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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0119
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5. Kirchenordnung 1569

vermant wurden, wie dan solchs in anderen stetten
und fläcken löblich und preuchlich ist, und das sel-
big könth man für die arme schuler und andere arme
leut geprauchen. Es sollen auch zu einsegnung der
hochzeit die schuler zugegen sein und zu eingang
und außgang der hochzeittleut die psalmen, so dar-
zu dienlich und vom predicanten angezaigt und ge-
ordnet werden, singen, wie auch an geringern ortten
gehaltten württ. |5v|
Von den hailigen sacramenten und
erstlich von dem tauff.
Wiewol die menschen von natur und artt kinder des
zorns, wie der apostel sagt,17 in sünden empfangen
und geporen werden und der sünden halb in ewig-
kaitt fur gott verdampt hätten sein müssen,18 dan
der verdamnus ainige ursach ist die sündt, der sünd
belonung aber ist der todt,19 welcher umb der sünd
willen in die weltt iber alle menschen komen ist, so
hatt sich doch gott, unser lieber, getrewer vatter,
auß großer barmhertzigkait iber unß alle gnedigc-
lich erbarmet und seinen willen dem menschlichen
geschlecht, baide in dem wortt und sacramenten,
zum hail geoffenparet. Wie wol aber gotes wort
unnd seine verhaißungen one alle widered ware und
gewiss seind, in welchen sein außgetruckter will
gnugsam angezaigt ist und darin auch der mensch
kein zweifel setzen dörffte, so sieht doch gott selbs
unser schwachait und verdörpt natur vil an, das die
selb nit volkomenlich, wie sy billich solte, trawen
und glauben kan, setzt alzeit zweifel in got und in
sein hailig wortt. Darmitt aber der mensch nit gar
verdurbe, sonder grundtlich und satten verstandt
gottes gnädigen willen gegen im hätte, so gibt gott
sein wort nit ploss, darmit in solches kein zweifel
möcht gesetzt werden, sonder höfftet daran sicht-
parliche und seiner gnad vergwisungs zaichen, uf
das, was er mit wortten zugesagt, durch sichtparli-
che zeichen darraiche.

α Gen 9 [12f.].
β Gen 17 [10].
γ Exod 13 [17-22].
δ Jud 6 [Ri 6,33-40].

Und were gleichwol nit von nöten geweßt, durch
eusserliche sacramenta mit unß zu handlen, wa der
mensch volkomen in seiner natur gepliben. Dan der
mensch, sagt Augustinus, vor der sünd sahe got,
verstund in auch und trawet im, nach abfürung aber
der schlangen kund der mensch gott nit kennen, die-
weil er auß seiner volkomenhait geschritten, es were
dan, das got im hülffe durch ain mitelding, dardurch
er, got zu glauben, geraitzt wurde. Also handelt got
mit Noe durch den regenbogen,α mitt Abraham
durch die beschneidung an der vorhaut,β mit Mose
und dem volck Israel durch die wolckenseul des tags
und feurseulen des nachts,γ mit Gedeone durch das
fehl20 auf dem thön21,δ wölchs alles waren warzai-
chen und vergwisungen gotes gegen inen.
Diewil dan auch grosse und onermässliche zusagun-
gen unß under dem reich Christi im newen tes-
ta[ment] versprochen seind, welche unsern glauben
stercken und uns des willen gotes erinnern, wir aber
gleicher gestalt geprächlich und verdorpter natur
wie die vätter im altten test[ament], so hatt gott
auß großer barmhertzigkait, durch Christum, sein
lieben son, unserer plödigkeit, durch eusserliche sac-
ramenta und sichtparliche zaichen helffen lassen
umb keiner anderer ursach willen, dan das durch die
krafft solicher eusserlichen und sichtparlichen in go-
tes wortt gegründten zaichen unser zweiffelhafftiger
und schwacher glaub an gotes verhaißung gesterckt
wurd und wir also gesterckt und vergwiset, das, so
offt wir uns der sacramenten in rechtem glauben ge-
prauchen, sterckung desselben haben könden und
auch den nutz der verhaißung erlangen.
Und nach dem Christus, unser herr und erlöser, nit
allein den juden, sonder auch den haiden die erb-
schafft himlischer güter durch sein wortt verhaissen
und versprochen, wolt er sy nit an ploßen wortten
hangen laßen, sonder zu versicherung solcher ver-
heißungen setzt er ein den h. tauff und das h. abent-

17 Eph 2,3.
18 Röm 4,23.
19 Röm 6,23.
20 Fell, Wolle.
21 Tenne.

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