Mülhausen
Ergebnis der Ersten Zürcher Disputation war. Mit diesem Mandat entschieden die Ratsherren der Lim-
matstadt, Huldrych Zwingli in der Verkündigung des heilig evangeliums und der recht göttlich gschrift am
Großmünster fortfahren zu lassen. Gleichzeitig wurde allen anderen Geistlichen der Stadt und der Land-
schaft geboten, daß sie anders nüt fürnemen noch predigen sollten, dann was si mit dem heiligen Evangelio und
sust (mit) rechter göttlicher geschrift bewären mögen, dessglichen einandern hinfür dheinswegs schmützen, ketzren
nach andere schmachwort zuoreden49. Das Zürcher Mandat lag zeitlich noch vor dem oben erwähnten Erlaß
des Reichsregiments vom 6. März 1523. Nur vier Tage nach diesem Erlaß, am 10. März 1523, veröffent-
lichte der Rat der Stadt Worms ein eigenes Predigtmandat50. Es folgte im Mai bzw. Juni 1523 der Basler
Rat51. Das Basler Mandat wiederum diente dem Berner vom 15. Juni als Vorlage52. Auch das Mülhauser
Mandat lehnt sich in einigen Passagen eng an das Basler an, in anderen weicht es jedoch deutlich von
diesem ab. Vor allem der zweite Teil des Mülhauser Mandats mit der Ermahnung der inwoner und hinderseß
besitzt in der Basler Ordnung keine Entsprechung.
Nach den Untersuchungen von Emil Dürr gab es von dem Basler Predigtmandat zwei Drucke: der erste
vom Mai bzw. Juni 1523, der zweite aus dem Jahr 1524; beide unterscheiden sich nur durch orthographische
bzw. typographische Varianten53. Auch vom Mülhauser Mandat scheint es 1526 eine Neuauflage gegeben zu
haben. Darin könnte auch eine mögliche Ursache für die unterschiedliche Datierung der überlieferten
Exemplare liegen: uff Mitwoch nach sanct Jacobs tag (Datierung des Einblattdrucks aus dem StaatsA Bern,
abgebildet in Mieg, Réforme) und uff Sant Jacobstag (Datierung der Drucke aus den Archiven in Mül-
hausen und Basel). Die Datierung auf den „Mittwoch nach dem Jakobstag“ dürfte dabei die ursprüngliche
sein; das Mitwoch nach könnte bei der Neuauflage einfach übersehen oder weggelassen worden sein54.
In einem vom Stadtschreiber Johannes Oswald Gamsharst verfaßten Brief vom 27. Januar 1524 recht-
fertigte der Magistrat gegenüber dem Basler Bischof Christoph von Utenheim den Erlaß des Mandats mit
der Uneinigkeit zwischen den Geistlichen, da jeder auf seine Weise gepredigt und die Schrift ausgelegt habe.
Die Folge der Uneinigkeit sei eine große Verunsicherung innerhalb der Gemeinde gewesen. Weil sie das
Verlangen der Bürger nach dem Wort Gottes und dem Evangelium erkannt hätten, sei von ihnen der
Beschluß gefaßt worden, daß alle Geistlichen fortan nach der Richtschnur der Hl. Schrift predigen soll-
ten55.
In ihrem Schreiben zur Verteidigung der reformatorischen Neuerungen vom 1. Juli 1527 (Nr. 7) beriefen
sich die Mitglieder des Mülhauser Magistrats gegenüber den eidgenössischen Boten vor allem auf dieses
Mandat, um deren Vorwürfe, die Stadt habe sich der luterische[n] und zwinglische[n] secten angeschlossen,
zurückzuweisen. Dem Schreiben kann man entnehmen, daß das Predigtmandat an den Türen der Kirchen
in der Stadt angeschlagen war. 1537 erschien das Mandat in überarbeiteter Form zusammen mit der fol-
genden Zuchtordnung (Nr. 13).
2. Zuchtordnung [Ende 1523 / Anfang 1524] (Text S. 189)
Das vermutlich Ende 1523 bzw. Anfang 1524 von Bürgermeister und Rat erlassene Mandat56 greift drei
Probleme auf, die sehr häufig in Zuchtordnungen zur Sprache kommen: 1. das Schwören und Lästern, 2. das
49 Vgl. Egli, Actensammlung, Nr. 326, S. 114f. (Zitat auf
S. 115).
50 Veröffentlicht in Adalbert Becker, Beiträge zur
Geschichte der Frei- und Reichsstadt Worms und der
daselbst seit 1527 errichteten höheren Schule, Worms
1880, S. 33ff.
51 Abdruck des Basler Mandats in Dürr / Roth, Akten-
sammlung 1, Nr. 151, S. 65-69.
52 Vgl. den Hinweis ebd., S. 66 (Anmerkung) sowie Mieg,
Réforme, S. 18.
53 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 1, Nr. 151, S. 65-68
(Anmerkung).
54 Vgl. Mieg, Réforme, S. 51.
56 Ebd., S. 20. Gamsharst fügte seinem Brief an den
Bischof ein Exemplar des Mandats bei.
56 Zur Datierung s. die Erläuterungen unter Nr. 2, Anm. 1.
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Ergebnis der Ersten Zürcher Disputation war. Mit diesem Mandat entschieden die Ratsherren der Lim-
matstadt, Huldrych Zwingli in der Verkündigung des heilig evangeliums und der recht göttlich gschrift am
Großmünster fortfahren zu lassen. Gleichzeitig wurde allen anderen Geistlichen der Stadt und der Land-
schaft geboten, daß sie anders nüt fürnemen noch predigen sollten, dann was si mit dem heiligen Evangelio und
sust (mit) rechter göttlicher geschrift bewären mögen, dessglichen einandern hinfür dheinswegs schmützen, ketzren
nach andere schmachwort zuoreden49. Das Zürcher Mandat lag zeitlich noch vor dem oben erwähnten Erlaß
des Reichsregiments vom 6. März 1523. Nur vier Tage nach diesem Erlaß, am 10. März 1523, veröffent-
lichte der Rat der Stadt Worms ein eigenes Predigtmandat50. Es folgte im Mai bzw. Juni 1523 der Basler
Rat51. Das Basler Mandat wiederum diente dem Berner vom 15. Juni als Vorlage52. Auch das Mülhauser
Mandat lehnt sich in einigen Passagen eng an das Basler an, in anderen weicht es jedoch deutlich von
diesem ab. Vor allem der zweite Teil des Mülhauser Mandats mit der Ermahnung der inwoner und hinderseß
besitzt in der Basler Ordnung keine Entsprechung.
Nach den Untersuchungen von Emil Dürr gab es von dem Basler Predigtmandat zwei Drucke: der erste
vom Mai bzw. Juni 1523, der zweite aus dem Jahr 1524; beide unterscheiden sich nur durch orthographische
bzw. typographische Varianten53. Auch vom Mülhauser Mandat scheint es 1526 eine Neuauflage gegeben zu
haben. Darin könnte auch eine mögliche Ursache für die unterschiedliche Datierung der überlieferten
Exemplare liegen: uff Mitwoch nach sanct Jacobs tag (Datierung des Einblattdrucks aus dem StaatsA Bern,
abgebildet in Mieg, Réforme) und uff Sant Jacobstag (Datierung der Drucke aus den Archiven in Mül-
hausen und Basel). Die Datierung auf den „Mittwoch nach dem Jakobstag“ dürfte dabei die ursprüngliche
sein; das Mitwoch nach könnte bei der Neuauflage einfach übersehen oder weggelassen worden sein54.
In einem vom Stadtschreiber Johannes Oswald Gamsharst verfaßten Brief vom 27. Januar 1524 recht-
fertigte der Magistrat gegenüber dem Basler Bischof Christoph von Utenheim den Erlaß des Mandats mit
der Uneinigkeit zwischen den Geistlichen, da jeder auf seine Weise gepredigt und die Schrift ausgelegt habe.
Die Folge der Uneinigkeit sei eine große Verunsicherung innerhalb der Gemeinde gewesen. Weil sie das
Verlangen der Bürger nach dem Wort Gottes und dem Evangelium erkannt hätten, sei von ihnen der
Beschluß gefaßt worden, daß alle Geistlichen fortan nach der Richtschnur der Hl. Schrift predigen soll-
ten55.
In ihrem Schreiben zur Verteidigung der reformatorischen Neuerungen vom 1. Juli 1527 (Nr. 7) beriefen
sich die Mitglieder des Mülhauser Magistrats gegenüber den eidgenössischen Boten vor allem auf dieses
Mandat, um deren Vorwürfe, die Stadt habe sich der luterische[n] und zwinglische[n] secten angeschlossen,
zurückzuweisen. Dem Schreiben kann man entnehmen, daß das Predigtmandat an den Türen der Kirchen
in der Stadt angeschlagen war. 1537 erschien das Mandat in überarbeiteter Form zusammen mit der fol-
genden Zuchtordnung (Nr. 13).
2. Zuchtordnung [Ende 1523 / Anfang 1524] (Text S. 189)
Das vermutlich Ende 1523 bzw. Anfang 1524 von Bürgermeister und Rat erlassene Mandat56 greift drei
Probleme auf, die sehr häufig in Zuchtordnungen zur Sprache kommen: 1. das Schwören und Lästern, 2. das
49 Vgl. Egli, Actensammlung, Nr. 326, S. 114f. (Zitat auf
S. 115).
50 Veröffentlicht in Adalbert Becker, Beiträge zur
Geschichte der Frei- und Reichsstadt Worms und der
daselbst seit 1527 errichteten höheren Schule, Worms
1880, S. 33ff.
51 Abdruck des Basler Mandats in Dürr / Roth, Akten-
sammlung 1, Nr. 151, S. 65-69.
52 Vgl. den Hinweis ebd., S. 66 (Anmerkung) sowie Mieg,
Réforme, S. 18.
53 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 1, Nr. 151, S. 65-68
(Anmerkung).
54 Vgl. Mieg, Réforme, S. 51.
56 Ebd., S. 20. Gamsharst fügte seinem Brief an den
Bischof ein Exemplar des Mandats bei.
56 Zur Datierung s. die Erläuterungen unter Nr. 2, Anm. 1.
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