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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0080

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66 Die vier geistlichen Gebiete Merseburg, Meissen,
denen alleine das almosen1) geben soll, die sich2)
redlich und wol gehalten haben, und zuefoderst
wahre mitgenossen des christlichen glaubens sein,
zue den Galath. am 6. So soll man nun hinfurder
ein aufsehen haben, das man niemand das almosen
gebe, oder in die spital aufnehme, es sein dan
mitbürgere oder unter einem erbarn rathe ge-
sessene leute, oder die sonst bei den burgern an
ihren dienst durch krankheit verarmet sein, dan
eine jede christliche gemeine ihre armen zuvor-
sorgen schuldig ist, damit sie dann auch genug
zueschaffen hat. Darzue soll man auch nicht einen
jeden leichtfertigen und unglaubigen menschen,
der sein leben unordentlich zuebracht hat, von
dem gemeinem casten ernehren, besondern allein
die jenigen, welche von menniglich zeugnus haben,
das sie alle ihre tage gottes wort gerne und vleissig
gehöret, in ihrem beruf treulich und vleissig ge-
arbeitet und das ihre nicht unordentlich oder ubel
zuebracht haben, auch in keinem bösen geschrei
als saufens, spielens, diebstal, hurerei oder der-
gleichen gewesen, besondern die ihnen es allezeit
haben sauer lassen werden, und etwan aus sonder-
lichen götlichen verhengnus durch krankheit oder
andern verfall3) in ihr armuth gefallen sein, damit
dem dienstvolke, tagelöhnern oder andern leicht-
fertigen leuten zue ihrer fauligkeit und unordent-
lichen wesen nicht ursach gegeben werde.
Welches der pfarrer also offentlich auf der
canzel im jar ezlich mal vormelden und vorkundigen
soll, so soll es ein erbar rath auch in ein statutum
vorfassen und den castenherrn uberantworten, die
es mit vorwissen und erlaubnus des pfarrern durch
den kirchner an einer tafel alle drei hohefest im
jar, als weinachten, ostern und pfingsten an zwo
kirchthuer sollen hangen lassen, auf das hinfurder
niemand, der das seine zuvorn es sei gut oder
gesundheit ubel zuebracht hette, sich mit seiner
unwissenheit zuentschuldigen oder des gemeinen
casten zuvortrösten habe, besondern allein die
frommen treuen arbeiter und christen, welche den
trost bei einer christlichen gemeine allein haben
sollen, das sie in ihrem armuth und alter nicht
vorlassen sein, auf das das gemeine almosen als-
dan so viel desto bass angelegt und unartigem
leben ein wenig gesteuert und die rechten armen
desto bass versorget mögen werden.
Von testamenten und donationibus.
So sich aber zuetragen würde, das etzliche
fromme leute, durch das heilige götliche wort er-
leuchtet , umb gottes wegen den armen leuten
entweder an ihrem letzten ende oder sonst an

1) Dresden: das almosen alleine.
2) Dresden: so.
3) Dresden: ander unfall.

Naumburg-Zeitz, Wurzen. III. Naumburg-Zeitz.
ihrem leben freiwillig und gerne ichtes bescheiden
stiften oder geben wurden, dasselbe sollen die
zweene oberste castenherrn einnehmen und be-
rechnen, und alles in ein sonder register vorfassen,
darvon hausarmen und handwergsleuten helfen
und rathen, also das wo derselbigen fromme und
redliche leute befunden wurden, die ihr hand-
werg gerne treiben wollten, und es doch nicht zu-
vorlegen hetten, denselben nach gelegenheit ihres
wandels darvon leihen, keine zinse noch wucher
ader ichtes von ihnen nehmen. Jedoch das sie
die heubtsum1) zue bequemen tagzeiten und fristen
wiedergeben, auf das man auch andern armen
leuten oder ihnen selbst, wo sie es wieder be-
dürfen und zuvor glauben gehalten hetten, auf
ein andermal auch wiederumb davon helfen und
leihen könte, doch bescheidlich ob einer etwan
einmal die heubtsumma nicht gutlichen wieder
geben wurde, das er an diesem orte umb leihung
nicht mehr ansuchen dürfe, und gleichwol nichts
desto minder durchs regiment zur zahlung so ferne
er es vermöchte, mit ernst gehalten werden soll.
Wo aber jemand eine stiftung oder gabung in
seinem testament oder sonst zue einem besondern
ort bescheiden oder gegeben, und dasselbe warzue
er lust hette, vormelden und ausdrücken wurde,
es were zue den spitaln, zuerhaltung2) des ge-
beudes der kirchen oder der kirchendiener, des
predigstuls oder anders, das solches in eines jeden
gefallen und letzten willen stehen, durch die
castenherrn angelegt in seinen ordentlichen titel
gebracht und in der rechnung vorrechnet und
also eines jeden lezter will unvorruckt gehalten
werden soll.
Von innungen und zonften der hand-
werker.
Dieweil auch vor zeiten ein jedes handwerk
seine innung oder zunft gehabt, mit denen es von
den alten also geordnet worden, das etlich ge-
rechtigkeit oder geld, so von den lehrjungen,
neuen meistern, oder von denen so uf ihren hand-
wergen gestraft worden sein, gefallen, in die
kirchen zue aufenthaltung des gottesdiensts frei-
willig gegeben worden ist, darzue dan auch bis-
weilen von andern frommen leuten stiftung ge-
schehen sein, alles darumb, das der gottesdienst
in der kirchen desto ehrlicher und bass gehalten
werden und got alsdan wiederumb auch desto
gnediger uber ihrem ganzen handwerg halten
möchte; dieweiln dan nun solches eine rechte gute
meinung der alten gewesen ist, die es zue gottes
lob geordnet und gestiftet haben, und nun aber
durch das heilige evangelium offenbar worden,

1) Dresden: hauptsumma.
2) Dresden: zu erhalten.
 
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