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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0193
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Einleitung

die Kommission auch. Und so setzt sich die im Frühjahr 1530 vom Großen Rat angenommene und vom
Stadtschreiber Bernhard Brunner verfaßte Mülhauser Eheordnung aus den vier, mehr oder minder stark
übernommenen Abschnitten: „Von dem eelichen stand, und wie man in die ee kommen solle“, „Was ein ee
scheiden möge“, „Vom eebruch unnd uneelicher bywonung“ und „Wie die kuppler und kupplerin gestrafft
werden sollend“ der Basler Reformationsordnung zusammen139.
Vier Jahre später erschien eine leicht überarbeitete Eheordnung für die Stadt Mülhausen. Abweichun-
gen zwischen den beiden Ordnungen von 1530 und 1534 finden sich beim Artikel über die Zustimmungs-
pflicht der Eltern und Vögte zur Ehe: So ist z.B. die Drohung mit dem Entzug des Erbes für den Fall, daß
die Kinder ohne den Willen der Eltern eine eheliche Verbindung eingehen, gestrichen worden. Herabgesetzt
worden ist das Alter für die Mündigkeit: Bei den Männern beträgt es nurmehr 21 statt 24 Jahre, bei den
Frauen 18 statt 20 Jahre. Im Abschnitt über den Ehebruch ist die Dauer der Gefängnisstrafen deutlich
erhöht worden140.
Abgesehen von einigen kleineren Korrekturen blieb die Eheordnung bis 1555 unverändert. Dann erließ
der Magistrat eine neue Ordnung. Über ihre Entstehungsgeschichte ist nichts bekannt. Wahrscheinlich
wurde sie vom Magistrat in der Sitzung vom 4. April 1555 angenommen. Die neue Eheordnung ist in zwei
Exemplaren überliefert: Das eine stammt vom Stadtschreiber Ulrich Wieland, das andere von seinem ab
1564 an gleicher Stelle tätigen Sohn Daniel Wieland141. Zwischen den beiden Ausführungen bestehen einige
Unterschiede.
Die Einleitung in die Eheordnung von 1555 ist gegenüber der von 1530 bzw. 1534 vollkommen umge-
arbeitet worden. Neu ist die Pflicht zur Abkündigung und zur Einsegnung der Ehe in der Kirche. Ände-
rungen finden sich in den beiden Abschnitten über die Zustimmung der Eltern und Vormünder zur Ehe und
über die ohne Wissen und Willen der Eltern und Vormünder geschlossene Ehe: Hier ist z.B. ein Absatz über
die Kinder eingefügt, die weder Verwandte noch Vormünder haben (frey seinndt unnd niemandts hanndt).
Während in den Ordnungen von 1530 und 1534 bei der Frage der Zulässigkeit einer Ehe unter Verwandten
oder Verschwägerten nur allgemein auf die Bestimmungen der Hl. Schrift verwiesen wird, sind die ver-
botenen Grade nun detailliert aufgelistet. Deutlich erweitert sind in der Ordnung von 1555 auch die beiden
Abschnitte über die Defloration und über den Ehebruch142.
Die Eheordnung von 1555 blieb, abgesehen von wenigen unbedeutenden Änderungen, die in den Jahren
1564 und 1575 vorgenommen wurden, mehr als ein Jahrhundert lang in Kraft. Erst 1663 erließ der Mül-
hauser Magistrat eine neue Ordnung. Weitere folgten in den Jahren 1707 und 1744. Nur die zuletzt
genannte Ordnung von 1744 ist auch gedruckt worden143.

12. Entscheidung zur Wittenberger Konkordie, 9. November 1536 (Text S. 225)
Die in der sogenannten „Wittenberger Konkordie“ erzielte Einigung zwischen den sächsischen und den
oberdeutschen Theologen ging vor allem auf die Initiative Martin Bucers zurück. Am 28. Mai 1536 wurde
die Konkordie von den an den Verhandlungen in Wittenberg beteiligten Theologen unterzeichnet. Sie ist in

in die ee kommen soll, wen sy geltten oder nit geltten würt
noch mag, und weß sych die eerychter beflyssen sollen, soll
alles noch lutt und inhalt Baßler ordnung gehalten werden,
und S. 216: Item mitt dem eebruch und uneerlicher beywo-
nung [...] soll noch lutt und inhalt Baßler ordnung gehalten
werden.
139 Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473, S. 396-398
und 404-406.
140 Vgl. auch Moeder, Mariage, S. 46-49.
141 Ulrich Wieland(t), * um 1500, war zunächst 1532-1540

Stadtschreiber in Münster im Münstertal, dann von
1541 bis 1564 in Mülhausen. Daniel Wieland(t), Dr. utr.
iur. in Basel, war sein Sohn aus zweiter Ehe. Vgl. Für-
stenberger, Mülhauser Geschichten, S. 6; Matter,
Stadtschreiber, S. 56f.
142 Vgl. auch Moeder, Mariage, S. 51-56.
143 Ebd., S. 57. Ein Exemplar des Drucks befindet sich im
Bestand des StaatsA Basel, Fremde Staaten: Mülhausen
A 1.

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