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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0562

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548

Das Fürstenthum Anhalt.

dächtigen und getreuen. Nachdem der ehrwürdige
und hochgelahrte, unser besonders geliebter und
gevatter, herr Martinus Lutherus, der h. schrift
doctor, von gott dem herrn hoch erleuchtet und
mit trefflichen gaben begnadet, nu viel Jahr her
mit der h. schrift olm unterlass umbgangen, dar-
innen sich tag und nacht geübet, und dadurch
aus gottes gnaden und segen zu solchem verstande,
geistlicher weissheit und erkäntniss kommen, dass
er die h. biblia, darinnen das ware, gewisse, gött-
liche wort verfasset, aus ihr ursprünglicher, nem-
lich ebraischer und grichischer zungen in unser
teutsche sprache ganz klärlich und verständlich,
nicht ohne hohe mühe und grossen fleiss, gebracht,
für welch werk allein, (wollen des andern nutzens
schweigen, so gott durch ihn in der heiligen
christenheit geschafft), alle fromme christen gott
danken sollen, wie sie es denn auch gewisslich
thun, und er nu widerumb seine1) translation
zur hand mit besondem fleiss genommen, dieselbe
ferner zu bessern, damit der sinn göttlicher schrift,
aufs klärlichste im deutschen dargegeben, möchte
auch von den gemeinen mann, so der sach mit
ernst nachdenket, ersehen und erkant und also die
h. bibel von jederman, dem got gnade darzu ver-
leihet, mit grosser freude, lust und liebe, zu trost
und stärkung ihres glaubens und hoffnung gelesen
werden, und nu verordnet in des churfürsten zu
Sachsen unsers lieben herrn und oheimen stadt
Wittenberg aufs reinlichste mit grosser aufmerkung
gedruckt, und zu befahren, dass in nachdrucken
derselben nicht solcher fleiss und fürsichtigkeit
mögte fürgewandt werden, zu dem dass sie [muss
heissen: sich] bemelter herr doctor mit solcher
arbeit, wie itzt, so oft, auch schwacheit halben,
nicht beladen kan, oder auch solche fleissige und
treue correctores nicht allewege zur hand sein,
daraus dem [muss heissen: denn] allerlei mängel
in andern exemplaren zu besorgen,
so haben wir im besten bestellet etliche
exemplaria desselben drucks, in disen 41 jahr aus-
gegangen, für die kirchen unsers landes, und für,
euch, unsere unterthanen mit zu verfertigen. Di-
selben wollet also als die rechten unverfälschten
originalia mit dankbarkeit aufnehmen, dafür halten
und in den kirchen brauchen, auch den nach-
kommen zu gute, mit fleiss bewahren.
Und diweil aller irrsal ursprünglich daher
fleust, dass man erstlich die h. göttliche schrift
unachtsam und nachlessig handelt, und denn mit
der zeit gar davon kömpt und liegen lest, wie
die historia des jüdischen volks und sonderlich
das 4. buch reg. am 22. cap. ausweiset, da es
so übel stunde, dass das gesetzbuch lange ver-
loren und zur zeit Josiä des frommen königes im
18. jahr seines regiments erst wiedergefunden ward,
1) Correctur: solche sein.

wie denn desgleichen, ja grösser, fährlicher
schaden und unaussprechlicher jammer, und ver-
derben viel unzehlicher seelen sich auch in der
h. christenheit nu leider sehr eine lange zeit her
begeben und zugetragen hat, aus sicherheit und
unfleiss deren, so sich ihres ambts nicht an-
genommen, nur das ihre, nicht das Jesu Christi
ist, gesuchet, und doch gar herrlich den namen
und titul geführet haben, als weren sie die rechten
hirten und heupter gottes volks und die h. kirche,
dass man an statt des göttlichen worts menschen-
tand und gutdünken in die kirchen gebracht, da-
durch mancherlei erwehlte vermeinte gottesdienst,
durch eigen werk und heiligkeit gott zu versöhnen,
neben unzehlichen irrthümen und missbrauchen
eingeführet, und also die lehre und erkäntniss des
reinen glaubens an Jesum Christum unsern herrn
und einigen heiland und trost vertunkelt und zu-
geschorren, darzu auch die h. hochwürdigen sacra-
menta, anders denn von Christo unsern herren
selbst eingesetzt, zu handeln und zu gebrauchen
fürgenommen, bis der allmächtige und barmherzige
gott seine gnade verliehen, dass solche grosse
greuliche irrthumb und missbrauche durch ob-
bemelten herrn doctorem Martinum entdecket und
das licht des h. evangelii wiederumb an tag ge-
bracht, welchs viel gelehrte, verständige, auch
fürsten, lande und leute, durch gottliche gnade,
nicht ahn geringe verfolgung der widersacher an-
genommen, desgleichen auch wir, sampt euch,
unsern lieben unterthanen durch göttliche ver-
leihung dazu kommen, mit abstellung obberürter
irsalen und misbräuche, wie denn auch, gott lob,
je mehr und mehr in andern landen dieselbe heil-
same lehre erkant und angenommen und die miss-
bräuche abgestellt werden, dazu der allmächtige
barmherzige gott und vater durch Jesum Christum
ferner seine gnad verleihen wolle:
Demnach ermahnen wir euch, alle und jeg-
liche seelsorger hin und wider in unsern landen
bei pflicht euers ambts, darfür ihr am jüngsten
gericht Christo werdet müssen antworten, ihm auch
rechenschaft geben für alle seelen, so er euch mit
seinen wort zu weiden und regiren befohlen und
vertrauet hat, wollet je mit allem ernst und
treuen fleiss anhalten, das göttliche wort zu lesen
und betrachten, und dasselbige einfältig, rein und
lauter euren volk zu trost und heil euer und ihrer
seelen seeligkeit fürhalten und predigen, auch fest
und beständig bis ans ende dabei bleiben und
beharren , damit aus euren unfleiss und verseum-
niss nicht dergleichen oder andere noch schäd-
licher irrsal und missbräuche, der göttlichen
schrift entgegen, zu verderb der seelen, die gott
durch sein theuer blut erworben hat, wiederumb
einreissen.
Desgleichen auch begehren wir von euch
 
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