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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0565

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113. Kirchen-Ordnung der Fürsten Johann, Georg und Joachim. Vom März 1545.

551

liches willens, reu ihrer sunden, und zu recht
geschaffener busse furen, auch von dem wahren
glauben, durch dem wir allein der unvordienten
gnade Christi empfenglich, vorgebung der sunde
und die ewige seligkeit erlangen muegen, klerlich
und underscheidlich underrichten, sie auch zu den
rechtschaffnen fruchten der buss und des glaubens,
vormahnen und halten und von dem rohen und
unchristlichen wesen abwenden, dafur in der pre-
digt und beicht treulich vorwarnen, mit erinnerung
gottlicher straf und zum christlichen wandel an-
leiten und bringen, auf das sie allerseits gott be-
reiten ein angenehm volk, das da fleissig sei zu
guten werken,
Ferner das sie von den hochwirdigen1) sacra-
menten der heiligen tauf und des wahren leibs
und bluts unsers herren Jesu Christi christlich
und einfeltig nach den hellen und gewissen worten
der heiligen schrift lehren und dabei unotige
fragen und disputacionen underlassen, sondern
vielmehr den grossen unaussprechlichen nutz des-
selbigen den leuten oft furhalten, auch die mit
aller andacht, ehrerpitung und erbarkeit handelen
und reichen und das volk darzu halten, und do
under geistlichen oder weltlichen imandes, dafur
gott sei, erfunden, welcher der vordampten secten
der widerteufer oder sacramentirer2) zugethan,
oder des vordechtig ungeschickt oder disputirlich
von der jegenwertigkeit des wahren leibs und
bluts, unsers hern Jesu Christi im hochwirdigen
sacrament oder sunsten von dem wort gottes, sacra-
menten oder kirchen diensten vorechtlich reden,
oder damit unerparlich gebaren wurden, das soll
dem superattendenten angezeigt werden, welcher
denselbigen mit allem ernst wehren und do es die
noth erfordert, ferner an uns gelangen solle, damit
in dem gepurlich einsehen gesche.
Er sol auch mit ernst sie dahin halten, das
sie die kranken fleissig besuchen und trosten
und sie mit den hochwirdigen sacramenten keines
weges verseumen.
Und wiewol an den anderen ceremonienn3)
und eusserlichen kirchen ubung unser seligkeit
nicht gebunden und freikorig ist, die nach gelegen-
heit der zeit und personen zur besserung zu ge-
brauchen, als fern die nicht wider gottes ordenung
sein, so geburt sichs doch, das es alles in christ-
lichen samlungen ordentlich und ehrlich zugehe,
zu dem das auch durch mannigfeltige unnotige
handelung der ceremonien der gemeine man ge-
ergert und vorwirret und, do auch die gottlichen
ampte ane eusserliche zucht und erbarkeit un-
ordentlich und ro gehalten, grosse vorachtung

1) Randbemerkung: sacrament.
2) Randbemerkung: sacramentirer.
3) Randbemerkung: ceremonien.

daraus erfolgt, derwegen soll der herr super-
attendenz auf solche ceremonien auch acht haben,
damit der keine, so dem gottlichen wort entkegen,
gehalten, darneben die zu gueter ordenung und
andacht mit singen, lesen, lateinisch und teutsch,
auch eusserliche zucht und erbarkeit dienstlich
nicht voracht noch abgeworfen werden.
Und dieweil gott lob die offentlichen unchrist-
lichen ceremonien, so wider gottes bevehlich ein-
gefurt, in unserm lande abgethan, soll hinfurder
der her superattendent nicht gestatten oder für
sich selbst furnehmen, hirinen ferner ichtes abzu-
thun oder neues aufzurichten, sundern wie wir des
uns allerseits vorglichen, dabei pleiben lassen, und
so in dem ichtes bedenklichs furfallen wurde,
dasselbige soll an uns allerseits gelangt, damit
mit gutem rate, da es von noten, auch anderer
gottfurchtiger gelerter leute das furgenommen, das
nach gelegenheit nutzlich und besserlich und da-
durch ergernis vorhutet werde.
So auch das gemeine volk je so sehr auf dem
eusserlichen wandel der prister sihet, als auf die
lar, und die prister mit dem leben so wol als mit
dem worte lehren und ein furbilde der herde sein
sollen, und an vielen ortern befunden wird, das
ihr eusserlich ungeschickt wesen vil gueter herz
ergert und das wort vorechtlich macht, so soll der
herr superattendent sie zu guten christlichen er-
barn wandel, wie dann ihnen der heilige Paulus
vorschreibet, auch in lieb und einigkeit under
sich und mit den leiten zu leben, anhalten und
ungeburliche hantirung oder leichtfertigkeit und
das sie in bierheusen oder offentlich toppeln
spielen sein wolten, nicht gestatten, auch das sie
nicht leichtfertige berte oder ergerliche tracht,
so auch den leigen ubel anstunde, gebrauchen,
sondern solche gewonliche erliche pristerliche
kleidung haben, dabei man sie ihrem stande nach
erkenne, dergleichen ihre weiber hirinnen uber-
flus meiden, und sich allerseits erzeigen, denen
ziemet und ihre gottseligkeit beweisen sollen
durch guete werk1).
Es sollen aber zu seiner superattendens ge-
horn die ganze cleresei in der stat Zerbst und zu
Ankuen, und alle pfarner in unserm ampt Cerbst,
im ampt Roslau, im ampt Lindau, under uns oder
auch under denen vom adel und sunst der orter
unser obrigkeit gesessen, welche wir zu gelegener
zeit an ihnen weisen wollen, da sie ime auch ge-
purlichen gehorsam in geistlichen sachen zusagen
sollen.
Wir wollen alle die pfarner in gedachter
attendenz oder so weit sunst nach gelegenheit2)

1) A.: als denen ziemet ire gottseligkeit zu be-
weisen durch gute werk.
2) A. liest hinter „gelegenheit“ noch: wir sie.
 
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