Einleitung
Lästern und Schwören, Mißachtung des Feiertagsgebots (Spiel und Tanz), Malefizstrafen, Ehebruch und
Konkubinat sowie Kuppelei, unzüchtige Kleider und Zutrinken behandelt120.
Die Straßburger „Constitution und Satzung“ ist im Unterschied zur Basler Reformationsordnung eine
reine Zuchtordnung. Den Anfang bildet dabei ein Abschnitt über das Gotteslästern, Fluchen und Schwören.
Die weiteren Abschnitte beschäftigen sich mit dem Spielen und Zutrinken sowie dem großen Bereich sexu-
eller Vergehen (Ehebruch, Konkubinat, Kuppelei und Vergewaltigung). Die Mißachtung der Feiertage
wurde hingegen erst in einem eigenen Mandat vom Dezember 1534 behandelt121.
Die drei Mülhauser Geistlichen übergaben ihr Gutachten, das von Binder geschrieben worden war, der
Kommission am 26. November 1529. Mit Ausnahme der Aufteilung der Güter nach einer Trennung der
Eheleute, die nur in der Straßburger Zuchtordnung behandelt worden war, sprachen sie sich bei den übrigen
von ihnen erörterten Themen (Geistliche, Sakramente, Feiertage, Schulen, Ehe und Scheidung, sittliche
Vergehen) für eine Orientierung an den Bestimmungen der Basler Reformationsordnung aus. Die Basler
Ordnung bildete also auch dort den Bezugsrahmen (Gotteslästerung, Schwören, Zutrinken etc.), wo man
auf entsprechende Bestimmungen der Straßburger „Constitution und Satzung“ hätte zurückgreifen kön-
nen.
Das Gutachten der Geistlichen fand die Zustimmung der Ratskommission122. Von der Kommission
selbst stammt eine kurze Erklärung, die dem Gutachten vorangestellt ist. Darin geht es um die Festlegung
eines Höchsteinsatzes beim Spielen sowie um die Strafen für das Spielen während der Gottesdienstzeiten
und für das Zutrinken und Schwören. Auf den Blättern mit der Erklärung der Kommission findet sich eine
kurze Notiz von Binder zu den für das Frühgebet und den Hauptgottesdienst zuständigen Geistlichen.
Eine im Anschluß an die Beratungen der Kommission erlassene Disziplinarordnung scheint nicht mehr
erhalten zu sein. Nach der Auffassung Miegs handelt es sich bei dem am 12. November 1545 erlassenen
Mandat (Nr. 17) um eine ohne größere Änderungen veröffentlichte Wiederauflage dieser Ordnung.
11. Eheordnung, [1530 / 1534] (Text S. 218) / 19. Eheordnung, 1555 (Text S. 253)
In seinem Brief an den Basler Bischof Christoph von Utenheim vom 18. Dezember 1523 hatte der Mül-
hauser Rat den Bischof gebeten, seinen Offizial von der Ladung Mülhauser Bürger vor das bischöfliche
Gericht abzuhalten123. Am 27. Januar 1524 erklärte er dann aber in einem weiteren Schreiben, in Sachen des
Glaubens die Zuständigkeit des kirchlichen Gerichts anerkannt und die Parteien in Eheprozessen bislang an
den Offizial verwiesen zu haben. Nur in wenigen Fällen habe er - aus christlicher Verantwortung und zur
Vermeidung von Kosten - die Sache an sich gezogen124. Daß der Rat zunächst unschlüssig war, zeigt auch
seine Stellungnahme auf die Anfrage des Deutschordenskomturs vom Juli 1524, wie sich der Leutpriester
der Eesachen halb verhalten solle. Der Rat bekundete, zu diesem Zeitpunkt über die Frage der Gültigkeit
einer Ehe oder über das Problem von Scheidung und Wiederverheiratung nicht entscheiden zu wollen.
Vielmehr wälzte er die Verantwortung auf den Leutpriester ab: Was da der lutpriester weist, mit der schrifft
zuerhalten oder verantwortten, mag er zulassen. Was ime aber zu swer zuerhalten, mag er wisen, dahyn es gehort
(s. S. 202).
Umgekehrt waren die Ratsherren jedoch bestrebt, die Ehe selbst zu schützen und uneheliche Verbin-
dungen zu verhindern. Eine der frühesten reformatorischen Ordnungen, die im Dezember 1523 erlassene
Zuchtordnung, enthält deshalb auch einen Abschnitt über den Ehebruch und das Konkubinat (oben
120 Zur Basler Reformationsordnung s. die Einleitung von
Heiner Faulenbach in RBS 1, S. 238f., Roth, Refor-
mation 2, S. 21-26 sowie Burnett, Teaching, S. 47-50,
55f., 68f.
121 Zur Straßburger Zuchtordnung vgl die Einleitung in
Sehling, EKO XX,1, S. 47.
122 Vgl. Mieg, Réforme, S. 124.
123 Vgl. Lutz, Réformateurs 5, S. 40, Nr. 4 sowie den Aus-
schnitt in Mieg, Réforme, S. 20.
124 Vgl. Lutz, Réformateurs 5, S. 41, Nr. 5.
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Lästern und Schwören, Mißachtung des Feiertagsgebots (Spiel und Tanz), Malefizstrafen, Ehebruch und
Konkubinat sowie Kuppelei, unzüchtige Kleider und Zutrinken behandelt120.
Die Straßburger „Constitution und Satzung“ ist im Unterschied zur Basler Reformationsordnung eine
reine Zuchtordnung. Den Anfang bildet dabei ein Abschnitt über das Gotteslästern, Fluchen und Schwören.
Die weiteren Abschnitte beschäftigen sich mit dem Spielen und Zutrinken sowie dem großen Bereich sexu-
eller Vergehen (Ehebruch, Konkubinat, Kuppelei und Vergewaltigung). Die Mißachtung der Feiertage
wurde hingegen erst in einem eigenen Mandat vom Dezember 1534 behandelt121.
Die drei Mülhauser Geistlichen übergaben ihr Gutachten, das von Binder geschrieben worden war, der
Kommission am 26. November 1529. Mit Ausnahme der Aufteilung der Güter nach einer Trennung der
Eheleute, die nur in der Straßburger Zuchtordnung behandelt worden war, sprachen sie sich bei den übrigen
von ihnen erörterten Themen (Geistliche, Sakramente, Feiertage, Schulen, Ehe und Scheidung, sittliche
Vergehen) für eine Orientierung an den Bestimmungen der Basler Reformationsordnung aus. Die Basler
Ordnung bildete also auch dort den Bezugsrahmen (Gotteslästerung, Schwören, Zutrinken etc.), wo man
auf entsprechende Bestimmungen der Straßburger „Constitution und Satzung“ hätte zurückgreifen kön-
nen.
Das Gutachten der Geistlichen fand die Zustimmung der Ratskommission122. Von der Kommission
selbst stammt eine kurze Erklärung, die dem Gutachten vorangestellt ist. Darin geht es um die Festlegung
eines Höchsteinsatzes beim Spielen sowie um die Strafen für das Spielen während der Gottesdienstzeiten
und für das Zutrinken und Schwören. Auf den Blättern mit der Erklärung der Kommission findet sich eine
kurze Notiz von Binder zu den für das Frühgebet und den Hauptgottesdienst zuständigen Geistlichen.
Eine im Anschluß an die Beratungen der Kommission erlassene Disziplinarordnung scheint nicht mehr
erhalten zu sein. Nach der Auffassung Miegs handelt es sich bei dem am 12. November 1545 erlassenen
Mandat (Nr. 17) um eine ohne größere Änderungen veröffentlichte Wiederauflage dieser Ordnung.
11. Eheordnung, [1530 / 1534] (Text S. 218) / 19. Eheordnung, 1555 (Text S. 253)
In seinem Brief an den Basler Bischof Christoph von Utenheim vom 18. Dezember 1523 hatte der Mül-
hauser Rat den Bischof gebeten, seinen Offizial von der Ladung Mülhauser Bürger vor das bischöfliche
Gericht abzuhalten123. Am 27. Januar 1524 erklärte er dann aber in einem weiteren Schreiben, in Sachen des
Glaubens die Zuständigkeit des kirchlichen Gerichts anerkannt und die Parteien in Eheprozessen bislang an
den Offizial verwiesen zu haben. Nur in wenigen Fällen habe er - aus christlicher Verantwortung und zur
Vermeidung von Kosten - die Sache an sich gezogen124. Daß der Rat zunächst unschlüssig war, zeigt auch
seine Stellungnahme auf die Anfrage des Deutschordenskomturs vom Juli 1524, wie sich der Leutpriester
der Eesachen halb verhalten solle. Der Rat bekundete, zu diesem Zeitpunkt über die Frage der Gültigkeit
einer Ehe oder über das Problem von Scheidung und Wiederverheiratung nicht entscheiden zu wollen.
Vielmehr wälzte er die Verantwortung auf den Leutpriester ab: Was da der lutpriester weist, mit der schrifft
zuerhalten oder verantwortten, mag er zulassen. Was ime aber zu swer zuerhalten, mag er wisen, dahyn es gehort
(s. S. 202).
Umgekehrt waren die Ratsherren jedoch bestrebt, die Ehe selbst zu schützen und uneheliche Verbin-
dungen zu verhindern. Eine der frühesten reformatorischen Ordnungen, die im Dezember 1523 erlassene
Zuchtordnung, enthält deshalb auch einen Abschnitt über den Ehebruch und das Konkubinat (oben
120 Zur Basler Reformationsordnung s. die Einleitung von
Heiner Faulenbach in RBS 1, S. 238f., Roth, Refor-
mation 2, S. 21-26 sowie Burnett, Teaching, S. 47-50,
55f., 68f.
121 Zur Straßburger Zuchtordnung vgl die Einleitung in
Sehling, EKO XX,1, S. 47.
122 Vgl. Mieg, Réforme, S. 124.
123 Vgl. Lutz, Réformateurs 5, S. 40, Nr. 4 sowie den Aus-
schnitt in Mieg, Réforme, S. 20.
124 Vgl. Lutz, Réformateurs 5, S. 41, Nr. 5.
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