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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0158
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Herrschaft Rappoltstein

aber die kleinen kinder den glauben nit, dann der
glauben kombt vom hören und daß hören vom wort
Gotes, Rom. 10 [17], Johan. 6 [29], 1 [12] und 4 [42]
unnd Esaia 43. cap. [9-10]. Dann man kan dem Her-
ren nit vertrawen, man kenne innen dann. So kan
man inen nit kennen, man habe dann von ime hören
reden, welches beschicht durch das wort Gotes17,
welches unns auch leeret die ware bekhanndtnus sei-
nes willen. Unnd entpfahen in unns durch den hei-
ligen gaist den waren glauben. Unnd aber zubege-
ren, das Got extraordaniglich, uber die ungewont
weiß, den kindern den glauben gebe, das ist unns
unmuglich zubesteten18, angesehen19, das er unns
durch die heilig gschrifft nit offenbar ist. Unnd aber
von wegen der bewegung unnd freud Johanni Bab-
tiste in mutter leib20 ist ein extra ordinary werckh, |
zue confirmieren die enntpfahung unnßers herren
Jhesu Christi. Von wegen Jeremie, welchen Got in
mueter leib gehailiget hat, das muß verstannden
werden von dem bevelch Gotes, durch welchen er in
von mueter leib zum propheten erwelet hat21, wie S.
Paulus von ime selbs urkhundt gibt, Gallat. 1 [15],
das in Got von mutter leib außerkoren hat, zuver-
khundigen das evangelium seines sohns, wiewol er in
langer zeit darnach die ware bekhanndtnus unnd
glauben Jhesu Christi nit hat gehabt. Es ist wol
war, das wir glauben, das die kleine kinder der glau-
bigen den heiligen gaist unnd seine gaben enntpfa-
hen, darumb, das sie Got durch seine zusagung fur
seine kinder annimbt unnd macht sie erben seines
reichs22. So restet23 nun, das wir sagen, das die kin-
der uff iren eigenen glauben nit getaufft werden,
sunder in glauben der vatern, entpfahen den pundt
Gotes fur sie unnd die iren. Unnd darumb ist dißer
anfanng in der schuel der theologis gemein gewe-
ßenn, in welche Got hat gelaßen ein rest, das die
kinder werden getaufft in fide parentum. Nit, das
die väter darumb ein ursach der kinder heil unnd

voluntatis Dei erga nos, ad excitandam et confirmandam
fidem in his, qui utuntur, proposita. Itaque utendum est
sacramentis ita, ut fides acceddat, quae credat promis-
sionibus [...].
17 Vgl. Nr. 4, Art. 11.
18 Anzuerkennen, s. FWb 3, Sp. 1979f.
19 In Anbetracht der Tatsache, s. FWb 1, Sp. 1161f.

selickhait seien, sunder durch den verdienst deß
bluots Jhesu Christi, im glauben durch die väter
unnd mueter enntpfangen, ist die einig ursach der
seelickhait aller baiden. Als wann ein vater unnd
seine kinder wider | iren fursten crimen lesae ma-
iestatis begiengen, unnd das der furst dem vater in
abweßen seiner kinder ein begnadt brieff geben fur
sie alle. Wiewol die kinder nit darby waren geweßen
unnd haten die gemelten brieff nit entpfangen, nit
desto minder waren sie durch solchen, den iren vater
hat, der ubelthat frei unnd ledig. Nit, das ir vater
der principal ursacher seie, sunder die guetlickhait
unnd miltickhait deß fursten, welcher dem vater
unnd seine kinder fur sich animbt unnd gnadt be-
weist.
Derohalben müßen die vatern unnd müetern glau-
big sein. Ist als vil gesagt, das sie uffs wenigst alle
ketzereien unnd irthumb das evangelium zersteren,
sollen auch begeren und erfordern, in der kirchen
unnßers herrn enntpfangen zuwerden. Deßhalben
die anfenglichen kirchen haben die alten unnd gro-
ßen nitt getauft, sie werren dann zum allerersten
gewißen24 unnd im glauben deß evangeliums geleert.
Die hat man genennt cathechumentren [sic]. So hat
man auch nur die kinder derßelbigen cathechumen-
tern getaufft, wie wir in den doctorn und alten
historien leßen. Und dißer gewonhait, den catheisius
[sic] zuleren und zutaufen, ist fleißiglich in der kir-
chen gehalten worden, biß der anthichrist durch sein
hoffart und tirranei hat zerstört die ware leer und
umbgestürtzt alle ordnung, zucht und christliche
underweißunng. So mueßennd nun etliche | durch
diße ursach bekhennen, das die kleinen kinder sol-
lend durch die glaubigen gebracht werden, sagen
aber, es sei nit alwegen von nöthen, das die vater sie
bringen, so verr die gevatern25 glaubig seien. So sie
unns von den glaubigen vatern reden, die in der kir-

20 Vgl. Lk 1,41.
21 Vgl. Jer 1,5.
22 Vgl. Mk 10,14par.
23 Bleibt übrig, s. Grimm, DWb 14, Sp. 824; DRW 11,
Sp. 943.
24 Unterwiesen, s. FWb 6, Sp. 1883.
25 Paten.

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