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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0061
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3. Eheordnung 1565

chen nicht zulassen, sonder ernstlich verpieten11,
verheurathen und inn dem wider Göttlich und der
Obrigkeyt gebott, auch gemeine Naturliche zucht
und Erbarkheit, also gröblich handlen, daß auch zu
zeiten blutschanden begangen werden und damit
den zorn Gottes höchlich bewegen, Also daß, wa sol-
chem lenger zugesehen werden solte, nichts gewis-
sers zubefahren12 wehre, dann daß andere disem Ex-
empel nach sich gleicher gestalt verpottener weiß
zuvermischen understahn würden. |A 3r|
Dieweil wir aberb nichts liebers vernemmen wolten,
dann daß unsere underthanen ein Christlich, Gott-
gefellig leben und wandel füerten und fürnemlich ire
Ehepflicht und verheurathung nach Gottes Gebot-
ten und den Kayserlichen satzungen, auch Naturli-
cher zucht unnd Erbarkheyt anschickten, Derhal-
ben, vorerzeltem ubel zubegegnen, auch in dem un-
serm von Gott bevolhenem ampt nachzusetzen, So
ordnen, setzen, gepieten unnd wöllen wir nachmaln,
daß in unserer Obrigkheit und Herrschafften hin-
further niemant, Mannlichs oder weiblichs ge-
schlechts, welche under dem gewalt irer eltern unnd
noch nicht vier und zwentzig jaar alt seindt, sich
mit dem anderm heimlicher weiß ehelich verspre-
chen oder verglübden, Sonder ein jedes Khindt,
Tochter oder Knab, mit Rath, vorwissen und willen
seiner eltern oder, in mangel deren, seiner nechst-
verwanten freünd, vögt oder vormünder sich eheli-
chen verheurathen soll. Würde aber jemandt dar-
wider handlen und sich one Rath, vorwissen und
bewilligen seiner eltern, freund unnd vormünder
sich verheurathen, die wöllen wir nach gestalt der
sachen, personen unnd umbstendt ernstlichen am
leib oder gut, mit dem thurn oder verweysung des
landts straffen und darinn niemandts verschonen.
Wir wöllen auch, daß solche verlobnus und ver-
b Hs. Korr. am Rand: fernerß.
11 Die entsprechenden Vorschriften finden sich in der Bibel:
1Mos 24,33-49 und 34,6-12, Ri 14,1-5 (Eheschließung
mit Zustimmung der Eltern), 3Mos 18,6-18 und
20,11-14.17.19-21 (Verwandtschaft oder Verschwäge-
rung als Ehehindernis) sowie Inst. 1, 10 „De nuptiis“
(= ClCiv, ed. Krüger 1, S. 4) sowie CIC X 4, 14
(= CIC, ed. Friedberg 2, Sp. 700-704).

sprechung ohnkrefftig unnd onbündig, auch von
ohnwürden13 und nichtig sein und in unserer Obrig-
keit und Pfarren oder Kirchen nicht mehr außge-
ruffen noch eingesegnet werden soll, Es were dann
sach, daß der verlobten eltern oder die jhenigen, die
an statt irer eltern seindt, ihren willen zu solcher
ehelichen vermehelung hernach geben würden. Als
dann soll sollichs uns oder, unsers abwesens14, un-
sern Räthen und Be- (A 3v| velhabern angezeigt und
darüber ferners bescheydts erwarttet werden.
Zum andern Setzen, Ordnen unnd wöllen wir, daß
kheiner unser underthan, hindersaß oder angehöri-
ger, was würden, wesens oder standts der seie, sich
mit denen personen ehelich verpflichte, welche in
Göttlichen und Kayserlichen, auch von wegen Na-
turlicher zucht unnd Erbarkheyt verbotten seindt.
Damit sich aber niemandt der unwissenheit
zuentschuldigen habe und dann unsere Amptleut,
Kirchendiener unnd underthanen sich hierin zu hal-
ten wissen, So haben wir nicht underlassen wöllen,
zu erklerung diser unser satzung hiemit ein richtige
maß unnd ordnung zugeben, in welchem grad einer
jeden person nach vermög Göttlichen unnd Kayser-
lichen Rechten, auch der Natürlichen Erbarkheit
zugelassen seye, sich mit der andern, die ir bluts
oder schwagerschafft halb verwant ist, ehelichen
zuvermehelen oder nicht. Und demnach nicht ein je-
der die rechnung nach den graden verstehet, So ha-
ben wir auch die verpottene personen durchauß15
genennet, also daß ewer jeder hierauß leichtlich ver-
stohn mag, in was Graden und fällen die ehe ver-
botten seye, nemblich und volgender gestalt:
Erstlich wöllen und bevelhen wir, daß ein person,
die der andern mit blutfreündtschafft16 in der rech-
ten auff- oder abstigenden linien verwandt ist, so

12 Zu befürchten, s. FWb 3, Sp. 451f.
13 Rechtlich ungültig, s. Grimm, DWb 24, Sp. 2254.
14 In unserer Abwesenheit, s. FWb 1, Sp. 498.
15 Gänzlich, in jeder Hinsicht, s. Grimm, DWb 2,
Sp. 1583f.
16 Blutsverwandtschaft, s. FWb 4, Sp. 691 und DRW 2,
Sp. 380.

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