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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0324

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Die Grafschaft Henneberg.

Von der mittags predigt, wie die auf
die vier hohe fest und die sontage ge-
halten werden sol.
Anfenglich soll, wie am sontag früe geordnet,
zum drittenmal geleutet werden, und dann auf die
hohe fest, als weinachten, das deutsche grates
nunc omnes, und, Gelobet seistu Jesu Christ, bis
ohngefehrlich umb purificationis, von dem sontage
nach purificationis an, das deutsche Nunc dimittis,
bis auf die fasten; durch die fasten bis auf ostern
Christe der du bist tag und licht; von ostern bis
zum auffarts tage Also heilig ist der tag, oder
Christ ist erstanden, oder Christ lag in todes
banden; vom auffarts tage an bis uf pfingsten,
Christ fuhr gen himel; von pfingsten an, vom
heiligen geist, bis aufs advent; im advent bis auf
weinachten, Nu kom der heiden heiland, alle son-
tage nach mittage auf der orgel, wo die verhanden,
geschlagen und darauf eben dasselbe als balden
figuriret, als dann das magnificat durch den cantor
und chor mit der ganzen gemeine gesungen werden.
Wo aber kein orgel und man doch figuriren kan,
sol der cantor obberürte gesenge nach der ordnung
figuriren. Im fall aber auch zum figuriren nicht
gelegenheit, als denn eben diese vorermelte ge-
senge zum anfang, und nachmals der chor, zu
sampt der ganzen gemeine, das deutsch magnificat,
wie auch hievor gemeldet, darauf singen.
Hiernach sol der predicant auf den predig-
stuel gehen, das volk, wie auch oben gemeldet,
mit lauten verstendlichen worten zum gebet er-
manen, das vater unser bei sich, und ein jedes
auch fur sich, in geheim beten.
Nach gesprochenem vater unser, auf die vier
hohe fest, wann gleich nativitatis auf einen sontag
gefiele, eine predigt von der historien, nach der
zeit, thun. Auf die gemeinen sontag aber, do
man in der mittags predigt mit dem catechismo
zu thun, sol er, der prediger, nach dem magni-
ficat auf die canzel treten, und das volk, wie oben
vermeldet, zum gebet ermanen, nachmals die sechs
heuptstücke der christlichen lehre, wie sie im
kleinen catechismo Lutheri zu befinden, nach dem
text allein deutlich erzelen, fürter von den sechs
heuptstücken oder der haustafel des catechismi
das stück, so von den knaben und der gemeinen
jugend recitiret und aufgesagt werden sol, durch
die predigt erkleren, soviel ohngefehrlich in einer
halben stunde geschehen mag.
Nach volendter predigt das volk mit einer
kurzen vermanung, ohngefehrlich folgender form,
fur alle not und stende dor christlichen kirchen
zum gebet ermanen und als dann mit dem vater
unser beschliessen.

Forma des gemeinen gebets, nach der
mitags predigt.
Geliebten in Christo, weil wir alle glieder
eines leibs sind, welcher heupt Christus ist, so
sol je ein glied des andern sich herzlich annemen
und fur dasselbige vorbitte thun, als wollen wir
demnach, vermöge Christi befehl, von herzen
bitten:
Erstlich, das der barmherzige fromme vater
unsers herrn Jesu Christi seine heilige kirche
mit ihren dienern und gliedmassen, bei der rechten
reinen lehre seines göttlichen worts, dardurch der
glaube gesterket und die liebe gegen gott und
dem menschen in uns zuneme und wachse, er-
halten wolle.
Zum andern, das der liebe gott aller christ-
lichen obrigkeit fried und einigkeit, in sonderheit
aber unserm gnedigen lieben landsfürsten, und
s. f. g. gemahlin, auch dero beiderseits blut und
andern angewandten, langwirige gesundheit, auch
allerlei wolfart und segen an leib und seele, hie
zeitlich und dort ewiglich verleihen, desgleichen
ihrer f. g. hof räten und beampten und was zum
regiment gehöret, die unterthanen nach gottes
willen wol zu regieren, gerechtigkeit zu befördern
und die bosheit abzuschaffen und zu strafen, ver-
stand und vermögen geben und darreichen wolle,
darmit die unterthanen in stille und ruhe ir leben
unter ihnen seliglich zubringen mögen.
Zum dritten, so wolle auch der liebe gott
den unterthanen gegen irer von gott geordneter
obrigkeit ein gehorsames herz, derselbigen willig
und gern zu dienen und zu folgen, verleihen.
Zum vierden, wolle der getreue gott alle die,
so in trübsal, armut oder krankheit ligen, item
die schwangers leibs sind, sampt irer frucht, und
die so in kindsbanden oder nöten, gnediglich
segnen, auch die so in anfechtungen sind und
umb der warheit willen verfolgung leiden, mit dem
heiligen geist trösten, auf das sie seinen heiligen
willen erkennen, zur seligkeit und ewigem leben
erhalten werden.
Zum fünften, so wolle der liebe gott die früchte
auf dem lande, zu leiblicher notdurft und unter-
haltung gehörig, mit bescherung gutes gesunden
zeitigen wetters, ihm in gnaden befohlen sein,
dieselbige fruchtbarlich geraten und gedeien lassen.
Zum sechsten, wolle auch der allmechtige
gott unsere widersacher bekeren, das sie von irr-
tumb und verfolgung ablassen, sich mit uns christ-
lich vereinigen, und durch den glauben an den
herrn Christum zugleich mit uns selig werden.
Und in summa, der liebe gott wolle alles, so
uns beschwerlich anliegt, gnediglich wenden, und
was uns sonsten von nöten, durch das bitter leiden
und sterben unsers herrn und heilands Jesu Christi,
verleihen und geben, amen.
 
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