist
billich, das eyn yeglicher Christ sie also von wort zu
wort wisse und kenn, wie sie von gott geben sein,
demnach geschriebenn stehet Deut. vi: Diesse wort,
die ich dir heut gebiete, soltu zu hertzen nemmen
und solt sie deynen kindern scherpffen und davon
reden, wann du in deinem hauß sitzest oder uff dem
24 Röm 7,12.
25 Röm 3,20.
26 Röm 7,7.
27 Dtn 6,6-9.

weg geest, wann du dich nyderlegest oder uffsteest,
unnd solt sie bindenn zum zeychen auff deynne
handt, unnd sollen dir ein denckmal für deynen aü-
gen sein, und solt sie uber deines hauß pfosten
schreyben unnd an die thor.27 Das will auch David
gleych im anfang des ersten Psalmen, als er spricht:
Der man sey seligk, der sein lust am gesatz des her-
ren hat und tag und nacht davon redet.28
F.: Seyttemall nun die zehen gebot den Jüden erst-
mals gegeben seyn und im alten Testament be-
schrieben stan, und von |CVr| Christus zeyt heer das
neuwe Testament eröffnet ist, seyn auch die Chris-
ten im neuwen Testament zu den gemelten zehen
gebotten von Gott verpflicht?
A.: Jha, sie seyn dartzu vonn Gott verpflicht
(und nicht alleyne sie, sonder das gantz menschlich
geschlecht, so vonn anfangk der weldt geweßen und
biß zu ende der weldt sein werden), dann ir eyniger
hoher priester Jesus Christus hat sie selbest gehal-
ten unnd dartzu gesprochenn, Matth. xx: Wiltu in
das leben gaen, so halt die gebott.29 Und Matth. v
saget er: Ir solt nicht wenen, das ich kommen bin,
das gesatz oder die Propheten auffzulösen. Ich bin
nit kommen auffzulösen, sondern zu erfüllen, dann
ich sage euch, warlich, biß das hymmel unnd erden
zurgeen, würdt nit zurgeen der kleynest buchstab
noch eyn tytell vom gesatz, biß das es alles ge-
schee.30
F.: Ist dirs dann auch möglich, das du die zehen
gebott (so du die verstaest) alle |CVv| sampt gehal-
ten und erfüllen magst, wie es vor Gott genugk ist?
A.: Es ist mir oder keynem menschen möglich
von angeborner, natürlichen krafft, das aller ge-
ringste gebott zu halten und zu erfüllen, wie es für
Gott genugk ist. Dieweyl ich aber glaübe in Jesum
Christum und in solchen glaüben die gebott ange-
fangen habe zethun, so wil mirs got zur gerechtik-
keyt zumessen nicht anderst, dann als ob ich die
gebot und das gantz gesatz allenthalben gehalten
28 Ps 1,2.
29 Mt 19,17.
30 Mt 5,17-18.

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