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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0275

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Stift und Stadt Quedlinburg.

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zu den Bestrebungen des Vaters der regierenden Fürstäbtissin Anna, des Grafen Botho von Stolberg.
Namentlich seit 1539, dem Tode Herzog Georg’s von Sachsen, nahm die Reformation einen
raschen Fortgang. Graf Botho zu Stolberg entsandte seinen Superintendenten, Tileman Platner,
zur Durchführung des neuen Kirchenwesens. Die Äbtissin besetzte die Kirchen mit evangelischen
Predigern, richtete ein Consistorium ein und einen Gotteskasten. Von dieser Äbtissin rührt die
erste Kirchen-Ordnung von 1539 her (1602 liess Äbtissin Marie eine Vermehrung derselben
publiciren). — So weit Kettner S. 127, 215.
Und Lorenz berichtet auf Grund Quedlinburger Quellen, dass die Gräfin Anna alsbald
nach dem Tode Georg’s von Sachsen 1539 beschlossen habe, ein neues „Pauerding“, d. h. eine
Verordnung zu erlassen, um sowohl die Reformation einzuführen, als auch die bürger-
lichen Verhältnisse neu zu regeln. Zu diesem Zwecke liess sie sich von einem „Ausschusse
der drei pfarren der Altstadt“, d. h. den Gemeindeältesten, ein Gutachten erstatten. Dieses Gut-
achten von 1540 betonte vor Allem die Nothwendigkeit einer Ordnung für den Gottesdienst und
für die Spendung der Sakramente, der Errichtung eines grossen Gotteskastens, aus welchem Geist-
liche und Lehrer zu besolden seien, der Einführung einer allgemeinen Kirchensteuer (4 Pfennig
vierteljährlich von allen Erwachsenen, bis der Gotteskasten ein gewisses Grundkapital aufzu-
weisen habe) sowie einer Schul-Ordnung. Die weiteren Punkte betrafen rein bürgerliche Angelegen-
heiten. Die Äbtissin kam diesen Wünschen nach. Sie stellte eine Kirchen-Ordnung auf. Diese
ist leider nicht aufzufinden, doch ist höchst wahrscheinlich die noch vorhandene Kirchen-Ordnung
von 1627 eine Überarbeitung derselben. (So Lorenz, a. a. O. S. 11.) Die bürgerlichen Ver-
hältnisse regelte die Fürstin in der Reformations-Ordnung vom 15. September 1541 und in der
daraus gezogenen Polizei-Ordnung von 1549. — Soweit Lorenz.
Im Gegensatze hierzu belehren uns die Akten des Dredener Archivs, dass die Äbtissin
und der Magistrat der Reformirung energischen Widerstand entgegenstellten. So berichtet auch
Burkhardt, Visitationen, S. 276. In Wahrheit richtete sich der Widerstand der Äbtissin
nicht gegen die Reformation an sich, sondern vielmehr gegen das Einschreiten des Erbvogtes
und seiner Visitatoren, welches sie als einen Eingriff in ihre Landeshoheit empfand. Und unter
diesem Gesichtspunkt betrachtet, auf welchen speciell der ausgezeichnete Kenner der Stolberger
Geschichte, Professor Jacobs in Wernigerode, hinwies, löst sich der Zwiespalt der Nachrichten.
Dass die Äbtissin keine Gegnerin der Reformation war, erhellt schon aus Folgendem: Tile-
mann Platner, der Reformator Stolberg’s, diente der Fürstäbtissin Anna schon im Jahre 1535
als stiftischer Rath. Vgl. Jacobs, in: Zeitschr. des Harzvereins 34 (1902), S. 165. Stifts-
hauptmann war seit 1535 Graf Ulrich von Regenstein, der bald darauf der neuen Lehre ge-
wonnen wurde. (Vgl. unter Regenstein.)
Auch bei Gelegenheit der zweiten Visitation Herzog Heinrich’s versuchten die sächsischen
Visitatoren im Schutzgebiete, dem Stifte und der Stadt Quedlinburg, zu visitiren. Sie stiessen
wiederum auf den heftigsten Widerstand der Äbtissin und des Rathes. Letzterer gab schliesslich
den Visitatoren nach, versuchte sogar zwischen diesen und der Äbtissin zu vermitteln. (Vgl.
Dresden, H.St.A., Loc. 10 594, Bl. 361 ff. Vgl. auch Magdeburger Staatsarchiv, A. 59, A. 1022,
Bl. 325 ff.) Die Äbtissin verblieb jedoch in ihrer ablehnenden Haltung (Burkhardt, S. 276).
Für die Stadt erliessen die Visitatoren eine Ordnung, welche hier erstmalig aus Dresden,
H.St.A., Loc. 10 594, Registr. der Klöster, Bl. 350 ff., und Magdeburger Staatsarchiv, A. 59,
A. 1022, Bl. 325 ff. zum Abdruck gelangt. (Nr. 44.)
Ob dieses die von Kettner und Lorenz der Äbtissin zugeschriebene Kirchen-Ordnung
von 1539 bezw. 1540 ist, oder ob diese noch eine besondere Ordnung erlassen hat, ist nicht
zu entscheiden, da weitere Quellen nicht zu Gebote stehen.
Die Streitigkeiten mit Sachsen wurden endlich beigelegt. Wie Kettner, a. a. O.
S. 123 ff. berichtet, hatte die Äbtissin in dem Grundrecesse vom 17. August 1574 (welcher 1685
 
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