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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0461
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13. Kirchenordnung 1590

4. Wann Kauff, Tausch oder andere dergleichen
Contract beschlossen und beschrieben, soll man
Käuffer und Verkäuffer mit auffgesetzten Büchsen
vermahnen, daß sie auch in den Gottes Kasten et-
was geben wöllen.
5. Also auch in Erbfällen, wann Theilung der Erb-
schafft fürgenommen, sollen jederzeit die Büchsen
auffgesetzt und eine Gottes Gabe für die Armen von
den Erben gebetten werden.
6. Zum sechsten sollen die Pastores und Kirchendie-
ner Krancke und besonders Reiche und vermögliche
Personen mit gutem Glimpff und Bescheidenheit
vermahnen, daß sie zu Unterhaltung der Armen von
ihrer Verlassenschafft etwas verordnen wolten.
7. Zum siebenden, wann Leichpredigten gehalten,
soll allweg ein Becken gesetzt werden an das Ort, da
die Leut füruber gehn, welche die Leich beleitet,
und durch den Pfarrherrn allzeit fleissig vermah-
|207| net werden, daß den Armen eine Gabe von ih-
nen gegeben werde, etc.
Nachdem auch viel Leut auß frembden Ortern in
den Städten herumb gehn und mit Erläubniß, biß-
weilen auch wol ohne dieselbige, in alle Häuser krie-
chen, das Allmosen zu sammlen, darunter etliche
funden werden, die falsche Brieff umbtragen oder
die vor viel Jahren gegeben und [nicht] verneuwert
seyn, darunter etliche, wann sie lang im Landt seyn
herumb gestriechen und gnug gebettelt haben, ver-
kauffen solche Vorschrifften anderen Streichern, die
auch darauff betteln, und wirdt also durch solchen
mannigfältigen Betrug dem gemeinen Allmosen
Kasten viel abgezogen.
Solches zuverhüten, sollen unsere Beampten wie
auch die Burgmeister und Schuldtheissen in den
Städten auff die jenigen, so anders woher Brieff
bringen und umb Erläubniß bitten, die Allmosen zu-
sammlen, gut Achtung geben und fleissig nachfor-
schen, woher sie kommen und der Brieff und Siegel
wol wahrnemmen, daß sie damit nicht betrogen wer-
den.

Da sie nun Brieff unnd Siegel und andere Kundt-
schafften recht befunden, sollen sie gleichwol |208|
einen Unterscheid machen zwischen denen, so mit
Feuwer oder andern Landtschaden umb alle ihre
Haab und Güter kommen seyn.
Die für sich selbest samlen, sollen die Bürgermeister
oder Schuldtheissen in Städten zu den Kastenmeis-
tern weisen, daß ihnen nach Gelegenheit deß Scha-
dens eine Eleemosina auß dem gemeinen Kasten ge-
geben von etzlichen Weißpfenningen und sie damit
abgewisen neben Vermeldung der Leibsstraff, so sie
darüber in die Häuser gehen und betteln wurden,
damit also die Bürger weiter von inen nit beschwe-
ret werden.
Damit aber der gemeine Kasten solche Eleemo-
sinas ertragen könne, soll man im Jar einen tag dar-
zu nemmen, die Kastenmeister herumb schicken
und in den Häusern darzu samlen lassen mit vorge-
hender Erinnerung und Vermahnung deß Volcks von
der Cantzel, daß solches ersamlet Gelt solle dahin
gewendet werden, daß die Armen, denen bißhero
Kranckheit halber in die Häuser zu gehen erläubet
were worden, solten damit gestillet und abgewiesen
und die Bürgerschafft solches vielfaltigen Uberlauffs
uberhaben werden, so würde jederman, deme solch
täglich Uberlauffen beschwerlich ist, gern und willig
etwas darzu geben. |209|
Solch Gelt sollen nachmals die Kastenmeister
frembden gebrechlichen Leuten mit Vorwissen deß
Pfarrhern und Burgmeisters nach Gelegenheit deß
Schadens trewlich und miltiglich außtheilen und
järlichs in einem besondern Register verrechnen mit
Verzeichniß der Namen deß Orts und Zeit, da sol-
ches ist gegeben worden.
Denen Armen aber, so durch Feuwers Noht oder
andere erschreckliche Fäll umb ire Nahrung kom-
men seyn und dessen gute warhafftige Zeugniß fur-
legen können und zuvor an dem Ort nit gesamlet
haben, denen mag man ein sonderlich schrifftlich
Bekändtniß mittheilen und erläuben, in allen Häu-
sern das Allmosen zu samlen. Und sollen zuvor die
Pfarrhern auff der Cantzel solche Noht der Armen
Leut verkündigen und die Zuhörer vermahnen, inen

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