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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0511
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1. Gutachten des Straßburger Syndikus Johannes Nervius
zur Einführung der Reformationa
7. Mai 15751

Deo opt[imo] max[imo] auspice

Als ich auff der ehrnvesten, ehrsamen, fürsichtigen
und weisen herren, meistern und rhatt des heiligen
reichs statt Collmar, abgesandten müntlich getha-
ner relation2, auch ubergebner schrifftlicher anzeig,
vernomen, welcher massen ein ersamer rhatt erst-
bemeltter statt Collmar alß ober- und castenvögte
uber alle geistliche, so zu Collmar wohnen, außge-
nommen Sanct Johanßen ritter ordens3, uber men-
schen gedencken ublich hergebracht, in weltlichen
sachen, alß frönen4, kauffen und verkauffen und
dergleichen, den geistlichen zugepietten und zuver-
pietten, dieselbigen auch in nottfällen mitt schat-
zungen zubelegen, das dessen aber ohnangesehen
das stifft | zu Sanct Martin5 auf anraitzen des wey-
bischoffs des stiffts Basel von der statt Collmar ju-
rißdiction und bottmässigkheit6 exempt zu machen
und außzuziehen7sich understünde, und damitt ein
capittell berurts stiffts solch sein unrechtmessig für-
nemen desto baß8 inß werck setzen möchte, so hette
es sich in schutz und schirm des haußes Österreich,
der statt Collmar zu nachtheill, begeben9.

a Textvorlage A (Handschrift): AM Colmar GG 151, Nr. 2
(ohne Blattzählung). Mit der Unterschrift und dem Sie-
gel von Johannes Nervius. Textvorlage B (Handschrift):
AM Colmar GG 151, Nr. 1. Abdruck: Rocholl, An-
fänge, S.223-234.

1 Die wichtigsten der im folgenden Gutachten enthaltenen
Abkürzungen sind: c. = capitulum, cons. = consilium, ff.
= Pandectae, Digestum, 1. = lex, no. = numerus, q. =
quaestio, tract. = tractatus, vol. = volumen.
2 Berichterstattung, s. DRW 11, Sp. 845.
3 Die Kommende der Johanniter in Colmar unterstand
seit 1541 der Komturei Sulz, s. Clauss, Historisch-
topographisches Wörterbuch, S. 214.

derowegen, so ist erstlich die frag, was einem ehr-
samen rhatt zu handthabung seiner wolherbrachten
gerechtigkheit und jurisdiction uber besagte geistli-
che in der statt Colmar wohnende fürzunemen, und
ob nicht ein ehrsamer rhatt befugt, den geistlichen
den schutz und schirm aufzukünden,
zum andern, dieweil die pfaffen | sich in der statt
Collmar wie allenthalben in lehr und leben gantz
unchristlich und ärgerlich halten, ist die frag, ob ein
ehrsamer rhatt vermög des anno etc. 55 aufgericht-
ten heilsamen religionfriedens befuegt, die religion
zuverändern und prediger, die sich der Augspurgi-
schen Confession gemeß hielten, an der päpstischen
pfaffen statt zuverordnen,
zum dritten, da ein ehrsamer rhatt der statt Coll-
mar die religion verändert und derwegen von der
Römischen kayserlichen mayestat oder anderen
ständen angefochten und zu red gestellt würde, wel-
cher massen sollichs zuverantwortten.

4 Pfänden, s. Grimm, DWb 4, Sp. 236.
5 Zum Kollegiatstift St. Martin vgl. die Einleitung S. 473.
6 Herrschaft, Befehlsgewalt, s. FWb 4, Sp. 870.
7 Entziehen, s. FWb 2, Sp. 1562f.
8 Besser.
9 Das Stift St. Martin hatte sich im Streit mit dem Col-
marer Rat um den Beitrag zur Türkensteuer und um die
Inventarisierung der Hinterlassenschaft der Geistlichen
mit der Bitte um Unterstützung an den Oberlandvogt
Erzherzog Ferdinand II. von Österreich gewandt. Vgl.
Rocholl, Anfänge, S. 171-173.

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