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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0162
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Herrschaft Rappoltstein

re, den kelch anzurieren. | Vermainen darmit, das
hailigthumb seie im geschirr55 unnd nit im wort
Gotes, welches das sacrament macht, oder als wann
die hannd nit so würdig wer als der mund. Denn der
glaub heiliget unnd weschet gentzlich den leib unnd
die seel unnd macht sie geschickht, das heilig sa-
crament deß herren sambt seine guthaten unnd gna-
den zuenntpfahen etc.
Deßgleichen kunden wir den brauch nit annemen
nach beweren, das nachtmal deß herrn in die heüßer
der kranckhen unnd anndern zutragen. Erstlich dar-
umb, das die sacramenten ohnufflößliche sigell der
ofendtlichen predig deß wort Gotes sindt, gleich wie
offene tempel sindt zum wort Gotes; daselbst sollen
auch die sacramenta gegeben unnd administriert
werden. Dann wir leßen nit, das die apostel, an wel-
chen wir unns confirmieren sollen, das nachtmal
außernhalb der ofendtlichen versamlung gegeben
haben, wie Paulus in der 1. Corinth. 11. cap. [33]
verstendiglich sagt, das die glaubigen zusamen ko-
men, wartet einer deß andren, das heilig nachtmal
deß herren zuehalten. Deßhalben kunden wir nit
diese sunderliche nachtmal beweren, welches gentz-
lich wider die heilig einsetzung unnd gebrauch der
apostel ist. Raichet uff56 | die opinion unnd meinung
deren, die vermeinen, das alle personen, so das
nachtmal nit entpfanngen heten, verloren wer-
den57; in welchem die alten auch geirt haben, welche
deßhalben den kleinen kindern das nachtmal ge-
raicht haben58.
Wir geben und halten das nachtmal jars vieren mal:
zue Ostern, Pfingsten, im ersten Sontag Octobris
und Weihnachten, unnd widern59 uns auch nit,
daßelbig ofter zuehalten, so es zu erbawung der kir-

d Korr. aus: durch.
e Gestr.: das brot brechen unnd die gebet.

55 Gefäß (also im Kelch), s. FWb 6, Sp. 1300-1302.
56 (Dies) bezieht sich auf.
57 Vgl. Nr. 4, Art. 27.
58 Im Taufordo schloß sich, vielfach bis ins Spätmittelalter
hinein, an die Scheitelsalbung die Taufkommunion der
Neugetauften an. Vgl. Lex. d. MA. 8, Sp. 499f.; TRE 11,
S. 199 (s.v. Firmung). Pierre-Marie Gy, Die Tauf-

chen fur gut geacht wurt. Aber angesehen die
schwachait unnd unwißenhait der menschen be-
nuegt unns uff dißmal dise ordnung. Die namen
unnd auch der signification deß nachtmals zeigt uns
daßelbig clerlich. Dann sie wurdt gehaißen und ge-
nent: ein gemainsam unnd gastmal aller glaubigen;
sie wurt auch genant: sinaxie60, das bedeut: gemain-
schafft; unnd S. Paulus nennts: kinonia61, ist sovil
gesaget als: gemainsame, darumb, das die waren
glaubigen zusamen komen, mit Jhesu Christo unnd
allen seinen glidern, iren brudern, gemainschafft zu-
haben62. Derhalben ist sie durch die alten agapi ge-
nant worden, das bedeut: die lieb, von welchem das
nachtmal ein sacrament ist und gewißer pfanndt sei,
wied diße matheri | durch Sanctum Paulum volliglich
gehandelt wurdt in der ersten Corinth. am 10. und
11. cap., wie das nachtmal seie der new punt, durch
Jhesum mit seiner kirchen ernewert unnd confir-
miert, unnd der aid der getrewhait, die sie ime
thuet, unnd das eucharistiae, welches ist ein offendt-
liche danckhsagung der glaubigen, die in die heilig
versamlung komen. Darumb in geschicht der apo-
stel sind diese ding bei einander geweßen: die leer,
die gemainschafft, das brot brechen und das ge-
bet63. Nit, das sie alwegen bei einander sindt, dann
die leer, gemainschaffte, bruederliche versamlung
unnd gebet mogen wol ohne das brot brechen sein;
dargegen mag das nachtmal allein nit beschehen.
Wurdt noch weiter genannt: liturgi64, das haist:
ministeri ambt oder offendtlicher bevelch. Derma-
ßen, das hiedurch umb die obgesagten ding muß
notwendiglichen beschloßen werden, das das heilig
nachtmal Jhesu Christi ein offendtliche danckhsa-
gung fur die glaubige versamlung [ist]. Derhalben
kunden wir den brauch der sunderlichen nachtmal

kommunion der kleinen Kinder in der lateinischen Kir-
che, in: Hansjörg Auf der Maur / Bruno Klein-
heyer, Zeichen des Glaubens, Köln 1972, S. 485-491.
59 Weigern, widersetzen, s. Adelung 4, Sp. 1522
60 Zu συαξις s. Lidell / Scott, Lexicon, S. 1695.
61 Zum Bedeutungsumfang von κοινωια s. Lidell /
Scott, Lexicon, S. 970.
62 Vgl. 1Kor 10,16-17.
63 Apg 2,42 (s. auch oben S. 141).
64 Zu λειτουγια s. Lidell / Scott, Lexicon, S. 1036.

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