Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0544

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
530

Das Fürstenthum Anhalt.

von Lattorf, Job von Mücheln, Johann Truckenroth, Johann Berthold und Bartholomäus Schwanberg,
unter dem 11. Mai 1585 eine diesbezügliche Instruktion. In derselben führte der Fürst aus, dass er
zur Herbeiführung einer herzlichen Einigkeit unter den Kirchendienern und um diese von jedem
Verdacht zu reinigen, die Lehre vom Abendmahl in eine kurze Form habe bringen lassen, die
der apostolischen Lehre, der augsburgischen Confession, den Katechismen Lutheri, den schmal-
kaldischen Artikeln und den Schriften Georg’s gemäss sei. Hinfort solle kein Kirchendiener
im Fürstenthum angestellt werden, der nicht dieses Bekenntniss unterschrieben habe; dasselbe
solle eine klare, einhellige und gleichförmige confessio im Fürstenthum bleiben. Einen genauen
Abdruck giebt Duncker, Bekenntnissstand, S. 247.
Dass der Fürst mit dieser seiner Confession auf dem Boden Luther’s und seiner Vor-
fahren stehen wollte, ist unzweifelhaft. Dass die Confession nicht überall Billigung fand, dass
z. B. Olearius in Halle, der Schwiegersohn des Hesshusius, dem Fürsten die Abtrünnigkeit von
der reinen Lehre vorwarf, zu der er sich durch den Erzketzer Amling habe verführen lassen,
vermag an diesem Gesammturtheil nichts zu ändern. Zuzugeben ist allerdings, dass die Lust
Amling’s am theologischen Streite manche Misshelligkeiten über das Land und den Fürsten
gebracht hatte.
Als Joachim Ernst 1586 starb, war von seinen Söhnen nur der älteste, Johann Georg I,
volljährig, wenn er auch erst 19 Jahre zählte. Bis zur Mündigkeitserklärung des jüngsten
(1603) wurde die Theilung des Landes verschoben und Johann Georg führte die Alleinregierung.
Wir wollen zunächst die Frage nach dem Bekenntnissstande des Landes unter diesem
Fürsten kurz erörtern. Obwohl wir uns dem Ende des 16. Jahrhunderts nähern, mag bei der
Wichtigkeit dieser Frage für die spätere Entwickelung Anhalts ein näheres Eingehen gerecht-
fertigt erscheinen.
Johann Georg hatte die oben erwähnte Instructio seines Vaters vom Jahre 1585 mit
seinem Bruder Christian unterschrieben und bei der Huldigung der Stände am 28. März 1587
die feierliche Erklärung abgegeben, dass er den Grundsätzen seines Vaters folgen und das Land
bei der alten, reinen Lehre erhalten wolle. Eine seiner ersten Regierungshandlungen war eine
Visitation. Dieselbe fand 1587 statt. In der Instruktion zur Execution dieser Visitation vom
21. September 1588 wird als Richtschnur für die Pfarrer vorgeschrieben: die Bibel, die drei
apostolischen Symbole, die augsburgische Confession in der Fassung von 1530, die Apologie, die
schmalkaldischen Artikel, die beiden Katechismen Luther’s. Daneben sollen die Geistlichen
fleissig die Schriften Melanchthon’s, Luther’s und Georg’s von Anhalt studiren. (S. den Abdruck
Nr. 129 aus Zerbst, Superintendentur-Archiv, XXIX, Bl. 257 ff., 12 ff.)
Und im Landtagsabschiede vom 5. Mai 1585 hatte er seinen Ständen nochmals
feierlich zugesichert, dass er das Land „bei der rechten, wahren Religion, Lehre, Bekenntniss
und Verständniss der augsburgischen Confession, wie sie bei seines Vaters Leben in Anhalt
gelehrt und getrieben worden, und den gewöhnlichen hergebrachten Kirchengebräuchen und
Ceremonien“ belassen wolle. (Vgl. Zerbst, Superintendentur-Archiv 28, Bl. 99.)
Es kann also unmöglich angenommen werden, dass der Landesherr mit der Abschaffung
des Exorcismus, die um diese Zeit bei ihm wohl schon beschlossene Sache war und ja auch un-
mittelbar darauf in Scene gesetzt wurde, an eine Änderung des Bekenntnissstandes gedacht
hat — und das um so weniger, als eine solche ja auch objectiv genommen mit der Beseitigung
dieses Adiaphoron gar nicht verbunden ist.
Andererseits ist nicht zu leugnen, dass die Stände durch diese Maassnahme in lebhafte
Besorgniss wegen des Bekenntnissstandes geriethen, und dass viele Geistliche darin die ersten
Anfänge zu einer Änderung desselben erblickten. So erklären sich die verschiedenen Suppli-
cationen der Stände (vgl. z. B. vom 4. März 1590, Superintendentur-Archiv Zerbst, XXIX,
Bl. 259) und der Geistlichen, wie derjenigen des Amtes Coswig (auf welche letztere der Fürst
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften