Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0113
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

I. Die Geschichte der Herrschaft Rappoltstein
Erwähnung finden die Herren von Rappoltstein (Ribeaupierre) erstmals im Jahr 1022 mit Reginbold bzw.
Reinbold I. Der Name des Geschlechts leitet sich von einer bei Rappoltsweiler (Ribeauvillé) gelegenen Burg
her. Diese ältere Linie starb 1157 im Mannesstamm mit dem Straßburger Dompropst Reinhard aus. Der
Name und die Güter gingen aber in weiblicher Erbfolge über Emma, die Tochter des letzten regierenden
Herren von Rappoltstein, Adalbert II., an das schwäbische Geschlecht der von Urslingen über1. Mit
Egenolph I. von Urslingen begann die jüngere Linie der Rappoltsteiner, die über 500 Jahre lang bis 1673 im
Mannesstamm bestand. Der letzte männliche Vertreter Johann Jakob trug den Titel eines Grafen, der ihm
von Kaiser Ferdinand III. verliehen worden war. Über die älteste Tochter Johann Jakobs, Katharina
Agathe, die seit 1667 mit dem Pfalzgrafen Christian II. bei Rhein verheiratet war, gelangte Rappoltstein in
den Besitz des Hauses Pfalz-Birkenfeld-Bischweiler. Von dort kam es 1734 an Pfalz-Birkenfeld und 1777 an
Bayern, bevor es dann 1789 bzw. 1801 an Frankreich überging2.
Die Herrschaft Rappoltstein gehörte zu den größeren Territorien im Oberelsaß. Im 16. Jh. bestand sie
aus sieben Ämtern: Rappoltsweiler, Gemar, Zellenberg, Markirch, Hohnack, Weier im Tal und Heiteren3.
Sie umfaßte jedoch nur wenig Allodialgut, sondern setzte sich aus einer Vielzahl von Lehen zusammen, die
vor allem von den Bischöfen von Basel und Straßburg, den Äbten von Murbach, dem Haus Österreich und
dem Reich stammten4. Die Rappoltsteiner waren eines der bevorzugten Objekte der auf die Landsässig-
machung oder die Einordnung selbständiger Herrschaften in den informellen Hegemonialbereich abzielen-
den habsburgischen Politik im Elsaß5. Zwar wurden die Herren von Rappoltstein zu den Reichstagen
eingeladen, zahlten auch Reichssteuer und gehörten seit der auf dem Reichstag in Trier 1512 vorgenom-
menen Einteilung des Reiches in sechs Kreise zum Oberrheinischen Reichskreis; sie bewegten sich im 15.
und 16. Jh. aber mehr oder minder zwischen Reichsstandschaft und Landsässigkeit6.
Neben der Grafschaft Horburg und der Herrschaft Reichenweier, die sich in württembergischem Besitz
befanden7, war die Herrschaft Rappoltstein das wichtigste evangelische Territorium im Oberelsaß. Voll-
ständig ließ sich die Reformation aber nur an den Orten durchsetzen, die zum Eigenbesitz der Rappolt-
steiner gehörten, da die Bischöfe von Basel und Straßburg, vor allem aber die Erzherzöge von Österreich,
ihre lehensrechtliche Position dazu nutzten, die evangelische Lehre zu unterdrücken8.

1 Zu diesem vgl. Klaus Schubring, Die Herzöge von
Urslingen. Studien zu ihrer Besitz-, Sozial- und Famili-
engeschichte mit Regesten, Stuttgart 1974 (= Veröffent-
lichungen der Kommission für geschichtliche Landes-
kunde in Baden-Württemberg B 67).
2 Vgl. Lex. d. MA. 7, Sp. 444f.; Köbler, Historisches
Lexikon, S. 506; Clauss, Historisch-topographisches
Wörterbuch, S. 864; Brieger, Herrschaft Rappoltstein,
S. 14-63.
3 Vgl. ausführlich Brieger, Herrschaft Rappoltstein,
S. 47-60 sowie als Überblick Süss, Geschichte S. 2 und
Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch,
S. 865. Im 17. Jh. kam mit Bergheim noch ein weiteres
Amt hinzu.

4 Vgl. Jordan, Noblesse, S. 67-73.
5 Zu dieser Politik vgl. Stievermann, Österreichische
Vorlande, S. 260.
6 Vgl. ausführlich Jordan, Noblesse, S. 88-104. Zur Pro-
blematik der Kategorisierung „reichsfrei“ versus
„landsässig“ in Bezug auf die Österreichischen Vorlande
vgl. Stievermann, Österreichische Vorlande, S. 261.
7 Zur Reformation in der Grafschaft Horburg und der
Herrschaft Reichenweier vgl. Adam, Kirchengeschichte
Elsaß, S. 292-348; Brecht / Ehmer, Reformationsge-
schichte, S. 267-269; Sehling, EKO XVI, S. 34-39 und
65-68.
8 Vgl. Süss, Geschichte, S. 4.

93
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften