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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0071
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6. Kirchenordnung 1573

I. Vom Kirchengesang, Predig und Ceremonien

Auff den Sontag und Feiertag, wo Lateinische
Schulen sein, sol der Schulmeyster mit den Schülern
eynen lateinischen Antiphen, so sich zur zeit rei-
met21, singen: Als von Weyhenachten biß auff Pu-
rificationis Mariae22: O admirabile commertium,
Von Purificationis biß Ostern: Vivo ego, dicit Do-
minus, nolo mortem peccatoris etc., Von Ostern biß
Pfingsten: Alleluia, Resurrexit Dominus etc., Von
Pfingsten biß auff Weyhenachten: Veni S. Spiritus
etc. Darnach sing man das Kyrie deutsch, wie es im
Straßburger Cantional beschriben ist23. Nach dem
Kyrie soll der Pfarherr die Offne Beicht sampt der
Absolution sprechen auff massen, wie folget:
Offne Beicht:
Ich will dem Herren mein ubertretung beken-
nen, so vergibstu mir die missethat meiner Sünden.
Darumb werden dich alle heyligen bitten zur rech-
ten zeit24:
Allmechtiger, Ewiger Gott und Vater, wir be-
kennen und verjehen25, daß wir leider in Sünden sein
empfangen und geboren26, vol unwissenheit und |2|
unglaubens deines Göttlichen Worts, allzeit geneigt
zum bösen und faul zum guten, ubertreten dein hei-
lige Gebot ohn unterlaß, dardurch wir in den ewigen
Todt fallen und uns selbst je lenger je mehr verder-
ben. Das ist uns aber leyd und begeren deiner gna-
den und hilff. Erbarm dich uber uns, aller gnedig-
ster, barmhertzigster Gott und Vater, durch deinen
Sohn, unsern Herren Jhesum Christum. Verleihe
und mehre uns deinen Heiligen Geist, der uns lere,
unsere Sünd und ungerechtigkeit gründtlich erken-
nen und berewen, auch dein gnad und verzeihung
unserer Sünd in Christo, unserem Herren, deinem
lieben Sohn, mit warem Glauben ergreiffen und an-
nemen, also daß wir den Sünden je lenger je mehr
absterben27 und dir in einem newen leben zu deinem

21 Paßt, s. Grimm, DWb 14, Sp. 671.
22 2. Februar.
23 Straßburger Gesangbuch (1541), Bl. Fv - Gr. Von Mat-
thäus Greiter.
24 Ps 32,5-6.

preiß und besserung deiner Gemein dienen und wol-
gefallen mögen, Amen.
Höret den Evangelischen Trost:
Johannis am III [16]: Also hat Gott die Welt ge-
liebt, das er seinen einigen Sohn gab, auff das alle,
die an ihn glauben, nit verloren werden, sondern das
ewig leben haben.
I. Timoth. I [15]: Das ist gewißlich war und ein
thewer werdes |3| wort, das Christus Jhesus ist in die
welt kommen, die Sünder selig zumachen.
Johan. III [35-36]: Der Vater hat den Sohn lieb und
hat ihm alles in seine hand geben. Wer an den Sohn
glaubt, der hat das ewig Leben.
Actor. X [43]: Alle Propheten zeugen von Christo,
das durch seinen Namen alle, die an in glauben, ver-
gebung der Sünden haben.
I. Johan. II [1-2]: Lieben Kindlein, ob jemandt sün-
diget, so haben wir einen Fürsprechen bey dem Va-
ter, Jhesum Christum, der gerecht ist. Und derselbig
ist die versünung für unser Sünde.
Nach diser Sprüch einem, so spreche der Pfarher ein
solche Absolution:
Unser lieber Herr Jhesus hat seiner Kirchen di-
sen hohen trost verlassen28, daß er uns Predigern,
seinen Dienern, befohlen hat, allen denen, so ihre
Sünde leid sein, die an Christum glauben und ver-
trawen und ihr leben begeren zu bessern, die Sünd
zuverzeihen, und hat zugesagt, daß solchen ihre
Sünd droben im Himel verzihen sein sollen29. Auff
disen |4| gnädigen befehl und vertröstung unsers Her-
ren Jhesu Christi verkündige ich allen denen, so ihre

25 Gestehen ein.
26 Vgl. Ps 51,7.
27 Vgl. Röm 6,2.
28 Hinterlassen, s. Grimm, DWb 25, Sp. 730f.
29 Vgl. Mt 16,19 und 18,18; Joh 20,23.

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