Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0176
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mülhausen

Illzach und Modenheim von den Grafen von Württemberg erweiterte die Stadt 1437 ihr Territorium
beträchtlich13.
1342 beteiligte sich Mülhausen an einem Zusammenschluß von sieben elsässischen Reichsstädten. Seit
1354 gehörte es zu den Mitgliedern der Dekapolis14. Durch seine isolierte Lage am südlichen Rand der
Dekapolis suchte die Stadt aber auch nach einer Absicherung in anderer Richtung. Hierfür bot sich die
aufstrebende Eidgenossenschaft an. Schon seit jeher pflegte Mülhausen enge Beziehungen zum benachbar-
ten Basel. 1466 kam dann ein erstes, auf 25 Jahre angelegtes Bündnis mit Bern und Solothurn zustande. Die
beiden Orte bildeten einen wichtigen Rückhalt für Mülhausen in dessen Auseinandersetzungen mit Habs-
burg und dem umliegenden Adel und schützten die Stadt im sogenannten Sechs-Plappert-Krieg (1466) und
im Mülhauser- oder Sundgauerkrieg (1466-1469). Sie bürgten auch für die Schulden der Stadt15. Zum
Schutz gegen die Expansionsbestrebungen Maximilians I., der der Stadt 1502 einen Friedensschluß anbot,
wenn sie auf ihre Unabhängigkeit verzichtete, ging Mülhausen 1506 ein Abkommen mit Basel ein. Neun
Jahre später erfolgte dann seine Aufnahme in die Eidgenossenschaft als zugewandter Ort16. Bis 1798 gehörte
es ohne Unterbrechung der Eidgenossenschaft an.
Erste Spuren eines städtischen Rates finden sich in einem Brief des Grafen Albrecht IV. von Habsburg
vom 15. August 1227, der an sculteto, advocato et consiliariis de Mulnhusen gerichtet ist17. Aus dem Jahr 1265
ist dann eine Liste mit Ratsherren überliefert. Der Rat zählte zwölf Mitglieder; bis zur Umwälzung im Jahr
1445 setzte er sich jeweils aus vier Adeligen und acht Patriziern zusammen. Nachdem Adel und Patriziat
1445 aus Mülhausen vertrieben und die Bürger zur Mitgliedschaft in einer Zunft verpflichtet worden waren,
stellten die Zünfte die Ratsherren18. Die Erneuerung des Rates erfolgte jeweils zu Weihnachten, an dem in
Mülhausen das neue Jahr begann19.
Handwerker, Händler sowie Acker- und Weinbauern erscheinen erst nach 1282 in Mülhausen unter den
Bürgern. Vereinigungen der Handwerker in Zünften finden dann ab 1317 Erwähnung. Wie in anderen
elsässischen Städten (Straßburg, Colmar, Hagenau) erkämpften sich die Zünfte auch in Mülhausen noch in
der ersten Hälfte des 14. Jh. ein beständiges politisches Mitspracherecht. In der Folge versammelte sich der
Rat stets zusammen mit den Zunftmeistern; nur als Gericht tagte er allein20.
Eine Urkunde von 1338 nennt neben den Ratsherren erstmals auch einen Bürgermeister. 1347 gestand
Kaiser Karl IV. der Stadt ausdrücklich dessen freie Wahl zu. Bis ins 15. Jh. hinein stellten Adel und
Patriziat den Bürgermeister; dann drängten die Zünfte auch in dieses Amt21. Das Bürgermeisteramt wech-
selte halbjährlich an Weihnachten und am Johannestag. Seinen Amtseid leistete der Bürgermeister seit
Mitte des 15. Jh. nicht mehr im Rathaus oder in der Kirche, sondern auf den Stuben der Zünfte22.
In Mülhausen gab es sechs Zünfte: die der Ackerleute, der Rebleute, der Schneider, der Schmiede, der
Bäcker und der Metzger23. An der Spitze jeder Zunft standen der regierende Zunftmeister, der Altzunft-
meister und die Sechsleut bzw. Sechser. Die Zunftmeister wurden von den Mitgliedern der jeweiligen Zunft
auf ein Jahr gewählt, jedoch vom Rat in ihr Amt berufen. Wie die Bürgermeister waren sie nicht unmit-
telbar wiederwählbar. Im Unterschied zu den Zunftmeistern wurden die Sechsleute durch die Mitglieder der
Zunft gewählt und auch in ihr Amt berufen. Der Rat konsultierte sie in Fragen des Handwerks und bei
wichtigen kommunalen Angelegenheiten. Nach 1445 stellte jede der sechs Zünfte zwei Ratsherren. Die

13 Vgl. Mossmann, Cartulaire 2, Nr. 552, S. 76f.; Moe-
der, Institutions, S. 24.
14 Vgl. Kammerer, Mulhouse, S. 336f.
15 Vgl. Oberle, Zugewandter Ort, S. 61-63.
16 Ebd., S. 64f.
17 Abdruck des Briefes in Moeder, Études, S. 272. Über
die Zusammensetzung und die Kompetenzen des Gre-
miums gibt das Schreiben leider keine Auskunft.

18 Vgl. Moeder, Institutions, S. 86-88.
19 Ebd., S. 91f.
20 Vgl. Livet, Histoire de Mulhouse, S. 33f.
21 Vgl. ebd., S. 34 und Moeder, Institutions, S. 90-94.
22 Vgl. Moeder, Institutions, S. 98-105.
23 Vgl. Livet, Histoire de Mulhouse, S. 38f.; Kammerer,
Mulhouse, S. 340f.

156
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften