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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0223

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40. Gräfliche mansfeldische geistliche consistorial ordnung. Anno 1586.

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wohnet, einander verlassen hetten, allein1) dass
hierin dieser unterschied gehalten,
12. Wann der mann aus nothwendigen er-
heblichen ursachen mit vorwissen seines ehe-
weibes aussen, ob gleich kein oder eine2) gewisse
zeit, zur wiederkunft bestimmet were, so soll sie
seines wiederkommens ohne unterschied erwarten,
es vierziehe sich gleich so lange als es wolle, es
käme den glaubhafte3) kundschaft ein, dass er
verstorben were;
13. Hette er aber sein weib oder sie ihme
muthwillig verlassen, ohne erhebliche nothwendige
und bewegliche ursachen, und weren keine schrift-
liche oder mündliche kundschaften einkommen,
wo er oder sie sich aufhielten und man sich seiner
oder ihrer wiederkunft zugetrösten, so soll der an-
wesende theil nach verfliessunge dreier jahre,
von zeit der desertion an zu rechnen, bei unsern
consistorio ümb citation wie obgemeldt ansuchen,
die soll ihme auch erkennet und mitgetheilet
werden, und darauf gleicherweise, wie im vor-
gesezten fällen, procediret, verfahren und geurtheilet
werden. Und nach dem der ehefälle fast unzehlig
viel seind, und täglich derselbigen mehr, auch
wunderlich und selzam fürfallen, also, dass nicht
wohl müglich, dass sie alle mit gesezen solten
können gefasset werden, wo der einer oder mehr
sich zutragen möchten, sollen unsere consistoriales
in entscheidunge derselben sich nach dem be-
schriebenen rechten und gebräuchen anderer con-
sistorien und rathschlägen verstendiger theologen
und anderer gelehrten, wo dieselbigen verhanden
sind, richten, auch wo es noth ist, bei andern
consistoriis oder hohen schulen sich raths und
rechtens erholen.
Das zehende capitel.
Von christlichen bann und kirchen
strafen.
Nach dem der theuere und hocherleuchte
mann gottes Lutherus für nothwendig erachtet,
dass nach gestalt dieser jezigen lezten argen welt
der bann und kirchen strafe, wo sie gefallen sind,
mit allem ernst und fleiss wieder erhoben und an-
gerichtet werden sollen, ist vielmehr nothwendig
und billig, dass sie in unserer grafschaft kirchen,
darinnen sie vom anfang her nun Adel jahr ge-
breuchlich und in schwang gewesen, zu stiftung
und erhaltunge christlicher zucht auch ferner mit
fleiss erhalten und auf die nachkommen gebracht
werde.
1. Und soll den leuten oft und mit allem
fleiss eingebildet werden, dass der bann kein neu
1) E.: „allein — gehalten“ fehlt.
2) E. : aussen were, ob keine, oder auch eine.
3) E.: gläubiger dinge.
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II.

menschen fündlein, sondern gottes befehl und
ordnunge sei und guten bestendigen grund in h.
schrift beides in alten und neuen testament habe,
sonderlich aber in den worten Christi, vom ampt
und gewalt der schlüssel Matth. 16, 18, Joh. 20.
2. Weil demnach1) auch die alten weiland
den bann nicht ohne sondere erhebliche ursachen
haben pflegen zu theilen, und distinguiren in
excommunicationem minorem et majorem, welche
distinction auch zu unser zeit der liebe mann
gottes2) d. Luther, herr Philippus Melanchthon
und andere vornehme lehrer in guter acht haben
und brauchen, soll derselbige unterschied auch
nicht allein ümb des exempels willen dieser vor-
trefflicher männer, sondern auch wegen anderer
erheblichen ursachen behalten3) werden.
3. Durch den kleinen bann wird verstanden
die gewalt, da erstlich ein kirchen diener einen
unbussfertigen sünder, der auf gnugsame er-
innerunge und verwarnunge seine sünde nicht
erkennet, busse thun noch besserunge zusagen
will, die absolution oder das heilige nachtmahl
versaget, ihn auch nicht zu dem christlichen werke
der gevatterschaft zulesset, sondern suspendiret
und weiset ihn davon so lange abe, bis er busse
thuet und sich bekehret.
Fürs andere, oder wenn ihme sonst ein schwerer
casus und fall in der beichte vorkäme, den4) er
nicht gnugsam verstünde, sondern zweifelte dass
er darinnen rathen, oder wie er sich mit der ab-
solution oder sonsten einer solchen person halten
solte, dass er ein solch pfarr kind so lange
freindlich und bescheidentlich abweisen und auf-
halten mag und soll, bis er das consistorium,
superattendenten, oder in mangel dessen sonst
einen gelahrten geübten und erfahrnen collegen
vertraulichen und als berichtsweise zu rathe ziehen
kan, damit er sich nicht übereile, und weder
seinen eigenen gewissen, noch dem der rath bei
ihm suchet zu nachtheil handele, dahero dann
auch diese excommunicatio minor, suspensio und
separatio genennet wird.
4. Die excommunicationem majorem aber
nennen und verstehen wir von den actis5), wenn man
einen öffentlichen bekanten unbussfertigen sünder,
wenn er nach anweisunge unsers lieben herrn
Christi Matth 18 gnugsam erinnert oder ver-
mahnet ist, solenniter und öffentlich von der christ-
lichen gemeine ausschlüst, das er von allen andern
christen als ein abgeschnitten glid der kirchen
und für einen heiden und zöllner, bis er busse
thue und sich bekere, gehalten und mit aller ge-
meinschaft vermieden werde.

1) E.: nachdem. 2) E.: „der liebe mann
gottes“ fehlt. 3) E.: erhalten. 4) E.:
„den — zweifelte“ fehlt. 5) E.: dem actu.
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