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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0105
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7. Schulordnung 1614

ime geliebet, kommen oder nicht, sondern zuvor sei-
nem praeceptori sein nothwendig Geschefft der Ge-
bür anzeigen, von ihme veniam24 erlangen oder nach
Verdienst mit Ruthen ernstlich gestrafft werden sol-
le. Dessgleichen sollen sie auch in p[uncto] horaed
vor und nach Mittag erscheinen, wenns schlegt, und
nicht allererst uber eine halbe Stundt hernacher
kommen.
νZum Dreyzehenden, wo lateinische Knaben inn
studiis so weit kommen weren, dass sie Exercitia
styli zu schreiben anfingen, als sollen denselben wo-
chentlich zwey underschiedliche und kurtze Argu-
menta, uff ihr Alter und Lectiones, so viel möglich,
gerichtet, Mittwochs und Freittags nach Mittag un-
fehlbarlich25 proponirt werden, also ihre praecepta
Grammaticae und Syntaxis ad usum transferirt,
ihre Lectiones in sucum und sanguinem vertirt26,
darneben auch sonsten die repetitiones declinatio-
num und conjugationum fleissig getrieben werden.
ξZum Viertzehenden, weil die Examina inn Wahr-
heitsgrundt nervi scholarum sind und heissen, auch
(wie menniglich27 bewust und unläugbar) unzehl-
bare viel Nutzbarkeiten mit sich pringen, so ordnen
und setzen wir hiemit ein, das künfftig, mit Verlei-
hung Göttlicher Hülff und Gnaden, inn Beysein al-
ler vorgemelter Scholarcharum und Inspectorum je-
des Ortts järlich derselben zwei underschiedliche
allenthalben unfehlbarlich gehalten werden sollen,

ν 13. Exercitia styli sive Argumenta.
ξ 14. Examina.
ο 15. Distributio Lectionum.

d Klein: pô. horae.

24 Erlaubnis.
25 Unbedingt, zuverlässig, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 107 und Grimm, DWb 24, Sp. 532f.
26 Gänzlich zu eigen gemacht [werden]. Zur Wendung in
sucum et sanguinem (in Fleisch und Blut übergehen), vgl.
Otto, Sprichwörter, S. 334.
27 Jedermann.
28 Aufgewandte, s. FWb 1, Sp. 1592 und DRW 1, Sp. 786.
29 29. September.
30 Vermutlich handelt es sich bei den Vocabula Benzii um
das „Thesauri latinitatis purae compendium“, das 1596

jedes ein halben oder gantzen Tag, nach jedes
Flecken oder Ortts Beschaffenheit, damit man sehe
und spüre, ob beederseits die Praeceptores und Dis-
cipuli ihr officium gebürlich verrichtet und der an-
gewendte28 Uncosten wohl angelegt sey: Das erste
zwar inn der Wochen Judica, Montags vor dem
Palm Sontag, das ander aber umb Michaelis29, ehe
und dann die Herbstferiae den Knaben gegeben wer-
den. Bey den Lateinischen höre man, wie sie Latei-
nisch buchstabieren und lesen, decliniren und con-
jugiren, die Vocabula Bentzii30, praecepta Gram-
maticae und Syntaxis, ihren Catechismum und
Psalmen, besehe Schrifften und Argumenta. Bey
den Teutschen aber höre man Teutsch buchstabiren
und lesen, besehe ihre Schrifften, höre ihr Gebett,
Catechismum, Haustaffel, Fragstückh und Psal-
men, da dann je nach Befindung der Sachen gehan-
delt und sie beederseits gerümbt oder besprochen
werden31. Uncosten zu vermeiden, kann es nach ge-
haltenem Examine gleich wie zu Buchsweyler ge-
halten werden, Damit Allerseits auff die Ehre Got-
tes, der Kirchen und Jugent Nutzen, auch einer
gantzen Burgerschafft Wohlfarth gesehen werde.
oZum Fünffzehenden, die Lectiones betreffendt, wie
solche die gantze Wochen und Jahr über sollen ge-
halten werden, können die Lateinische ordentlich
lernen, recht buchstabieren, langsam und deutlich
lesen, eigentlich pronunciren und aussprechen,
nachgehends auss dem Donato32 decliniren und con-

erstmals bei Bernhard Jobin in Straßburg erschienen
und 1612 ebendort nachgedruckt worden war. Johannes
Bentz (1547-1599) war zunächst Klassenpräzeptor, spä-
ter dann Professor für Dialektik und Mathematik an der
Straßburger Akademie. Zu weiteren Werken von ihm
vgl. Schindling, Hochschule, S. 240 mit Anm. 19 und
20, S. 261 und 278.
31 Zur Rede gestellt werden, s. FWb 3, Sp. 1892 und 1894.
32 Die von Aelius Donatus (ca. 310-380, Lehrer des Kir-
chenvaters Hieronymus) verfaßte „Ars grammatica“
zählt zu den wirkungsmächtigsten lateinischen Lehrwer-
ken. Im Mittelalter setzte sich eine Trennung in die „Ars
minor“ (Donatus vulgaris), die als Elementargrammatik
verwendet wurde, und die „Ars maior“ durch. Edition
der „Ars grammatica“ in Keil, Grammatici latini 4,
S. 355-402. Vgl. DNP 3, Sp. 775; Lex. d. MA. 3,
Sp.1238-1240.

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