Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0063
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Eheordnung 1565

Sovil aber die Blutfreündtschafft in der beseyts li-
nien betreffen thut, wöllen wir, daß under densel-
bigen die ehe bits18 an den vierdten Grad verbotten
sein soll, Alß nemlich, der Bruder soll nicht nemmen
die schwester, sie seien ehelich oder unehelich von
einerley vatter unnd muter oder deren einem allein
erboren. Dann sollichs in allen Göttlichen, Naturli-
chen unnd menschlichen Rechten verbotten und ab-
scheulich ist. Es sollen sich auch nicht miteinander
verheurathen brüder unnd schwester kinder, noch
auch der brüder und schwester kindts kinder, sie
seyen in gleicher oder ungleicher linien, Als nemlich,
so soll keyner zur ehe nemmen seines Großvatters
bruders tochter, so mit ihm im dritten glyd onglei-
cher linien, noch auch seines Großvatters bruders
dochter dochter, so ime im dritten grad, doch glei-
cher linien, verwandt ist. Wir wöllen aber in der be-
seyts linien der Blutfreündtschafft im vierdten grad,
es seye in gleicher oder ongleicher linien, die ehe
menigklich19 erlaubt und frey gelassen haben, Die-
weil solche ehe weder in Göttlichen, naturlichen
noch Kayserlichen Rechten verbotten ist. Und seye
dieses alles geordnet von den Personen, welche von
we- |A 5v| gen der Blütfreündtschafft sich miteinan-
der nicht verehelichen mögen.
Demnach auch die Ehe von wegen der Schwager-
schafft20 in vil weg verpotten ist, dieweil des ehe-
weibs blutfreündt ihrem ehemann eben in dem glyd
der Schwagerschafft zugethan, damit sie dem weib
Blutfreündtschafft halb verwandt seindt, unnd glei-
cher gestalt des Manns blutfreündt eben im selbigen
grad dem weib mit schwagerschafft zugehören, da-
mit sie dem Mann mit blutfreündtschafft zugethan
seindt, auch die ehe in denen graden der schwager-
schafft verhindert würdt, in welchen die der Blut-
freündtschafft halb verbotten ist, also daß der
Mann sich gleicher gestalt von seines weibs bluts-
freünden enthalten muß wie von seinen blutsfreün-
den, So wöllen und ordnen wir, daß die ehe in der
rechten auff- oder abstigenden linien der Schwager-

18 Bis.
19 Jedermann.

schafft durchauß verpotten sein soll, Allso daß der
son hienauffwerts zurechnen nicht nemmen soll sein
stieffmuter, es seye die erst, die ander oder die dritt,
welche sein vatter zur ehe gehabt hatt, Auch nicht
seines weibs stieffmuter, welche ihr vatter nach ime
gelassen. Er soll auch nicht nemmen sein schwiger,
daß ist seins weibs muter, Auch nicht seins vatters
braut, die seinem vater vermehelet ist worden und
sein stieffmuter solte worden sein, noch auch seiner
braut muter, daß ist die, mit welcher dochter er sich
zuvor verlopt und doch nit hochzeit mit ihr gehalten
hat. Er soll auch nicht nemmen seiner stieffmuter
muter, seines stieffvatters muter, seines Großvat-
ters weib, daß ist seines vatters oder seiner muter
stieffmuter, noch auch seines weibs großmuter, sie
seye des vatters muter oder der muter muter. Auch
mag er sich nicht verheurathen mit seiner
stieffmuter Groß- |A 6r| muter, seines stieffvatters
Großmuter, seines weibs Großmuter muter, seines
weibs Großvatters muter, noch auch der Großmuter
stieffmuter, des Großvatters stieffmuter. Dann sol-
che personen alle für unser müter gerechnet werden.
Nicht weniger ist in auffstigender linien der Schwa-
gerschafft verbotten, Daß die dochter nicht soll
nemmen ihren stieffvatter, ihres mans stieffvatter,
iren schweher, daß ist ihres Manns vatter, irer
muter breutgam, daß ist, welcher ir stieffvatter solt
worden sein, ires breutgams vetter, daß ist denen,
mit welches son sie sich zuvor verlobt und doch
nicht hochzeit mit im gehalten hat, noch auch mit
irer stieffmuter vatter, ires stieffvatters vatter, ires
mans großvatter, er seye seines vatters oder seiner
muter vatter, ihrer großmuter mann, daß ist ihres
vatters oder irer muter stieffvatter. Sie soll sich
auch nicht verehelichen mit ihrer Stieffmuter groß-
vatter, ihres stieffvatters großvatter, ires Manns
großmuter vatter, ihres Mans großvatters vatter,
irer großmuter muter mann, Daß ist irer großmuter
stieffvatter, ires Großvatters muter mann, das ist
ihres Großvatters stieffmuter. Dann dise personen
alle für unsere müter geachtet werden.

20 Die Schwagerschafft ist die Verwandtschaft, die durch die
Heirat entsteht, s. auch Grimm, DWb 15, Sp. 2179.

43
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften