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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0484

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Das Bisthum Halberstadt.

Ob auch einer uf den andern in der kirchen
oder sonsten schelte oder steche?
Ob in der stadt oder kirchspiele personen
sein, die in öffentlichen sünden leben, als in todt-
schlege, ehebruch, unehrlicher beiwohnung oder
anderer unzucht, diebstahl, abgotterei, zaubere oder
anderer gotteslesterung in verachtung der predigt
und der heilsamen sacramenten, in wucher?
Ob etzliche ihren seelsorger schenden, oder
pochen, ihren eltern umgehorsamb sein, oder die-
selben schlagen?
Ob etzliche eheleute von einander gelaufen
oder sonst in uneinigkeit leben?
Da nun jemand ruchlos oder ergerlich be-
funden, demselben sollen unsere visitatores zur
besserung ernstlich vermahnen, und dem pfarhern
bevehlen, auf die leute ferner zu sehen, auch die
pfarleute zu sagen lassen, das sie als christen
sich erzeigen, und ihrem selsorger folgen wollen.
Es soll auch an einem iglichen orte den ge-
richtshalter angezeiget werden, das er ihme be-
vohlen sein lassen solle, neben dem pfarherrn,
und kirchendienern, gottes ehre und erbauung der
christenheit treulich zu befördern.
Der vierte artikel von den ceremonien.
Welche festa gehalten werden?
Wie oft er prediget?
Ob er auch catechismum predige?
Wie er es mit der taufe halte?
Ob auch in der nothtaufe missbrauch vorlaufe?
Ob er das wasser, feuer, salz, kreuter und
andere creaturen weihe?
Wie er es halte mit der copulation der eheleute ?
Ob er auch aufbiete?
Ob er auch die sechs wöcherin einleute oder
einsegne ?
Was er singe zur messe?
Ob auch die leute fleissig zum sacrament gehen,
oder des nachtmals Christi gebrauchen?
Ob auch die elevatio und adoratio allent-
halben abgeschafft?
Wie er es halte mit der communion der
kranken, item wie mit den begrebnüssen?
Bei diesen punct sollen unsere visitatorn in
acht haben, obwohl an den ausserlichen ceremonien
gottes ehre und dienst auch die religion und
menschentrost nicht gelegen ist, darauf auch
gleichförmigkeit in allen kirchen des stifts in
solchen ausserlichen wesen nicht noth anzurichten,
weil aller örter gelegenheit nicht gleich, so sollen
sie doch hierbei einsehen haben, das nach dem
spruch Pauli omnia decenter et secundum ordinem
fiant, im kirchen ampt, im singen, lesen, reichung
der sacrament, hochzeit, segen, begräbnüssen
feine ordnung gehalten werden, und damit nicht
ein jeder pfarherr ein sonderliches mache, un-

einigkeit und ergernüs anrichte; messgewand, chor-
rock , leuchter ufs altar, altar tücher, singen
lateinisch oder teutsch, solt man bleiben lassen,
zu halten, oder nicht, wie es in jeder kirche im
gebrauch ist, das hiermit durch enderung, abthuung,
oder aufrichtung keine unruhe in kirchen an-
gerichtet werde, nach dem spruch Christi, regnum
dei non venit cum observatione, aber ergerliche
abergleubische ceremonien, ob die wol alt weren,
soll man abschaffen, als abgöttische bilder, da etwa
ein cultus würde angewant, sacrament haus und
monstranz, elevatio, adoratio, kirchweihe, taufweihe
und dergleichen.
Der fünfte articul von der disciplin.
Wie sich seine pfarkinder halten?
Ob auch verechter darunter sein, die das
predig ambt, evangelium und sacrament verachten
und lestern?
Wie sich die leute zur kirchen halten?
Ob auch leute da sein, die in öffentlichen
sünden und unzucht leben, oder mit zauberei
umbgehen ?
Da ergerliche personen sein, derselben namen
mit allen umbständen zu verzeichnen.
Alhier will hoch vonnöten sein, dass zu ver-
hütung unchristliches und ergerliches lebens, so dem
heiligen evangelio zuentgegen, die pfarherrn gute
achtung geben, das sie selbst nicht sträflich leben.
Und da etwa ein pfarherr sein würde, der ein
seufer, spieler, unzüchtiger, haderer, wucherer etc.
were, den soll der vicinus pastor mit ernst ver-
mahnen und ihme das tägliche liegen in der
schenke und ergerliches leben untersagen, wo er
nach beschehener vermahnung sich nicht bessern
würde, soll derselben der pfarn praevia cognitione
entsetzet, und seinem ergerlichen wesen in keine
wege zugesehen werden.
Die pfarherrn sollen auch das volk in der
predigt und beicht vermahnen, dass sie als
christen leben und niemand ergernüss geben
sollen, auch öffentliche sünde und ergernüss in
genere strafen, und da sie sehen unter ihren pfar-
kindern lesterer, trunkenpolten, unzüchtige oder
die in hass und feindschaft, auch verachtung der
predigten und heiligen sacramenten dahin gehen,
sollen sie dieselben für sich nehmen und zur
busse vermahnen: da sie nun muthwillig und hals-
starrig befunden und christlicher vermahnung nicht
folgen, noch sich unterweisen lassen und zur
besserung schicken wolten, sollen sie dieselben
mit vorwissen der obrigkeit nicht zur communion
oder zur taufe zustehen lassen.
Jedoch soll kein pfarrer macht haben, die
leute von dem sacrament der taufe und communion
seines gefallens zu stossen, besondern wen ein
pfarrer bedenkend hette, jemand zur taufe oder
 
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