Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0149
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6. Bericht des Predigers Pierre Marboeuf über die Lehre der französischen Gemeinde [1560]

schen die gleißner52, bis das Gott ire schalck-
heitt53 der kirchen offenbare. Unnd auff solche weiß
besseren wir die sittenn, straffen die laster, damitt
ein yeder, durch solche zucht gewarnet, seinem
ampt desto fleissiger vorstehe.
Unnd letstlich verwerffe ich der bapisten lehr, nem-
lich vonn der verwandlung oder transsubstantiation
des brodts im nachtmall54, vonn opffer der meß55,
vom fegfeür, von der heimlichen ohren beicht und
vonn aller anderer genugthuung für die sünde, auß-
genomen des bluotts Christi, von vertrauwen un-
serer werckh, vonn freyem willenn, vonn ungewiß-
heitt | des glaubens, von zweifflung56 an unserm
heill, vonn anrüeffung der heilligenn, von verehrung
der götzenn57, vonn entheilligung der sacramenten
unnd, kurtzlich, von allen andern dergleichen vonn
menschen erdichten fablen ausser dem wortt Gottes,
verwerffe auch unnd verdamme zugleich auß Gottes
wortt die verfüerische sect der widertäuffer.

[8.] Ich lere auch unnd halte an bey allenn gleubi-
gen, so da begeren, inn Christo heill zuerlangen, das
sie beid zuglich verleügnen, damitt sie nitt ettwa
irer straff theilhafftig werden, wa sie sich inn iren

b Erg. über der Zeile.
c Eine weitere Fassung des Textes findet sich in hand-
schriftlicher Form unter AD Haut-Rhin 1 E 83 / 157
(auch sie ohne Blattzählung):
Kurtzer bericht der lehr christenlichen glaubens, wie es
darmit zu Marienkürchen im Leberthall gehaltten und
geprediget würdt. Durch Petrum Marbeuff, pfarherrn
und kürchendienern daselbsten etc. [von and. Hd. hin-
zugefügt].
Dieweil der fürnembste punct christenlicher lehr der
rechten religion dahin langt, wie wür zu Christo sollen
kommen, auff das wür (die von uns selbst verloren)
durch in das heill wider erlangen, aus diser ursachen ver-
kündige ich billich Jesum Christum frey, rundt und of-
fentlich, predige auch in seinem namen buß und verzei-
hung der sünden. Darumb, seinem befelch folg zuthun,
will ich dise zwey stuckh zu tractieren für die handt ne-
men, | damit nit das, so ich hie anzeigen will, one grund
und ordnung sey:
[1.] Damit ich es nun leichter zu verstehn geb, so sag ich
offentlich, das die menschliche natur in allen iren glidern
verderbt, welches Gott, dem schöpffer, nit zuzumessen,
sonder unserer verkertten natur, angesehen, das er, der

sünden verwicklenn, ermane sie auch, das sie sich
selbst verhalten58 und biß ans endt inn der warenb
kirchen bestendigklich beharren unnd denen anhan-
gen, die den waren glauben bekennen, so sie der
güetter Gottes, des vaters, im sohn durch den heil-
ligenn geist begeren, theilhafftig zuwerden, so sie
auch des ewigenn lebens wellen geniessen, welche die
höchste seligkeit ist, inn der auferstehung der todten
unnd der zukunfft59 Jhesu Christi zum gericht.
Dann ausserhalb diser kirchen ist nichts dann dodt
und ewige verdamnuß60.
Also hab ich kurtzlich erzelet, was ich bißher offent-
lich unnd heimlich durch die hilff unsers herren
unnd heillandts Jhesu Christi gelertt, damit ich ein
jedenn dem aller- | höchstenn priester unserer seell
möchte zubringen, welcher auch nach seiner güette
meine, wie wol geringe arbeit nicht verachtet noch
unfruchtbar gelassen.
Ihm sey lob unnd ehre in ewigkeitt. Der herr, der
beschürmer der welt, gebe, das die ihn auß reinem
hertzenn unnd warem glaubenn annemen, in ihm
sampt uns allenn heill erlangenn mögenn, Amenc.

schepffer, unsern ersten vatter Adam und mit ime Evam
(wie er selbst bezeüget) ihme gleich geschaffen, in nach
dem bildt Gottes, das ist theilhafftig aller seiner güetter
und volnkomen in al seinem wesen, von welcher schöpf-
fung er, der mensch, aus eigner willkur durch die sündt
gefallen, das dan von ime auff alle menschen zum fluch
geerbet der gestaltt, das alle die, so von seinem ge-
schlecht herkomen, von mutter leib an kinder des zorns
und der sünden theilhafftig geborn werden, daher der
mensch billich überwunden und verdampt ist vor Gott,

52 Personen, die falsche Fähigkeiten oder Qualitäten vor-
täuschen (Scheinheilige), s. FWb 6, Sp. 2349-2351.
53 Täuschung, s. Grimm, DWb 14, Sp. 2079f.; DRW 12,
Sp. 177f.
54 Vgl. Nr. 4, Art. 35.
55 Vgl. Nr. 4, Art. 39.
56 Zweifflung kann sowohl „Zweifel“ als auch „Verzweif-
lung“ meinen, s. Grimm, DWb 32, Sp. 1035.
57 Vgl. Nr. 4, Art. 20.
58 Sich zurückhalten, enthalten.
59 Wiederkehr, s. Grimm, DWb 32, Sp. 478.
60 Vgl. Nr. 4, Art. 42-44.

129
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften