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Das Fürstenthum Anhalt.
Joachim Ernst nahm in diesen theologischen Streitigkeiten stets den Standpunkt der
Vermittlung und Versöhnung ein. Es ist unter seiner Regierung auch nicht zu den scharfen
Kämpfen gekommen, wie sie sich in Sachsen um diese Zeit abgespielt haben. Und dies ist nicht
zum Geringsten auf die Rechnung der einerseits sehr versöhnlichen, aber andererseits auch recht
energischen Haltung des Fürsten zu setzen. So übte der Fürst eine strenge Censur. Selbst
Amling durfte keine Predigt in Druck geben ohne vorherige Genehmigung des Fürsten. Zur
Unterschreibung der Concordienformel war Joachim Ernst nicht zu bewegen. Über die Ver-
handlungen hierüber und die dadurch eingetretenen Zerwürfnisse mit Kursachsen vgl. man
Becker in: Theologische Studien und Kritiken, 1897, S. 115 ff. Über das vom Fürsten 1585
publicirte „Bekenntniss vom heiligen Abendmahl“ wird unten gehandelt werden.
Cap. IV. Die Zeit nach 1586.
I. Am 6. December 1586 starb dieser verdienstvolle Fürst. Nach seinem Tode hoben
für die Kirche Anhalts schwere, unruhige Zeiten an. Confessionsstreitigkeiten stürmten auch
auf Anhalt ein. Es ist hier nicht der Ort, auf diese, über welche gerade in neuerer Zeit eine
reiche Literatur entstanden ist, ex professo einzugehen. Jedoch mögen folgende kurze Be-
merkungen gestattet sein.
Es kann einem Zweifel wohl nicht unterliegen, dass die älteren Fürsten Anhalts, Wolf-
gang und Georg an der Spitze, auf rein lutherischem Boden stehen wollten und gestanden
haben. Auch für Joachim Ernst kann dies, insbesondere nach seinem echt lutherischen Be-
kenntniss, ernsthaft kaum bestritten werden. Weiter steht fest, dass für die damalige Zeit
das Bekenntniss des Landesherrn das ofiicielle des ganzen Landes sein musste und war.
Deshalb verpflichteten die Ordinationsgelübde die in Zerbst Ordinirten auf die Bibel, die
drei Symbole, die Augsburgische Confession, die Schriften Luther’s, Melanchthon’s undGeorg’s
von Anhalt. (Vgl. Becker, in: Theologische Studien und Kritiken, 1897, S. 146 ff.). Aber
gerade bei den Ordinationsgelübden zeigte sich, wie doch unter der Geistlichkeit mancherlei
Selbstständigkeit in der Lehrweise eingetreten sein mochte. Die Gelübde lauten auch auf die
Confessio Anhaltina und ihre Apologie. Dieses sind Privatarbeiten Amling’s, in denen er die
Lehrweise der Anhaltiner niedergelegt und vertheidigt hatte. Schon im März 1579 hatte Am-
ling diese Schrift auf einem Convent in Cassel den hessischen und anderen Theologen über-
reicht. Sie sollte nicht gedruckt werden, wurde aber durch eine Indiscretion, ohne Vorwissen
Amling’s und der Anhaltiner Geistlichen, in „Neustadt a. d. Hardt in der fürstlichen Pfalz“
1581 gedruckt.
Sie ist, wie schon erwähnt, eine reine Privatarbeit und auch niemals von der Landes-
obrigkeit anerkannt worden. Nichtsdestoweniger stattete Amling diese Repetitio brevissima mit
dem Titel „Confessio Anhaltina“ bezw. „Apologia Anhaltina“ aus — offenbar in Gegenüber-
stellung zur Augsburgischen Confession und deren Apologie — und liess, ohne irgendwie dazu
autorisirt zu sein, die Ordinanden in Zerbst auch auf sie ihr Gelübde erstrecken.
Sonderbarer Weise ist eine Verpflichtung auf das (sofort näher zu behandelnde) Bekennt-
niss Joachim Ernst’s von 1585 in den Ordinationsgelübden nicht zu finden. (Hierbei ist aller-
dings nicht zu übersehen, dass die im Amte stehende Geistlichkeit diese Confession unter-
schrieben hatte und dass Joachim Ernst bereits 1586 verstarb.) Dagegen fanden noch nach dem
Jahre 1589 Unterzeichnungen der Confessio Anhaltina statt (Duncker, Bekenntnissstand, S. 56).
Amling, dessen Hauptzierde die Bescheidenheit nicht gewesen zu sein scheint, mochte
es verdrossen haben, dass der Fürst, der vielleicht mit Amling’s Polemik nicht mehr ganz ein-
verstanden und auch wohl nicht ganz ohne Misstrauen gegen die Richtigkeit der Lehre Amling’s war,
Das Fürstenthum Anhalt.
Joachim Ernst nahm in diesen theologischen Streitigkeiten stets den Standpunkt der
Vermittlung und Versöhnung ein. Es ist unter seiner Regierung auch nicht zu den scharfen
Kämpfen gekommen, wie sie sich in Sachsen um diese Zeit abgespielt haben. Und dies ist nicht
zum Geringsten auf die Rechnung der einerseits sehr versöhnlichen, aber andererseits auch recht
energischen Haltung des Fürsten zu setzen. So übte der Fürst eine strenge Censur. Selbst
Amling durfte keine Predigt in Druck geben ohne vorherige Genehmigung des Fürsten. Zur
Unterschreibung der Concordienformel war Joachim Ernst nicht zu bewegen. Über die Ver-
handlungen hierüber und die dadurch eingetretenen Zerwürfnisse mit Kursachsen vgl. man
Becker in: Theologische Studien und Kritiken, 1897, S. 115 ff. Über das vom Fürsten 1585
publicirte „Bekenntniss vom heiligen Abendmahl“ wird unten gehandelt werden.
Cap. IV. Die Zeit nach 1586.
I. Am 6. December 1586 starb dieser verdienstvolle Fürst. Nach seinem Tode hoben
für die Kirche Anhalts schwere, unruhige Zeiten an. Confessionsstreitigkeiten stürmten auch
auf Anhalt ein. Es ist hier nicht der Ort, auf diese, über welche gerade in neuerer Zeit eine
reiche Literatur entstanden ist, ex professo einzugehen. Jedoch mögen folgende kurze Be-
merkungen gestattet sein.
Es kann einem Zweifel wohl nicht unterliegen, dass die älteren Fürsten Anhalts, Wolf-
gang und Georg an der Spitze, auf rein lutherischem Boden stehen wollten und gestanden
haben. Auch für Joachim Ernst kann dies, insbesondere nach seinem echt lutherischen Be-
kenntniss, ernsthaft kaum bestritten werden. Weiter steht fest, dass für die damalige Zeit
das Bekenntniss des Landesherrn das ofiicielle des ganzen Landes sein musste und war.
Deshalb verpflichteten die Ordinationsgelübde die in Zerbst Ordinirten auf die Bibel, die
drei Symbole, die Augsburgische Confession, die Schriften Luther’s, Melanchthon’s undGeorg’s
von Anhalt. (Vgl. Becker, in: Theologische Studien und Kritiken, 1897, S. 146 ff.). Aber
gerade bei den Ordinationsgelübden zeigte sich, wie doch unter der Geistlichkeit mancherlei
Selbstständigkeit in der Lehrweise eingetreten sein mochte. Die Gelübde lauten auch auf die
Confessio Anhaltina und ihre Apologie. Dieses sind Privatarbeiten Amling’s, in denen er die
Lehrweise der Anhaltiner niedergelegt und vertheidigt hatte. Schon im März 1579 hatte Am-
ling diese Schrift auf einem Convent in Cassel den hessischen und anderen Theologen über-
reicht. Sie sollte nicht gedruckt werden, wurde aber durch eine Indiscretion, ohne Vorwissen
Amling’s und der Anhaltiner Geistlichen, in „Neustadt a. d. Hardt in der fürstlichen Pfalz“
1581 gedruckt.
Sie ist, wie schon erwähnt, eine reine Privatarbeit und auch niemals von der Landes-
obrigkeit anerkannt worden. Nichtsdestoweniger stattete Amling diese Repetitio brevissima mit
dem Titel „Confessio Anhaltina“ bezw. „Apologia Anhaltina“ aus — offenbar in Gegenüber-
stellung zur Augsburgischen Confession und deren Apologie — und liess, ohne irgendwie dazu
autorisirt zu sein, die Ordinanden in Zerbst auch auf sie ihr Gelübde erstrecken.
Sonderbarer Weise ist eine Verpflichtung auf das (sofort näher zu behandelnde) Bekennt-
niss Joachim Ernst’s von 1585 in den Ordinationsgelübden nicht zu finden. (Hierbei ist aller-
dings nicht zu übersehen, dass die im Amte stehende Geistlichkeit diese Confession unter-
schrieben hatte und dass Joachim Ernst bereits 1586 verstarb.) Dagegen fanden noch nach dem
Jahre 1589 Unterzeichnungen der Confessio Anhaltina statt (Duncker, Bekenntnissstand, S. 56).
Amling, dessen Hauptzierde die Bescheidenheit nicht gewesen zu sein scheint, mochte
es verdrossen haben, dass der Fürst, der vielleicht mit Amling’s Polemik nicht mehr ganz ein-
verstanden und auch wohl nicht ganz ohne Misstrauen gegen die Richtigkeit der Lehre Amling’s war,