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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0564

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Das Fürstenthum Anhalt.

gotfurchtigen leuten vile milde handreichung ge-
schehen, sodann durch sonderliche gottliche gnade
zu unsern zeiten die grossen irsalen mit vorkerter
lar auf eigen vordienst und wirdigkeit, auch vor-
anderung der hochwirdigen sacramenten und un-
christlichen ceremonien, under falschem namen und
schein der heiligen christlichen kirchen wider
gottes wort und ordenung sampt ungepurlichem
gebrauch der kirchendiener mit der zeit eingefurt,
durch den erwirdigen hochgelarten, unsern1) be-
sondern lieben und gefattern herren Martinum
Luther, der heiligen schrift doctorn, auch ern rna-
gister Philippus Melanchthon und andere gelerte
der heiligen gotlichen schrift eroffent und die reine
lahr des heiligen evangelii, so dadurch fast von
tunkelt, ans leicht gott lob wider gebracht und wir
neben andern durch gottliche vorleihung zu solcher
erkenntnis gekomen, haben wir uns schuldig er-
kennt, als christliche obrigkeit bei unsern lieber,
underthanen, so vil derer der almechtige in unser
vorsorgung vorordent, nicht allein ihre zeitliche
wolfart sonder auch solche heilsame lar, darin
unser aller seligkeit stehet, zu beforderen, auch
darob zu sein, das sie mit christlichen seelsorgern
vorsehen, kirchen und schuelen dienern ihre not-
turftige underhaltung haben mochten und wie
wol wir auch lengst2) begierig gewesen, das in
unser stadt Cerbst solche bestellung aufs erlichst
und beste hette mogen ausgericht werden, so haben
wir doch bis hieher3), vil unvormeidlicher vor-
hindernis halben, auch das die lehn in unser
stiftkirchen daselbst und andere kirchen gueter,
davon solche vorsorgung zu machen, unvorledigt
gewesen, darzu noch zur zeit nicht komen konnen,
do aber nun der mehrer teil vorledigt und
auch von dem allerdurchlauchtigsten gromechtigsten
keiser Karolo dem funften, unserm allergnedigsten
hern4), eine besonder privilegium erlangt, das
wir5) die vorledigten kirchen guter in unser6)
herschaften und zu underhaltung der kirchen-
diener schulen und andern milden sachen vor-
ordenen mogen7),
also haben wir gott dem allmechtigen zu
lobe, zu fordernis seines heilsamen worts, unser
lieben underthanen, sonderlichen auch obgedachter
unser stadt Zerbst, auch uns und unser allerseits
nachkomen zum besten, damit dise heilsame lar
unvorruckt auch auf sie durch getreue selsorger

1) A.: unsers geliebten herrn vettern weiland bes.
2) A.: statt: „wir auch lengst“ unser hochlobliche
vorfahren weiland von herzen.
3) A.: sie doch damals.
4) A.: oft und secher milder unser vorfaren.
5) A.: sie. 6) A,: iren.
7) A.: Zusatz: und wir in hochgedachten unser
gelibten vorfahrn gotselige fussstapfen zu treten, durch
gottes gnad entschlossen, und uns von herzen im werk
zu beweisen vorgenommen, als haben wir u. s. w.

gebracht und furder misbrauchs vorhutet, und es
an tuglichen dienern nicht mangeln durfe nach
wolbedachtem rath der unsern folgende ordenung
aufgerichtet1), auch mit den hochgelerten wirdigen
ersamen unsere lieben andechtigen und getreuen
der cleresei und rath itz gedachter unser stadt
Zerbst gnediglichen diser kirchen bestellung und
vorsorgung der diener voreinigt und vorglichen
sein wollen, voreinigen und vorglichen uns auch
der himit in craft dieses brives, underscheidlichen
wie folget.
Erstlich, dieweil die notturft erfordert, das
wir alhier in unser vornembsten stadt einen super-
attendenten haben, welcher auf die anderen mit-
vorordenten pfarher und kirchendiener, lar und
leben einen gepurlich aufsehen haben solle2),
demnach haben wir zu solchem ampt und
superattendenten erfordert und geordent, den
hochgelarten und wirdigen ern3) Teodorum Fa-
bricium von Anhalt itzund pfarher zu S.4) Niclas,
welcher sich auch darzu auf unser begehr ge-
horsamlich ergeben hat, auch dem durch gottliche
vorleihe treulich vorzusein zugesagt.
Hirauf wollen wir ime hirmit auferlegt haben,
das er selber das gottliche wort fleissig wolle
predigen, auch darauf gut aufsehung thun, das es
auch in der stadt und auf dem lande von den
vorordenten pfarrern und kirchen dienern, so zu
seiner superattendenz geschlagen und auch nach
gelegenheit ime5) angeweiset werden6) sollen, dem
bevolenen volke ane vorfelschung in allem vleis
furtragen und darin nichts vorseumpt werde.
ln sonderheit aber sol er darauf achtung
haben, das die pfarner und prister die heilige
bibel mit vleis lesen, auch die simbola in der
kirchen wol wissen, und sich in der lar nach der
christlichen augspurgischen confession und apologia,
so in der heiligen schrift gegrundet, richten, und
wider dieselbige kein alte vordampte irtumb oder
neue sonderliche opinion oder unnotige disputation
einfuren, sundern viel mehr das sich befleissigen
gotte zuerzeigen recht geschaffene und unstrefliche
arbeiter, die da recht underscheiden das wort der
warheit und die stucke im catecismo begriffen,
darin die summa unser seligkeit gefasset, mit
emsigen vleis treiben und den leuten das gottliche
gesetz treulichen auslegen, sie zu erkenntnis gott-

1) A.: ordnung weiland von unsern vorfaren uf-
gericht auch itzund repetiren und erneuern wollen, der-
wegen uns.
2) A.: und in der ehrwirdige erste vorordente
superintendent Theod. Fabritii der h. schrift doctor
christlicher gedechtnus todtlich abgegangen, das wir
demnachen. „Demnach haben wir“ fällt weg.
3) A.: statt „Teodorum Fabritium“ : M. A. v. Cranach
(das ist Mag. Abraham Ulrich).
4) A.: Bartholomei. 5) A.: ferner.
6) A.: mochten.
 
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