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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0076
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Grafschaft Hanau-Lichtenberg

Die wort von der Absolution oder gewalt
der Schlüssel
βDer Herr Jhesus Christus sprach zu seinen Jün-
gern: Gleich wie mich mein Vater gesand hat, also
|14| sende ich euch auch. Und da er das gesagt, bließ
er sie an und sprach: Nemet hin den Heiligen Geist.
Welchen ihr die Sünde vergebet, denen seind sie ver-
geben, und welchen ihr sie behaltet, denen seind sie
behalten.

III. Vom
Wiewol zu diser zeit nit viel alte Menschen, sondern
zum mehrer theil Kinder getaufft, wie es denn auch
recht und Christlich ist, daß die Kinder getaufft
werden, jedoch, so man recht zu hertzen fasset, von
wem der Tauff gestifft und eingesetzt, auch was
grosse gutthat uns auß Gottes gnaden durch den
Tauff angeboten und ubergeben, so wird er ohn allen
zweiffel für kein liderlich69 kinderspiel, sondern für
der hochwirdigsten, trefflichsten werckzeug einen,
dadurch der Heilige Geist in uns krefftig und thetig,
gehalten. γDenn nach dem der Tauff durch den Teuf-
fer Jo- |15| annem auß Gottes beruff70 angefangen,
hat der Sohn Gottes, unser lieber Herr Jhesus Chri-
stus, denselben nicht allein selbs empfangen, son-
dern auch bestetiget und befohlen, daß er für und
für in der Kirchen biß zu end der Welt gehalten und
gebraucht werden sol71.
δUnd dieweil S. Paulus bezeuget, daß wir mit Chri-
sto in den todt durch den Tauff begraben, auff das,
gleich wie Christus ist aufferstanden von den todten
durch die herrligkeit deß Vaters, also sollen auch wir
in eim newen leben wandlen, εDaß auch die, so ge-
taufft werden, Christum anziehen, Und der Tauff
sey ein Badt der widergeburt, der reinigung und der
ernewerung deß Heiligen Geistes, So kan man sich

Darnach so halt der Pfarherr oder Schulmeister mit
den Kindern das Examen und lere die jüngsten den
blosen Text der sechs stück, oben beschrieben, Die
andern aber auch die außlegung auß dem kleinen
Catechismo Lutheri. Und so solchs alles ein stund
geweret, beschließ man mit dem Gebet, Gesang und
Segen.

Tauff68
darauß wol erinnern, daß er sey ein Göttliche Ce-
remonia und heilig Sacrament, dardurch wir unsers
beruffs zur kindtschafft Gottes vergewist und in die
posseß der ewigen Himlischen güter eingesetzet wer-
den. Denn, wiewol nicht alle, so getaufft, die ewig
seligkeit erlangen, so geschicht doch dasselbig nicht
auß mangel deß Tauffs und beruffs Gottes, sondern
auß mangel deren, so sich deß Tauffs nit mit rech-
tem vertrawen in den Herrn Christum durch sein
Evangelium gebrauchen. Darumb, nach dem so viel
an dem Christlichen Tauff gelegen, das wir uns sein
in den aller grösten und schweresten anfechtungen,
fürnemlich von der ewigen versehung Gottes, be-
helffen und getrösten mögen und sollen, So ist kein
mühe zusparen, damit er Christlich gehalten, auß-
getheilet und entpfangen werde.
Und anfenglich sol der Widerteuffer irrthumb, so
den jungen und unmündigen Kindern den Tauff ab-
schlagen, gentzlich verworffen sein, sondern die
Kinder, alß die nicht der geringste theil Gottes
Volck sein, sollen vermög Göttlichs Worts und ord-
nung getaufft werden. |16|
Und wiewol vor zeiten in der ersten Kirchen nur
zwo zeit im jar, nemlich Ostern und Pfingsten, zu

β Ioan. 20 [21-23].
γ Esai. 40 [3]; Mat. 3 [13-17] (im Druck: Mat. 1); Marc. 1
[9-11]; Luc. 3 [21-22]; Ioan. 1 [29-34]; Mat. 28 [19-20].
δ Rom. 6 [3-4].
ε Gal. 3 [27]; Tit. 3 [5]; Ephes. 5 [26],

68 Aus der württembergischen Kirchenordnung von 1553,
Sehling, EKO XVI, S. 231-237.
69 Leichtsinniges, s. Grimm, DWb 12, Sp. 987.
70 Berufung, s. FWb 3, Sp. 1544f.
71 Mt 28,19-20.

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