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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0318

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304

Die Grafschaft Henneberg.

Und begiesse es also bald dreimal mit dem
wasser, also das die drei wort und giessen allwege
zugleich mit einander geschehen, und gebe so
bald dem gevatter das kindlein wider und spreche:
Der barmherzige gott und vater unsers herrn
Jesu Christi, der dich anderweit geborn, durchs
wasser und heiligen geist und dir alle deine
sünde vergeben hat, erhalte und sterke dich mit
seiner gnaden zum ewigen leben, amen.
Darnach gebe der gevatter der ammen das
kind wider, und ermane der pfarrherr das volk
zur danksagung und dem gebet, wie volget:
Ihr geliebten in Christo, dieweil der all-
mechtige gott dis kindlein zur taufe unsers herrn
Jesu Christi gnediglich kommen lassen, wollen
wir ihm auch dafur von herzen dank sagen und
bitten, das er im dasselbige in allen gnaden be-
fohlen sein lassen wolle, und sprechet demnach also :
Allmechtiger ewiger gott, wir sagen dir lob,
ehr und dank, das du deine kirchen so gnedig-
lich erheltest und mehrest, und diesem kindlein
verliehen hast, das es durch die heilige taufe
widergeborn und deinem lieben son unserm
einigen heiland Christo eingeleibet, dein kind und
erbe deiner himlischen güter worden ist. Wir
bitten dich demütiglich, du wollest dis kindlein,
so numehr dein kind ist, bei solcher empfangenen
gutthat gnediglich bewaren, darmit es nach allem
deinem wolgefallen, zu lob und preis deines
heiligen namens, ufs treulichst und gottseligste
auferzogen werde, und endlich das versprochene
erbteil im himel mit allen heiligen empfahen
möge, durch Jesum Christum unsern herrn, amen.
Nach vollendung dieses gebets sol der minister
die gevattern ermanen, also sagende:
Euch gevattern aber ermane ich hiermit, do
diesem kindlein, ehe es zu seinem verstand keme,
seine eltern abgehen, oder ir eltern ampt an dem-
selbigen nicht gottselig und ihren pflichten nach
uben und ausrichten würden, das ihr euch dessen
aus christlicher liebe, soviel euch nach gelegen-
heit immer müglichen, mit allen christlichen
treuen ferner annemen, es mit dem heiligen cate-
chismo notdürftiglich unterrichten, zu gottes wort
ziehen, desgleichen vom bösen ab und zum guten
anhalten wollet, auf das es in rechter erkentnis,
anrufung und furcht gottes aufwachsen und letzt-
lich das ende des glaubens, nemlich der seelen
seligkeit, sampt uns allen, davon bringen möge.
Daran geschicht dem ewigen son gottes, dessen
glied nu dis kind ist, zu schuldigem dinst und
wolgefallen, der euch und allen denen, die diesem
jetzt eingepflanztem neuen himmelsbürger, als
einem mitbeerbten aller auserwelten engel und
heiligen gottes, liebs und guts thun werden,

solches hie zeitlich, und dort in jener welt, ewig-
lich zuvergelten verheisset.
Wir halten auch fur gut, wenn ein kindlein
umb die zeit, da man prediget, zu teufen ver-
handen, das der pfarrherr hiervon auf der canzel
meldung thue, und die zuhörer, solchem göttlichen
werk beizuwonen, erinnere, und teufe es als denn
uf beschehene communion, oder nach mittags nach
dem catechismo, ehe man mit der gemeinen collecten
beschleust.
Wie wir denn auch ferner fur nützlich er-
achten, das so ausserhalb der predigt oder kirchen-
versamlung ein kind getauft werden solle, so bald
der pfarrherr ersucht, und eine gewise zeit zum
teufen ernennet, zuvor ein zeichen mit einer
glocken gegeben, damit andere leute, so zu diesem
hohen werk der taufe auf Christi befehl komen
wollen, sich hinzu zu finden dardurch ermanet
werden.
Auf den fall aber, do ein kind zur taufe ge-
tragen würde, das schwach were, sollen die pre-
diger ohne alle ceremonien, soviel immer müglich,
mit dem gebet zur taufe eilen, und nach der taufe,
wenn das kind lebend bleibet, die andern cere-
monien gebrauchen, wie hernach bei der nottaufe
versehung geschehen.
Vom exorcismo.
Den exorcismum oder beschwerung des bösen
geistes anlangende, lassen wir wol dieselbige in
rechtem gesunden verstande fur ein bekentnis,
oder wie etliche wollen, fur eine art eines gebets,
bei iren wirden bleiben, verweisen es auch niemand,
der solche beschwerung aus christlicher freiheit,
so wol als dieselbige auch aus gleicher freiheit
unterlassen und abgethan werden mag, im brauch
behelt. Doch haben wir unsers orts, als an das
babstumb grenzend, im werk befunden, das solche
bei den leuten oftmals in aberglauben und miss-
brauch gedeien wollen.
Und dieweil es denn ein cerimonia, welche
zumal in dieser forma, wie etwa dergleichen mehr
aus dem babstumb herkomen, die aber fur sich
und an sich selbsten gar keine besondere wirkung,
ausser dem jenigen, was die heilige taufe auch
ohne das mit sich bringet, erweiset und ausrichtet,
als ist dieselbige in vorgeschriebener action der
heiligen taufe unterlassen und dahin geschlossen
worden, das solche beschwerung noch ein zeit-
weile, darmit der gemeine mann der gelegenheit
derhalben desto besser und gründlicher in den
predigten unterrichtet, und als denn soviel mehr
ohne ergernus abgethan und unterlassen werden
möge, tolerirt und zugebrauchen nachgelassen
werden solle, jedoch an denen orten unserer
fürstlichen grafschaft allein, do dieselbige noch
 
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